Es gibt Kuka-Roboter, die Bier ausschenken. Ob dies wohl den Chinesen mundet? Foto: AFP

Der chinesische Elektrokonzern Midea, der bisher vor allem Billigprodukte hergestellt hat, will mit höherwertigen Produkten auf den Weltmarkt. Ein Baustein dabei ist die Aufstockung des Kuka-Anteils.

Peking - Vor allem auf Wasserspendern, Ventilatoren und Klimaanlagen fällt das Logo auf: Der chinesische Elektrokonzern Midea ist in seinem Heimatmarkt China eine bekannte Größe. Kein Unternehmen setzt hier so viel Hausgeräte ab wie der Hersteller aus der südlich gelegenen Industriestadt Foshan. Doch auch in Japan ist der Name seit einigen Monaten allgemein bekannt – Midea hat dem angeschlagenen Traditionskonzern Toshiba seine Sparte für Weiße Ware abgekauft. Schon seit vergangenem Jahr kooperiert Midea bei der Herstellung von Profi-Klimaanlagen mit Bosch. Nun will das chinesische Unternehmen einen vorhandenen Anteil an dem deutschen Roboterbauer Kuka kräftig aufstocken und damit auch seinen Einfluss erhöhen. „Wir planen den Erwerb eines Anteils von mehr als 30 Prozent an Kuka, und haben nicht die Absicht, einen Beherrschungsvertrag zu schließen oder das Unternehmen von der Börse zu nehmen“, sagte Midea-Chef Fang Hongbo.

Midea kommt auf einen Jahresumsatz von 19 Milliarden Euro und weist hohe Gewinn aus. Die Firma Kuka aus Augsburg ist einer der weltweit bekanntesten und angesehensten Anbieter von Industrierobotern. Die Erhöhung des Anteils passt zur aktuellen Firmenstrategie: „Wir müssen in jedem wichtigen Markt vertreten sein“, sagte Fang im vergangenen Jahr auf einer Konferenz.

Die Strategie von Li Keqiang

Für globale Geltung reiche es jedoch nicht, die eigenen Produkte einfach zu exportieren: Das Unternehmen brauche weltweit Marken und Stützpunkte, um „auf Weltklasseniveau ganz vorne mitzuspielen“. Eigentlich passt ein Roboterhersteller nicht so ganz zum Profil von Midea, einem Anbieter von Hausgeräten für Endkunden. Dafür passt Kuka bestens in die ganz große Strategie der chinesischen Regierung. Premier Li Keqiang hat erst kürzlich seinen Plan „Going Out 2.0“ bekräftigt: „Wir können nicht dabei stehenbleiben, Textilien oder Schuhe zu exportieren. Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit für hochtechnische Qualitätsprodukte auf den Weltmärkten beweisen.“ Li fordert die Unternehmen seines Landes ausdrücklich auf, Chancen für internationale Firmenkäufe wahrzunehmen. Kernprojekte seines Wirtschaftskonzepts sind die Initiativen „Made in China 2025“ und „Industrie 4.0“. Bei beiden geht es um die Aufwertung der Produktionsweise mit hochentwickelten Werkzeugmaschinen und Robotern. Die Möglichkeit, sich an einem deutschen Technikanbieter wie Kuka zu beteiligen, ist der Traum chinesischer Wirtschaftsplaner.

Midea ist dabei selbst ein hervorragendes Beispiel für die rasche Aufwertung der chinesischen Wirtschaft. Bis vor wenigen Jahren hat das Unternehmen unter eigenem Namen ausschließlich Ware für den chinesischen Markt produziert – supergünstig, aber allenfalls in mittlerer Qualität. Mit Blick auf den internationalen Markt hat das Unternehmen Billigprodukte für Discountmärkte unter fremder Marke hergestellt. Doch in den vergangenen fünf Jahren hat Midea umgeschaltet. Das Unternehmen investiert einen substanziellen Teil des Überschusses in eigene Entwicklung und in besseres Design. Es leistet sich hochwertigere Produktlinien, die den ebenfalls gestiegenen Ansprüchen der chinesischen Mittelklasse genügen.

Start in Zeiten der Kulturrevolution

Damit ist Midea weit gekommen seit den einfachen Anfängen im Jahr 1968. Damals tobte in China noch die Kulturrevolution. Es herrschte knallharter Kommunismus: Privateigentum war weitgehend ausgemerzt, die Wirtschaft war kollektiviert. Der damals 26-jährige He Xiangjian ließ sich jedoch von diesem Klima nicht abschrecken und eröffnete eine kleine Werkstatt, in der er Verschlüsse für Plastikflaschen herstellte. Nach der Öffnung der Wirtschaft ab den späten 1970er-Jahren hat He nach und nach all das angeboten, was die Chinesen mit ihrem steigenden Lebensstandard für ihre Häuser nachgefragt haben. Erst einfache Ventilatoren, dann computergesteuerte Klimasysteme. He ist mit einem Privatvermögen von mehr als acht Milliarden Euro einer der reichsten Männer der Welt. Inzwischen hat er sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen. Seine Nachfolger setzen jedoch Hes wertorientierte Strategie der Geschäftsentwicklung fort. Probleme oder Skandale sind von Midea nicht bekannt.

Auch nach dem Ausbau des chinesischen Anteils befindet sich Kuka also potenziell in guten Händen. „Die Perspektive chinesischer Käufer ist üblicherweise sehr langfristig“, sagt Klaus Meyer, Vizechef des Zentrums für Globalisierung Chinesischer Unternehmen an der Wirtschaftsschule CEIBS in Shanghai. Chinesische Firmen aus der Realwirtschaft seien auf jeden Fall weitsichtigere Anteilseigner als Finanzinvestoren, denen es nur darum geht, schnell Kasse zu machen. Eine erste Generation chinesischer Übernahmen in Europa war dagegen zu Anfang des Jahrhunderts erst einmal in die Hose gegangen. Das chinesische Management hatte keine Ahnung von den Gepflogenheiten in Europa und überschätzte oft die eigenen Möglichkeiten.

Zugang zum chinesischen Markt

Die jüngeren Beispiele für Zukäufe aus China sehen dagegen eher positiv aus. Beispiele sind die Maschinenbauer Krauss-Maffei und Emag, der Baumaschinenhersteller Putzmeister oder der Gabelstaplerhersteller Kion. Der wichtigster Vorteil der chinesischen Partner: Sie verschaffen Zugang zum größten Markt der Welt. Denn China verhält sich immer noch protektionistisch – die schützende Hand eines einheimischen Eigners macht da einen riesigen Unterschied. Die Einkaufstour der Chinesen in den vergangenen Jahren geht dabei auch auf die Lage am Währungsmarkt zurück: Die chinesische Währung, der Yuan, ist derzeit teuer, der Euro ist nach Jahren der Krise billig. Deutsche Firmen mit ihren etablierten Marken, ihrer Firmenkultur und ihren Patenten erscheinen aus chinesischer Sicht derzeit spottbillig.