Zerschlagene Schaufenster in Athen – Anarchisten wüten dort regelmäßig. Foto: ZUMA Wire

In der griechischen Hauptstadt wüten Linksextremisten. Und die Regierung von Alexander Tsipras schaut tatenlos zu. Besonders betroffen ist der Stadtteil Exarchia: Autos werden angesteckt, Fenster eingeschlagen.

Athen - Athens Bürgermeister Giorgos Kaminis sorgt sich um seine Stadt. Er sieht einen „Schatten der Angst“, der sich über der griechischen Metropole ausbreitet. Immer häufiger machen Banden vermummter Anarchisten die Innenstadt unsicher, sie treiben Touristen in die Flucht, verwüsten Geschäfte. Einzelhändler rufen nach Entschädigung, Hoteliers fürchten um ihre Gäste. Die Regierung des Links-Premierministers, Alexis Tsipras, sieht dem chaotischen Treiben zu. Seit Jahren kommt es im Athener Stadtviertel Exarchia immer wieder zu nächtlichen Ausschreitungen. Vermummte Linksextremisten stecken Autos und Müllcontainer in Brand, sie greifen Polizisten mit Molotowcocktails und Steinen an.

 

Die Post und mehrere Banken haben ihre Filialen in Exarchia inzwischen geschlossen, die Verkehrsbetriebe machen einen Bogen um das so genannte Chaos-Viertel, selbst die Polizei hat sich inzwischen weitgehend aus Exarchia zurückgezogen. Autonome und Drogendealer haben dort die Oberhand. Doch inzwischen breitet sich die Anarchie auch in benachbarten Stadtteilen aus, die bisher als sicher galten. Am vergangenen Sonntag wurde ein australischer Tourist auf der Hermes-Straße, einer bekannten Einkaufsmeile in der Nähe des Athener Syntagmaplatzes, vor den Augen seiner Frau und seiner Tochter von vier vermummten Männern brutal zusammengeschlagen. Die Täter konnten unerkannt entkommen.

Ein australisches Touristenpaar wird angegriffen

Kurz zuvor hatten Gewerkschafter in der Fußgängerstraße mit einer Versammlung gegen den verkaufsoffenen Sonntag protestiert. Die Angreifer riefen den Touristen zu: „Nicht einkaufen!“ Die Frau des Opfers sagte: „Wir sind Urlauber, wir geben hier unser Geld aus und werden dafür zusammengeschlagen? Ich komme nie wieder nach Griechenland!“ Einen Tag nach dem Zwischenfall zogen etwa 150 Vermummte durch die Einkaufsstraße, zerschlugen die Schaufenster von mehr als 40 Geschäften und zerstörten Geldautomaten. Die Polizei nahm 14 Randalierer kurz fest, ließ sie aber wieder laufen, bis auf einen, bei dem eine kleine Menge Haschisch gefunden wurde.

Der Präsident des griechischen Einzelhandelsverbandes, Vasilis Korkidis, fürchtet einen Rückfall in die Anarchie des Winters 2008, als in Athen fast jede Nacht Autos abgefackelt, Banken in Brand gesteckt und Geschäfte geplündert wurden. „Wir erleben systematische und geplante Angriffe auf das Wirtschaftsleben unserer Stadt, die Täter wollen uns in die Knie zwingen“, sagt der Athener Bürgermeister. Der parteilose Kaminis wirft der von Tsipras geführten Regierung aus Links- und Rechtspopulisten vor, sie habe nicht den politischen Willen, gegen die Chaoten vorzugehen. „Wir sind völlig schutzlos“, sagt ein Ladeninhaber, der in den vergangenen Wochen drei Mal seine Schaufenster ersetzen musste. Er will jetzt sein Geschäft sonntags gar nicht mehr öffnen, aus Furcht vor weiteren Verwüstungen.

Ladeninhaber fürchten um ihre Existenz

Existenzbedrohend sind die Ausschreitungen für viele Ladeninhaber, weil sie immer noch unter den Folgen der griechischen Krise leiden. Zwischen 2009 und 2016 gingen die Umsätze im Einzelhandel um 18 Prozent zurück. Im Zentrum der Kritik steht der für die Polizei zustände Minister Nikos Toskas. Die konservative Opposition beschuldigt die Regierung, sie liebäugele mit den Anarchisten, habe der Polizeiführung Zurückhaltung verordnet und decke somit „blinde Gewalt“. Tatsächlich sympathisieren führende Politiker des radikalen Linksbündnisses Syriza öffentlich mit linksextremistischen Gruppen. Die Regierung spielt die Ausschreitungen herunter: Es handele sich um „isolierte und vereinzelte Zwischenfälle“, sagt Innen-Staatssekretär Dimitris Anagnostakis, so etwas gebe es schließlich auch in anderen europäischen Städten. In der Nacht zum Donnerstag kam es im Athener Zentrum zu neuen Unruhen. Eine Gruppe Vermummter warf Brandflaschen, der Verkehr auf der Patision-Straße, einer der Hauptverkehrsadern der griechischen Hauptstadt, musste unterbrochen werden. Die Polizei nahm drei mutmaßliche Täter fest – und ließ sie nach Feststellung ihrer Personalien wieder laufen.