Der Stadt Stuttgart fehlt immer mehr Personal in den Bürgerbüros. Das wirkt sich auch auf andere Bereiche aus. Kritiker bemängeln, dass eine konsequentere Mitarbeitersuche helfen könnte.
Die Lage ist katastrophal. 38 Stellen in den Stuttgarter Bürgerbüros sind derzeit unbesetzt oder werden frei. Dazu fallen dutzende Beschäftigte wegen Krankheit oder Corona-Quarantäne aus. Außerdem erfordert die Registrierung der vielen Geflüchteten aus der Ukraine einen wahren Kraftakt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Bürgerservice schieben Überstunden, stopfen Löcher – oder kündigen. Für diesen Weg haben sich allein seit Februar fünf Sachbearbeiter entschieden.
Die Folge: Auch andere Bereiche wie die Führerschein- oder die Zulassungsstelle sind völlig überlaufen, telefonisch oft gar nicht erreichbar. Bürger beklagen sich, selbst nach hunderten Anrufversuchen nicht durchzukommen. Und bei den Bürgerbüros gibt es zahlreiche Schließungen – für einzelne Tage oder gleich für mehrere Wochen. Viele Stuttgarter, die dort etwas zu erledigen haben, sind kurz vor dem Verzweifeln.
Die Klage der Stadt, sich bei der Suche nach geeignetem Fachpersonal schwer zu tun, löst allerdings bei manchem Beobachter Erstaunen aus. „Wer Personal sucht, sollte das Interessierten auch mitteilen“, sagt einer, der sich die Angebote der Stadtverwaltung genauer angeschaut hat. Und dabei zum Schluss gekommen ist, dass sich da schlicht kaum etwas finden lässt.
Tatsächlich fördert eine Suche in der Stellenbörse auf der Internetseite der Landeshauptstadt Überraschendes zu Tage. Gut 130 Angebote sind dort derzeit eingestellt. Doch wer dort unter dem Stichwort Bürgerservice sucht, findet nichts. Auch bei der Suche nach der Führerscheinstelle oder der Zulassungsstelle: „Ihre Suche ergab keine Treffer.“ Lediglich unter dem Suchbegriff Bürgerbüro findet sich ein einziges Angebot: Die Leitung des Bürgerbüros West, die seit Ende März ausgeschrieben ist. „Entweder ist dort nichts eingestellt oder ein normaler Mensch ist schlicht nicht in der Lage, die entsprechenden Angebote zu finden“, sagt der Kritiker. Nach großer Personalnot sehe das jedenfalls nicht so recht aus.
Bei der Stadt betont man, die Suche laufe auf allen sinnvollen Kanälen. „Durch Stellenausschreibungen im Amtsblatt, auf der Homepage der Landeshauptstadt und in den Online-Portalen, die den öffentlichen Dienst ansprechen“, sagt Rathaussprecherin Jana Steinbeck. Dass dort derzeit so wenig zu finden sei, liege daran, dass man gerade ein Verfahren abgeschlossen habe und 3,6 Stellen habe besetzen können. Künftig wolle man mit einer Dauerausschreibung arbeiten. Dabei sollen dann permanent und unbefristet „mehrere Stellen“ ausgeschrieben werden – wohl auch auf Jobbörsen und ohne konkrete Bewerbungsfrist.
Doch dabei soll es nicht bleiben. Zwar können die Schwierigkeiten bei der Suche kaum allein am Geld liegen. Denn die Tätigkeiten im Bürgerservice sind zwar nicht über die Maßen üppig, aber auch nicht schlecht bezahlt. Die Mitarbeitenden werden in Entgeltgruppe 8 des öffentlichen Diensts, bei Beamten in die Besoldungsgruppe 8 eingruppiert. Das bedeutet ganz grob ein monatliches Bruttogehalt zwischen 2700 und 3600 Euro, je nach Berufserfahrung und Einstufung. Doch die Bezahlung soll sich verbessern, um den aktuellen Stress zu honorieren und neue Leute anzulocken.
Die Aufgabe der Springer, die überall Löcher stopfen, wird derzeit mit einer Zulage in Höhe von 100 Euro monatlich vergütet. „Die Verwaltung plant, die Stellen durch eine zeitnahe Erhöhung der Zulage attraktiver zu machen“, sagt Jana Steinbeck. Und zwar „baldmöglichst“ und „deutlich“. Ebenso soll es eine Arbeitsmarktzulage für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bürgerbüros geben – die Höhe steht noch nicht fest.
Man will außerdem die Zahl der Ausbildungsplätze in den Bürgerbüros erhöhen. Dazu ist auch spezielles Einarbeitungs- und Ausbildungsbürgerbüro geplant, das im zweiten Halbjahr 2022 eingerichtet werden soll, „um Wissenstransfer und effektive Ausbildung zu ermöglichen“. Man setze zudem darauf, Quereinsteiger aus anderen Berufen zu gewinnen. Das allerdings brauche Zeit.