Setzt auf Wachstum: Martin Buch, Chef der Sparda-Bank BW Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der jüngste IT-Wechsel hat den Kundenzuwachs bei der Sparda-Bank BW abgebremst. Bankchef Martin Buch sagt, was man heute anders machen würde und warum er am Filialnetz festhält.

Die Sparda-Bank Baden-Württemberg wappnet sich für die Zukunft und will ihre Position als Baufinanzierer Nummer 1 in Baden-Württemberg weiter ausbauen, wie Vorstandsvorsitzender Martin Buch sagt.

 

Herr Buch, Sie sind selber auch Bankkunde. Über was haben Sie sich schon geärgert?

Als Onlinekunde ärgert es mich, wenn ich keine ausreichende Internetverbindung habe, um meine Bankgeschäfte zu erledigen – etwa wenn ich im Zug unterwegs bin. Man ärgert sich ja meist in Ausnahmesituationen, aber da muss schon viel zusammenkommen.

Viele Ihrer Kunden haben sich bei der IT-Umstellung geärgert, weil sie Probleme hatten und dann in der Warteschleife einer völlig überlasteten Hotline landeten.

Wir hatten uns auf einen sehr hohen Ansturm im Telefoncenter vorbereitet. Normalerweise gehen dort etwa 3000 Anrufe am Tag ein, wir haben das Zehnfache geschafft und konnten mehr als 30 000 Anrufern weiterhelfen. Aber an jenem 29. Juli, dem ersten Tag nach der IT-Umstellung, waren es bis zu 100 000 Anrufe. Dass das bei denjenigen, die in der Warteschlange hängen, zu Frust führt, ist vollkommen klar und tut uns auch leid.

Also haben Sie sich verschätzt?

Nein, wenn man von einer Rekordzahl ausgeht, die vielleicht am ersten Tag hochploppt, ist es immer sehr unrealistisch, dass man dann tatsächlich so viele Kundenberater einsetzt. Selbst am Arbeitsmarkt würde man die nicht bekommen. Wir haben das dann aber gut abfedern können und die Anrufe unter anderem mit Hilfe von KI vorsortiert. Wichtig für die Onlinekunden war, dass sie ihren Onlinezugang im neuen System ganz schnell wieder freischalten konnten. Auch in den Filialen hatten wir zusätzliche Mitarbeiter eingesetzt.

Interview in der Sparda-Bank am Stuttgarter Hauptbahnhof (von rechts): Vorstandschef Martin Buch beantwortet die Fragen von Chefredakteur Joachim Dorfs sowie den Redakteuren Alexander Ikrat und Imelda Flaig. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Was würden Sie heute anders machen?

Wir würden uns stärker dafür verkämpfen, dass die IT-Umstellung nicht in die Ferienzeit fällt. Aber den Zeitpunkt hatten wir nicht in der Hand, die Termine hat unser neuer IT-Dienstleister Atruvia schon vor zwei Jahren gesetzt. Die Atruvia AG ist das Rechenzentrum der Volks- und Raiffeisenbanken, zu dem bis zum Oktober dann alle Sparda-Banken gewechselt sind.

Bankkunden, die mit Kreditkarte zahlen wollten, die aber nicht funktionierte, haben dafür kein Verständnis.

Am Migrationswochenende waren die Online-Bezahlmöglichkeiten sehr stark eingeschränkt, weil kein direkter Datenaustausch stattgefunden hat. Wenn man das Gesamtbild betrachtet, gab es ziemlich wenige Beschwerden. Das sind tatsächlich die sogenannten Einzelfälle, die Sie ansprechen. Für den Einzelnen ist das natürlich dramatisch. Der Großteil unserer Kunden hatte sich aber auf den IT-Wechsel vorbereitet.

Ist die IT-Umstellung jetzt abgeschlossen?

Die technische Umstellung ist abgeschlossen und hat auch hervorragend geklappt. Bereits nach zweieinhalb Wochen waren 100 Prozent unserer Onlinebanking-Kunden aufs neue System umgestellt. Das sind rund 290 000 Onlinebanking-Zugänge. Wir sind mit 20 Terabyte Datenvolumen und 100 Millionen Dokumenten umgezogen. Umzug klingt immer ein bisschen einfach, als ob man eine Kiste von links nach rechts stellt. Aber ein Wechsel des Kernbanksystems ist etwas Allumfassendes. Auch die Mitarbeiter wurden ausgiebig geschult und kennen sich mittlerweile in der neuen Systemlandschaft aus. Von Kunden gibt es kaum noch Fragen zum Onlinebanking.

Haben Sie Kunden verloren?

Nicht in nennenswerter Zahl, es ist eher die übliche Fluktuation. Im ersten Halbjahr waren wir sehr stark in der Kunden- und Mitgliederentwicklung, die Jahre zuvor hatten wir eher einen leichten Rückgang. Die Systemumstellung hat den Zuwachs abgebremst.

Welchen Nutzen hat die IT-Umstellung für Sie?

Es hat wirtschaftliche Vorteile, wenn wir IT-Leistungen beim genossenschaftlichen Rechenzentrum kaufen. Zudem kann die Regulatorik hier für alle Genossenschaftsbanken gleich umgesetzt und das IT-System bei Bedarf auch weiterentwickelt werden – etwa, wenn es um neue Services für unsere Kunden geht.

Welche Themen wollen Sie jetzt besonders vorantreiben?

