Leni Breymaier bei der Verkündung ihres Rückzugs: „Die Partei ist ziemlich zerrissen – und das mittendurch.“ Foto: dpa

Die baden-württembergische SPD-Vorsitzende Leni Breymaier tritt ab – obwohl sie das Mitgliedervotum gewonnen hat. Doch weil der Vorsprung hauchdünn ist, trifft sie die richtige Entscheidung. Es braucht jetzt einen Brückenbauer, meint Matthias Schiermeyer.

Stuttgart - Mitgliedervoten können, wenn man es richtig anpackt und gut verkauft, eine befreiende Wirkung haben – siehe CDU. Bei der Südwest-SPD hingegen hat der Basisentscheid über den Landesvorsitz einen desaströsen Rückschlag gebracht, weil das Patt kennzeichnend ist für einen zutiefst zerrissenen Landesverband. Der alte Spruch „Mehrheit ist Mehrheit“ verliert in diesem Fall seine Gültigkeit.

Gescheitert auch an den Egoismen der Partei

Aus 39 Stimmen Vorsprung lässt sich keine Legitimation ableiten, die Partei zu erneuern. Breymaier hat daraus die richtigen Konsequenzen gezogen und ihr Amt zur Verfügung gestellt – alles andere hätte die Gräben zementiert. Ihr Rückzug ist sehr honorig, zumal sie von den Genossen nicht ausreichend Zeit bekommen hat, die Partei aus dem Tal zu holen. Gescheitert ist die langjährige Gewerkschafterin einerseits an ihrem fehlenden Verständnis für die verschlungenen Entscheidungswege der SPD, aber auch an den Egoismen einer Partei, die sich zwar Solidarität groß auf die Fahnen schreibt, sie aber nicht ausübt.

Kühner Schachzug von Castellucci

Dass Lars Castellucci seine Kandidatur aufrecht erhält und damit auch noch vom Rückzug der Wahlsiegerin Breymaier profitieren will, ist – gelinde gesagt – kühn. Jeder darf kandidieren. Dennoch dürfte ihm die SPD nicht durchgehen lassen, dass er die Auseinandersetzung noch vorantreibt. Es braucht jetzt keinen Vorsitzenden, der nicht einmal die Hälfte der Mitglieder auf sich vereint, sondern einen, der in der Lage ist, Brücken zu bauen – gesucht wird ein Bewerber, der von den unterschiedlichen Lagern akzeptiert wird. Womöglich wäre Fraktionschef Andreas Stoch dieser Kandidat.

Die Landes-SPD blickt in den Abgrund. Wann, wenn nicht jetzt, will sie ihre Lehren daraus ziehen?

matthias.schiermeyer@stzn.de