Die beiden Verhandlungsführer, Georg Müller (links) vom Bundesarbeitgeberverband Chemie und Ralf Sikorski von der IG BCE arbeiten in Wiesbaden an einem Tarifabschluss. Foto: dpa

Die Gewerkschaft BCE dringt auf mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten der Chemie- und Pharmaindustrie – ganz nach dem Vorbild der Metaller. Die Chancen stehen gut, dass bis Donnerstag in Wiesbaden ein Abkommen gelingt.

Wiesbaden - In der zweiten bundesweiten Verhandlungsrunde für die 580 000 Beschäftigten der Chemie- und Pharmaindustrie steuern die Tarifpartner auf ein Ergebnis zu. Nach Informationen unserer Zeitung aus Verhandlungskreisen besteht bei dem zweitägigen Treffen in Wiesbaden, das an diesem Mittwoch beginnt, eine gute Chance auf einen Tarifabschluss. Die Gewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE) fordert eine Lohnerhöhung von sechs Prozent plus eine Verdopplung des Urlaubsgelds, die ein Prozent ausmacht.

Wahlmodell freie Tage oder Geld

Die meiste Zeit werden sich die Unterhändler aber mit mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit befassen. Im Kern geht es um ein Wahlmodell freie Tage oder Geld, wie es schon für die Metall- und Elektroindustrie vereinbart worden ist. Danach erhalten die Beschäftigten von 2019 an ein tarifliches Zusatzgeld in Höhe von 27,5 Prozent eines Monatsentgelt. Beschäftigte mit Kindern, pflegebedürftigen Angehörigen oder in Schichtarbeit können es in acht freie Tage umwandeln. Ferner haben alle Beschäftigten nun einen Anspruch, ihre Arbeitszeit befristet auf bis zu 28 Stunden pro Woche für bis zu 24 Monate zu verkürzen.

Arbeitgeber fordern praktikable Lösungen

Ob das Resultat in der Chemieindustrie ähnlich komplex ausfallen wird, ist offen. Die Arbeitgeber mahnen eine „praktikable Lösung“ an, die in den Unternehmen „besser funktioniert“. Zudem fordert der Verband eine Kompensation: Wenn die Arbeitgeber mehr freie Tage gewähren, wollen sie an anderer Stelle Arbeitszeit verlängern können. Zudem pochen sie auf Schutzklauseln. Solche Zugeständnisse hatten auch die Metallarbeitgeber herausgeholt. Bisher gibt es in der Chemieindustrie an der Stelle noch nicht viel Einverständnis. Bleibt es beim Konflikt, könnte das Thema auch geschoben und später im Zuge einer Modernisierung der Tarifwelt neu behandelt werden, heißt es.

Die Gewerkschaft hatte vor einer Woche zum bundesweiten Aktionstag mit mehr als 20 000 Beschäftigten aufgerufen. Ansonsten hält sich die IG BCE wie gewohnt mit großen Protestveranstaltungen zurück.