Ein Mitglied der Weißhelme trägt ein Opfer des mutmaßlichen Giftgasangriffs in Chan Scheichun. Foto: dpa

Dutzende Menschen sind in Syrien bei einem mutmaßlichen Giftgasangriff ums Leben gekommen. Russische Offizielle bestätigen nun einen Vorfall mit Nervengas - dieses sei aber aus einer Chemiewaffen-Fabrik der Rebellen ausgetreten.

Washington - Das russische Verteidigungsministerium hat erklärt, das Nervengas in der Stadt Chan Scheichun sei bei einem Angriff der syrischen Luftwaffe auf ein Giftgas-Lager der Rebellen ausgetreten. Zuvor war von einem mutmaßlichen Giftgasangriff die Rede. Die in der entsprechenden Fabrik hergestellten Chemiewaffen seien im Irak eingesetzt worden, teilte ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am frühen Mittwoch mit. Rebellen hätten den gleichen Typ chemischer Waffen bereits vorher in Aleppo genutzt, sagte er.

Die in Großbritannien ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatte berichtet, bei dem Vorfall am Dienstag seien mindestens 58 Menschen getötet worden, darunter elf Kinder. Das von Rebellen kontrollierte Chan Scheichun sei aus der Luft von Jets der russischen und syrischen Regierungen attackiert worden.

Die US-Regierung hatte den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad für den mutmaßlichen Giftgasangriff verantwortlich gemacht. Präsident Donald Trump sagte am Dienstag zudem, dass der Angriff eine Folge der „Schwäche und Unentschlossenheit“ seines Vorgängers Barack Obama gewesen sei.

Trump spielte damit auf Obamas Entscheidung aus dem Jahr 2013 an, nach einem Giftgasangriff nicht militärisch einzugreifen - obwohl er zuvor erklärt hatte, ein Einsatz chemischer Waffen durch Assads Truppen würde eine rote Linie überschreiten. Nun habe das „Assad-Regime“ wieder ein „abscheuliches Verbrechen“ begangen, so Trump.

Syrische Regierung weist Verantwortung zurück

Am Mittwoch kommt der Weltsicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung über den Angriff zusammen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte zunächst erklären lassen, die Vereinten Nationen könnten die Berichte über den mutmaßlichen Giftgaseinsatz derzeit nicht unabhängig verifizieren.

UN-Sprecher Stéphane Dujarric sagte, der Angriff müsse von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen aufgeklärt werden. Die OPCW hat bereits erklärt, sie sammele Informationen, ob chemische Kampfstoffe bei dem Angriff in Idlib eingesetzt worden seien.

Trumps Chefdiplomat, US-Außenminister Rex Tillerson, rief Moskau und Teheran auf, ihren Einfluss auf Assad geltend zu machen, um künftige Giftgasangriffe zu verhindern. „Als selbst ernannte Garantiemächte der in Astana ausgehandelten Waffenruhe tragen Russland und Iran auch eine große moralische Verantwortung für diese Toten“, sagte er. In den Erklärungen Trumps und Tillersons war nicht von einem mutmaßlichen, sondern von einem sozusagen erwiesenen Giftgasangriff die Rede.

Die syrische Regierung wies die Vorwürfe, verantwortlich zu sein, entschieden zurück. Sie besitze keine Chemiewaffen und habe sie weder in der Vergangenheit eingesetzt noch werde sie sie in der Zukunft nutzen.