Früherkennung ist beim Thema Brustkrebs enorm wichtig. Foto: imago/

Die Rems-Murr-Kliniken betreiben ein zertifiziertes Brustzentrum. Was das bedeutet und was Frauen vorbeugend tun können, erklärt der Chefarzt Prof. Dr. Hans-Joachim Strittmatter.

Mehr als 50 000 Frauen erkranken in Deutschland jährlich an Brustkrebs, heruntergerechnet auf den Rems-Murr-Kreis etwa 400. Die Heilungschancen liegen bei 80 Prozent. Doch jedes Karzinom und auch jeder Patient sei unterschiedlich, sagt Prof. Dr. Hans-Joachim Strittmatter. Am Rems-Murr-Klinikum ist deshalb ein ganzes Team unterschiedlichster Spezialisten in einem zertifizierten Brustzentrum zusammengeschaltet.

Herr Prof. Strittmatter, Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Jede zehnte Frau erkrankt daran.

Ja, aber die Heilungschancen sind vergleichsweise gut, und sie sind in den vergangenen Jahren auch dank neuer medikamentöser Behandlungsmöglichkeiten noch besser geworden.

Wie gut?

Die Quote liegt bei etwa 80 Prozent.

Was ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung?

Grundsätzlich erst einmal, dass die Erkrankung möglichst früh erkannt wird. Aber da hat sich in der Aufklärung und durch das Mammographie-Screening-Programm auch einiges getan.

Kann man vorbeugend selbst etwas tun, um das Risiko einer Erkrankung zu minimieren?

Natürlich sind eine gesunde Ernährung und der Verzicht auf als krebsfördernd bekannte Speisen nicht verkehrt. Auch Bewegung ist nachweislich gut und reduziert die Rückfallwahrscheinlichkeit. Aber es gibt eben leider auch Betroffene unter den ganz gesund lebenden Menschen.

Spielt Veranlagung eine Rolle?

Absolut. Wenn es in einer Familie zwei in einer Linie Betroffene gibt – also etwa die Oma und die Mutter oder die Schwester und die Tante – dann sollte man mal genauer hinschauen lassen. Ein Genetiker kann die Risikowahrscheinlichkeit ziemlich genau abklären.

Und was tut man, wenn sich diese als sehr hoch herausstellt?

Da gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, die Brust vorsorglich entfernen und durch Implantate ersetzen zu lassen. Die Schauspielerin Angelina Jolie beispielsweise hat das machen lassen. Die Kosten dafür trägt im Übrigen die Krankenkasse.

In der Statistik liegt der Anteil der Frauen, die an Brustkrebs erkranken, in der Region Stuttgart und auch im Rems-Murr-Kreis etwas höher als in anderen Teilen Baden-Württembergs. Haben Sie dafür eine Erklärung?

Darüber kann man nur spekulieren. Das könnte mit dem Altersdurchschnitt der Bevölkerung zusammenhängen. Aber ich weiß, dass sich bei uns auch Patienten behandeln lassen, die nicht im Rems-Murr-Kreis wohnen.

Weil die Behandlungsmöglichkeiten so gut sind?

Dass unsere Frauenklinik einen guten Ruf hat, deuten die Geburtenzahlen an. Als ich vor zwölf Jahren hier im Rems-Murr-Kreis angefangen habe, lag diese in den damals noch drei Kliniken bei 1870. Jetzt sind wir bei 3000 Geburten pro Jahr.

Und wie sind Sie auf die weniger freudigen Anlässe vorbereitet?

Wir haben hier ein sogenanntes Brustzentrum Rems-Murr aufgebaut, das als solches von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Senologie zertifiziert worden ist und auch regelmäßig überprüft wird. Diese Voraussetzungen erfüllen in ganz Deutschland nur 50 Kliniken.

Was macht das Besondere aus?

Wir können das gesamte Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten von der Früherkennung und Diagnostik über die onkoplastische Chirurgie bis zur Nachsorge anbieten, die medizinische Versorgung und begleitende Betreuung sind eng ineinander verzahnt. Dazu machen wir jede Woche interdisziplinäre Sitzungen, auch ein Komplementärmediziner ist eingebunden.

Warum dieser Aufwand?

Jeder Tumor ist anders und auch jeder Patient – so können wir gemeinsam in einem Team verschiedener Experten individuell passende Lösungen ausarbeiten.

Tauschen Sie sich mit Spezialisten anderer Kliniken aus?

Ja, über unsere Kooperation mit der Uniklinik Tübingen hinaus sind wir auch bei dem Südwestdeutschen Brustcentrum Heidelberg gelistet – übrigens als einziges Nicht-Universitäts-Klinikum.

Sie selbst sind im vergangenen Jahr in der Ärzte-Aufstellung der führenden Mediziner Deutschlands des Magazins „Focus“ gelistet worden...

...schon im elften Jahr in Folge. Und seit zwei Jahren auch beim „Stern“, der seither Ähnliches macht.

Wie kommt man zu solch einer Ehre, und was bedeutet das für Sie?

Basis ist das Strukturverzeichnis der Stiftung Gesundheit kombiniert mit Selbstauskünften und Kollegenempfehlungen. Genaueres können Ihnen „Focus“ und „Stern“ sagen. Für mich bedeutet es, dass ich wahrscheinlich nicht alles falsch gemacht habe. Ich bin jetzt 64, habe bei den Rems-Murr-Kliniken aber noch einmal verlängert, weil ich dort offenbar noch gebraucht werde. Und weil ich noch sehr viel Freude an meiner Arbeit habe.