Der Münchner Stadtrat Thomas Böhle, ehrenamtlicher Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), führt die Verhandlungen seit 2004. Foto: dpa

An diesem Donnerstag schlagen Verdi und der Deutsche Beamtenbund ihre Pflöcke für die anstehende Tarifrunde im öffentlichen Dienst ein. Der Präsident der kommunalen Arbeitgeber, Thomas Böhle, warnt vor überhöhten Erwartungen.

Stuttgart - Am 26. Februar startet für 2,1 Millionen Angestellte der Kommunen und 150 000 Beschäftigte des Bundes die Tarifrunde im öffentlichen Dienst. An diesem Donnerstag legen Verdi und der Beamtenbund ihre Forderung fest.

Herr Böhle, Überschüsse in den öffentlichen Haushalten, wohin man schaut. Angesichts der vollen Kassen dürften Sie es diesmal besonders schwer haben, die Begehrlichkeiten der Gewerkschaften zu dämpfen?
Von vollen Kassen kann man nicht reden, wenn 40 Prozent der deutschen Kommunen in den letzten Jahren ein Haushaltskonsolidierungskonzept aufstellen mussten. Wir haben eine anhaltend extrem hohe Verschuldung von 141 Milliarden Euro. Dieser Betrag liegt nur unwesentlich unter dem bisherigen Höchststand. Im Bereich der Kassenkredite haben wir ein Volumen von 47,4 Milliarden Euro. Die Schere zwischen vergleichsweise reichen und armen Kommunen klafft weit auseinander. Gerade für die armen Kommunen sind wir in der Verantwortung.
Kann man in der Tarifpolitik nicht ein Differenzierungsinstrument entwickeln, um den armen Kommunen zu helfen?
Es kann nur Hilfe geben, wenn man die strukturellen Defizite der Kommunen durch anderweitige Finanzierung angeht. Eine Differenzierung innerhalb der Kommunen halte ich für hochproblematisch, da es unmittelbar an den Grundfesten des Flächentarifvertrags rüttelt. Das will niemand.
Die Verdi-Forderung von mutmaßlich sechs Prozent ist jedoch gar nicht so unrealistisch, wenn man in längeren Laufzeiten denkt?
Mit durchschnittlichen Laufzeiten von zwei Jahren haben wir immer Planungssicherheit hergestellt. Ein Abschluss von sechs Prozent für ein Jahr wäre meilenweit jenseits dessen, was sich die Kommunen leisten können.
Welchen Einfluss kann der relativ hohe Metalltarifabschluss haben?
Die Beschäftigten sollen einen fairen Anteil an der konjunkturellen Entwicklung haben. Ein Faktor, der diesmal eine Rolle spielen wird, ist mit Sicherheit die Teuerungsrate, die wir beim letzten Mal nicht in dieser Weise zu berücksichtigen hatten. Ansonsten gibt es massive Unterschiede zum Metallbereich, wo zum Teil erhebliche Gewinne zu verzeichnen sind.
Hohe Mieten belasten Beschäftigte und behindern die Nachwuchssuche. Müssen Sie die nicht berücksichtigen?
Hohe Lebenshaltungsmaßnahmen gerade im Bereich Wohnen lassen sich am ehesten durch restriktive Maßnahmen des Gesetzgebers in Grenzen halten. Das ist nicht Aufgabe der kommunalen Arbeitgeber.
Bei den Metallern spielte die Arbeitszeit eine besondere Rolle. Die Ansprüche gerade junger Menschen verändern sich. Sollte der öffentliche Dienst nicht auch Vorreiter bei flexiblen Arbeitszeiten sein?
Gerade der öffentliche Dienst zeichnet sich durch eine Vielzahl von Beschäftigungsmodellen etwa im Bereich Teilzeit oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus. Diesen Weg werden wir weiter beschreiten. Insofern sehe ich auf Anhieb keine Notwendigkeit, über die Arbeitszeit zu reden. Die Gewerkschaften werden es offensichtlich auch nicht zum Thema machen.