Eine Rakete vom Typ „Langer Marsch-5 Y8“ mit dem Raumschiff „Chang’e 6“ an Bord startet am 3. Mai 2024 auf dem Weltraumbahnhof Wenchang. Am Sonntag ist die Landung auf der erdabgewandten Mondseite geglückt. Foto: Xinhua/dpa/Guo Cheng

Die Mondmission „Chang’e 6“ soll erstmals Gesteinsproben von der erdabgewandten Seite des Mondes zur Erde bringen. Bis 2030 möchte China zudem eine bemannte Mission auf den Erdtrabanten schicken.

China hat staatlichen Angaben zufolge erstmals eine Sonde zum Sammeln von Gesteinsproben auf der erdabgewandten Seite des Mondes landen lassen. Wie die chinesische Raumfahrtbehörde am Sonntag (2. Juni) mitteilte, setzte ein Landemodul der nach der chinesischen Mondgöttin „Chang’e 6“ benannten Raumsonde „erfolgreich“ auf der Oberfläche auf.

Die Mission gilt als Meilenstein für Chinas ambitioniertes Raumfahrtprogramm. Es wäre das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, dass von der abgelegenen Rückseite des Mondes Boden- und Gesteinsproben zur Erde gebracht werden.

Mondmission dauert 53 Tage

Bereits Anfang Mai hatte die Mission vom Weltraumbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan begonnen. Nach etwas mehr als vier Tagen Flugzeit trat die „Chang’e 6“ in die Mondumlaufbahn ein und umkreiste den Erdtrabanten, um einen geeigneten Zeitpunkt und Ort für die Landung zu finden.

Nun wird das Landefahrzeug der Sonde im sogenannten Südpol-Aitken-Becken des Mondes mithilfe eines Roboterarms zwei Kilogramm Gesteins- und Bodenproben einsammeln, ehe die „Chang’e 6“ Ende Juni wieder auf der Erde erwartet wird. Die Mond-Mission soll 53 Tage dauern.

„Direkte Proben aus erster Hand von der Rückseite des Mondes sind unerlässlich, um die Eigenschaften und Unterschiede der beiden Seiten des Mondes besser zu verstehen und die Geheimnisse des Mondes zu lüften“, erklärt Zeng Xingguo, Wissenschaftler am Nationalen Astronomischen Observatorium der Chinesischen Akademie der Wissenschaften.

Ältester Einschlagkrater des Mondes

Bei der Landestelle der „Chang’e 6“ handelt es sich um den größten und ältesten Einschlagkrater des Mondes. Dieser hat laut Angaben des Wissenschaftsmagazins „Science“ einen Durchmesser von 2500 Kilometern und ist bis zu acht Kilometer tief. Wissenschaftler wollen schon lange Gesteinsproben aus dieser Region gewinnen, da diese möglicherweise Aufschluss über die Entstehung des Mondes, der Erde und auch über die frühe Geschichte des Sonnensystems geben können.

Man vermutet, dass das Becken bei einem Asteroideneinschlag entstanden ist. Über den genauen Zeitpunkt herrscht jedoch Uneinigkeit: Einige Forscher gehen davon aus, dass das Becken vor 4,3 Milliarden Jahren entstand, andere glauben, dass der Einschlag hunderte Millionen Jahre später erfolgte, wie es in „Science“ heißt.

Sechste chinesische Mond-Mission seit 2007

Wie bei früheren Missionen lässt China auch bei „Chang’e-6“ Instrumente aus anderen Ländern mitfliegen. So führt die Sonde Ausrüstung und Geräte aus Frankreich, Italien, Schweden und Pakistan mit.

Es handelt sich um die bereits sechste Mondmission der Chinesen seit 2007. Zuletzt hatte „Chang’e 5“ 2020 Proben von der Vorderseite des Mondes zur Untersuchung zur Erde gebracht. Dies gelang zuvor nur den USA und der Sowjetunion. Zudem hatte China zuvor 2019 mit „Chang’e 4“ erstmals einen Rover auf der Rückseite des Mondes gelandet und dort das Terrain erkundet.

Wertvolle Rohstoffe auf Mond vermutet

Landeversuche auf dem Mond gelten als äußerst kompliziert. In jüngster Vergangenheit hatten mehrere Mondsonden aus Indien, Israel, Japan und Russland nicht wie geplant ihr Ziel erreicht. Der Erdtrabant ist für viele Nationen auch deshalb wieder interessant geworden, weil dort wertvolle Rohstoffe vermutet werden.

Zudem dürfte die jetzige Mondmission „Chang’e 6“ auch ein nützlicher Schritt für das chinesische Raumfahrtprogramm sein, Erfahrungen zu sammeln, um künftig auch Bodenproben vom Mars einzusammeln.

China greift nach dem Mond

China investiert seit Jahren Milliardensummen in sein ambitioniertes Raumfahrtprogramm und möchte auch auf diesem Gebiet zu den USA aufschließen. Bis 2030 will China eine bemannte Mission zum Mond schicken. Langfristig plant die Volksrepublik zudem den Aufbau einer Forschungsstation nahe dem Südpol des Erdtrabanten, wo wertvolle Rohstoffe und möglicherweise auch Wasser vermutet werden. China

Eine „Long-March-5“- Rakete mit dem Raummodul „Chang’e 5“. Foto: Imago//Itar-Tass
  • Raumstation: Auch China, längst zur konkurrenzfähigen Raumfahrtnation geworden, hat Mond und Mars im Visier. „Unser ewiger Traum ist, den weiten Kosmos zu entdecken, eine Raumfahrtindustrie und China zu einer Weltraummacht zu entwickeln“, hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping als Ziel ausgegeben.
  • Mondbasis: Bis 2030 sollen demnach Chinesen auf dem Mond stehen – bei starken Verzögerungen im „Artemis“-Programm ist somit nicht undenkbar, dass sie dort eher herumlaufen als die ersten neuen US-Mondgänger. Längerfristiges Ziel ist der Bau einer Forschungsstation, andere Staaten sind für eine Beteiligung explizit eingeladen. Belarus, Südafrika, Venezuela, Pakistan, Russland und Aserbaidschan haben laut chinesischen und eigenen Angaben ihre Kooperation bereits zugesagt.
  • Chang’e: Im Frühjahr war geplant - als ein Schritt auf diesem Weg - die unbemannte Mondmission „Chang’e 6“ erstmals Proben auf der Rückseite des Erdtrabanten sammeln und zur Erde bringen. Das ist jetzt geglückt. „Chang’e 7“ soll zwei Jahre später an der Südpolarseite eine präzise Landung als Vorbereitung für den Aufbau der Station durchführen. Mit „Chang’e 8“ soll dann die Mondlandung chinesischer Astronauten folgen.
3D-Simulationsmodell der Tiangong-Raumstation. Foto: Imago/Xinhua
  • Tiangong: Auch ehrgeizige Projekte zur Erforschung des Mars hat China weiter im Blick. Das Land unterhält mit „Tiangong“ (Himmelspalast) zudem längst eine eigene Raumstation, zu der erst im Oktober wieder ein dreiköpfiges Astronauten-Team aufbrach.

USA: Auch die USA beabsichtigen über 50 Jahre nach ihren Apollo-Missionen zwischen 1969 und 1972 erneut mit Astronauten auf den Mond zurückzukehren. Nach mehreren Verschiebungen ist die geplante bemannte Mondlandung des Artemis-Programms der Nasa nun für Herbst 2026 vorgesehen. Eine weitere Mondlandung soll 2028 erfolgen.