Wir wollen Prozesse optimieren, damit wir sehr kostengünstig arbeiten und Kunden gute Konditionen bieten können. Zudem wollen wir stark wachsen und in der Baufinanzierung die Nummer 1 in Baden-Württemberg bleiben. Wir legen den Fokus auf Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Es geht uns auch um die Genossenschaftsidee. Wir machen ja nicht nur Banking, sondern sind als Sparda-Bank mit unserem Gewinnsparverein und fünf Stiftungen im Bildungsbereich sowie im sozialen und kulturellen Bereich engagiert, um auch was fürs Land zu tun.

Banking ist ein hartes Geschäft. Inwieweit besteht im genossenschaftlichen Lager Konsolidierungsbedarf?

Es besteht Konsolidierungsbedarf – auch im Verband der Sparda-Banken. Wir sind immer zu Gesprächen bereit, weil ich überzeugt bin, dass nur größere Einheiten starke Einheiten sind.

Sparda-Bank-Zentrale in Stuttgart Foto: Sparda-Bank BW

Viele etablierte Banken verkleinern ihr Filialnetz. Sehen Sie sich mit Ihren 35 Filialen gut aufgestellt?

Wir haben bereits eine gewisse Konsolidierung hinter uns. Die Filialen sind wichtig für uns. Trotz Digitalisierung kommen noch viele Menschen ganz bewusst zu einer Beratung in die Filiale. Und das hat nichts mit Alter zu tun. Wir halten am Filialnetz fest, auch wenn wir zwei Standorte in Stuttgart zusammenlegen.

Welche?

Die Filialen in Degerloch und Vaihingen. Es geht dabei nicht um Kosteneinsparung. Wir wollten uns an beiden Standorten vergrößern, haben aber keine Räumlichkeiten gefunden und bauen nun in Möhringen eine neue große Filiale mit dann rund 15 Beschäftigten. Der Umzug ist im ersten Quartal 2026 geplant.

Die wirtschaftliche Lage ist alles andere als rosig. Wie läuft Ihr Geschäft?

Im ersten Halbjahr 2025 lief es für uns in der Baufinanzierung sehr gut mit rund einer Milliarde Euro Neugeschäft. Im Einlagengeschäft haben wir eine Seitwärtsbewegung mit dem Trend ins Positive.

Viele Firmen bauen Jobs ab. Rechnen Sie mit steigenden Kreditausfällen?

Nein. Das liegt auch daran, dass wir als Sparda-Bank Baden-Württemberg schon immer sehr konservativ unterwegs waren – auch in den Niedrigzinsphasen. Wir haben unseren Kunden schon damals immer zu einer möglichst hohen Tilgung geraten. Menschen, die einen ganz günstigen Kredit mit einer geringen Tilgungshöhe bekommen, und nach zehn Jahren bei hohen Zinsen erneut ein Darlehen brauchen, können das mitunter nicht mehr bezahlen und es kommt zu Ausfällen. Deshalb ist die Baufinanzierungsberatung ja so wichtig. Wir versuchen wirklich, keinen Kunden im Regen stehen lassen und mit ihm auch mal durch dick und dünn zu gehen, wenn es ein bisschen knapper wird. Unsere Kreditausfallquote geht daher gegen null.

Stichwort Regulatorik: Sehen Sie Fortschritte, dass kleinere Banken entlastet werden?

Ich sehe tatsächlich in diesem Jahr Fortschritte. Sparkassen und Genossenschaftsverbände haben immer gefordert, dass kleinere Banken anders behandelt werden müssten als die großen. Wenn vor der Finanzkrise alle so gearbeitet hätten wie eine Genossenschaftsbank, nämlich mit einem nachhaltigen Ansatz, hätte es keine Finanzkrise gegeben. Ich rede Regulatorik nicht per se schlecht, aber sie muss angemessen sein und pragmatisch für die Banken. Was nutzt es, wenn man die beste Regulatorik hat, die am Ende aber so kompliziert ist, dass weder die Prüfer noch die Aufsicht das im Einzelfall nachvollziehen können – geschweige denn die einzelnen Banken. Im Rahmen der Entbürokratisierung kann man im Bereich der Bankenregulierung noch vieles finden, was man pragmatischer gestalten kann.

Vom Eisenbahner zum Banker

Der Chef
Martin Buch (51) steht seit 1. Januar 2024 an der Spitze der Sparda-Bank BW, seit 2016 ist er im Vorstand. Der gebürtige Frankfurter hat seine Karriere bei der Bahn begonnen und unter anderem als Fahrdienstleiter eines Stellwerks gearbeitet, ehe er später zur Gewerkschaft Transnet wechselte. Der diplomierte Bankbetriebswirt schaut gern über den Tellerrand. Als Quereinsteiger war es ihm wichtig, sich die Zeit zu nehmen, das Bankgeschäft im Filialvertrieb von der Pike auf zu lernen. Vor seinem Wechsel im Herbst 2012 nach Stuttgart war er bei der Sparda-Bank West in Düsseldorf. Er ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Auf der Weihnachtsfeier spielt der Banker auch schon mal mit seinem Euphonium – ein Blechblasinstrument, das wie eine kleine Tuba aussieht.

Die Bank
Mit einer Bilanzsumme von 15 Milliarden Euro (2024) ist die Sparda-Bank BW die sechstgrößte Genossenschaftsbank in Deutschland. Sie hat rund 700 000 Kunden und knapp 700 Beschäftigte. Mit etwa 460 000 Mitgliedern ist sie die mitgliederstärkste Genossenschaftsbank in Baden-Württemberg. Sie ist 1999 aus der Fusion der Sparda-Banken in Karlsruhe (gegründet 1896) und Stuttgart (gegründet 1899) hervorgegangen. Die Sparda-Banken wurden einst als Selbsthilfeeinrichtung für Beamte der Eisenbahn, Post und Dampfschifffahrt gegründet.