Das Wunder von München bleibt aus, auch der zweite Titel ist für den FC Bayern weg. Bei der „Monster-Aufgabe“ gelingt der Tuchel-Elf nur ein 1:1. Für den endgültigen K.o. sorgt Erling Haaland.
Ein lange verzweifelt anrennender FC Bayern hat ohne den nötigen Tor-Punch das „Wunder von München“ deutlich verpasst. Das erträumte Champions-League-Comeback gegen Manchester City scheiterte am Mittwochabend in der brodelnden Allianz Arena trotz aller Versuche beim 1:1 (0:0). Citys Tormaschine Erling Haaland sorgte bei der Rückkehr von Starcoach Pep Guardiola nach München in der 57. Minute für den endgültigen K.o. des deutschen Fußball-Meisters, der das Hinspiel mit 0:3 verloren hatte.
Der verwandelte Handelfmeter von Joshua Kimmich kam zu spät für eine historische Aufholjagd (83.). Für den emotional aufgeladenen Bayern-Coach Thomas Tuchel endete das Spiel gar auf der Tribüne, nachdem er wegen Meckerns die Gelb-Rote Karte sah (86.).
Bayern fehlt die Klasse
Den Bayern fehlte in den offensiven Schlüsselmomenten wie bei der vergebenen Großchance von Nationalspieler Leroy Sané (17. Minute) einfach die Klasse, die Englands Champion in beiden Spielen auszeichnete. Im dritten Jahr nacheinander wurde so das Viertelfinale zur Endstation in der Königsklasse. Guardiola spielt mit seinem Team um Nationalspieler Ilkay Gündogan dagegen nun gegen Titelverteidiger Real Madrid um den Einzug ins Endspiel.
Der Ex-Dortmunder Haaland hatte die unermüdlichen Bayern vor 75 000 Zuschauern zunächst sogar noch eine zweite Chance eröffnet, als er einen Handelfmeter über das Tor ballerte (35.). Nach dem DFB-Pokal-K.o. gegen den SC Freiburg bleibt dem Bundesliga-Spitzenreiter nach dem von den Bossen um Oliver Kahn in der entscheidenden Saisonphase vollzogenen Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Tuchel als einzige Titelchance die Meisterschaft.
Kimmich und Gündogan geraten aneinander
Der Glaube an das Wunder war bei den Bayern keineswegs verflogen. Bei prickelnder Königsklassen-Atmosphäre ging es mitunter auf und neben dem Rasen hoch her, sodass sogar die beiden Nationalmannschaftskollegen Kimmich und Gündogan in einem Handgemenge Ende der ersten Halbzeit aneinander gerieten - und dafür beide die Gelbe Karte sahen. Auch Tuchel lieferte in der Coaching-Zone vollen Einsatz und legte sich immer wieder mit dem französischen Schiedsrichter Clement Turpin an - womit er sich sogar die Gelb-Rote Karte einhandelte.
Auf den Referee war auch Dayot Upamecano nicht gut zu sprechen. Der Franzose, der im Hinspiel mit seinem Patzer beim 0:2 schon die tragische Figur war, sah zunächst in der 19. Minute die Rote Karte wegen einer Notbremse an Haaland, welche aber wegen einer klaren Abseitsstellung des Norwegers zurückgenommen wurde. Dazu ahndete Turpin ein leichtes Handspiel seines Landsmannes im Strafraum und zeigte auf den Punkt - eine äußerst harte Entscheidung. Eine Szene, die aber folgenlos blieb, weil Haaland den Ball über das Tor hämmerte und so die Bayern im Spiel ließ (37.).
Das änderte sich im zweiten Durchgang, als Upamecano im Zweikampf mit dem Torjäger wegrutschte. Dieses Geschenk ließ Haaland nicht nehmen. Es war bereits sein zwölftes Tor in dieser Königsklassen-Serie und sein insgesamt 48. Treffer im City-Trikot seit Saisonbeginn.
Kein Platz für Thomas Müller in der Startelf
Es war ein Spiel auf höchstem Niveau, für die Bayern eine „Monster-Aufgabe gegen die momentan wohl beste Mannschaft in Europa“, wie Club-Boss Oliver Kahn feststellte. Für Stürmer Thomas Müller war dabei kein Platz in der Startelf. „Ich habe das Gefühl, dass es kein Thomas-Müller-Spiel ist“, begründete Tuchel bei DAZN seine Entscheidung und wollte den englischen Meister mit Tempo-Dribblings und Geschwindigkeit bezwingen.
Der Auftritt seiner Bayern dürfte ihm diesbezüglich gefallen haben. Die Bayern agierten aggressiv, druckvoll und mit großem Engagement. Viel lief über den schnellen Franzosen Kingsley Coman, doch es haperte gerade bei den Flanken an der Präzision.
Das galt auch für Leroy Sané, der die große Chance zur Führung hatte, als er frei durch war. Doch der Stürmer setzte den Ball nicht nur an Torhüter Ederson, sondern auch knapp am City-Tor vorbei (17.). Schon im Hinspiel hatte der Nationalstürmer einige Chancen liegen gelassen. Das Fehlen eines Torjägers wie Robert Lewandowski wurde in diesen Highlight-Spielen deutlich.
Chancenverwertung ausbaufähig
Bis auf die Chancenverwertung - allein im ersten Durchgang gab es 10:4 Torschüsse - hatten sich die Münchner nicht viel vorzuwerfen. Jamal Musiala war sehr präsent und leitete auch die Riesenchance kurz vor der Pause ein, als Eric Maxim Choupo-Moting per Hacke Pech hatte (45.+2).
Bei Man City lief die gefürchtete Ballbesitz-Maschine jedenfalls nicht rund. Dass die Engländer viel zu oft in die eigene Hälfte gedrängt wurden, nervte Pep Guardiola an alter Wirkungsstätte gehörig. Dreimal war der Spanier mit den Bayern im Halbfinale der Königsklasse gescheitert, und auch mit Man City läuft er noch dem Henkelpokal hinterher.
Der Bayern-Druck wurde auch zu Beginn der zweiten Halbzeit nicht geringer. Was fehlte, waren die zündenden Ideen und die Genauigkeiten bei den Torabschlüssen, wie beim Schuss von Coman (55.). Man City lauerte indes auf Konter. Beim ersten Versuch scheiterte Haaland noch an Bayern-Keeper Yann Sommer (55.), kurz darauf machte er es besser. Tuchel brachte in der Schlussphase mit Müller und Mathys Tel weiteres Offensivpotenzial. Das Tor fiel aber erst nach einem ebenso umstrittenen Handelfmeter wie in der ersten Halbzeit.
Inter trifft im Halbfinale auf Stadtrivalen
In der zweiten Partie am Mittwochabend verpasste Roger Schmidt mit Benfica Lissabon eine Überraschung in der Champions League. Der deutsche Trainer kam mit den Portugiesen am Mittwochabend nicht über ein 3:3 (1:1) bei Inter Mailand hinaus und verfehlte damit den erstmaligen Einzug ins Halbfinale. Nicolò Barella (14. Minute), Lautaro Martínez (65.) und Joaquín Correa (78.) trafen für die Italiener, die das Viertelfinal-Hinspiel vergangene Woche mit 2:0 gewonnen hatten. Fredrik Aursnes (38.), António Silva (86.) und Petar Musa (90.+5) machten die Tore für Portugals Fußball-Rekordmeister. Inter trifft im Halbfinale nun auf den Stadtrivalen AC Mailand.
Benfica legte los, wie Teams von Schmidt normalerweise loslegen: mit aggressivem Pressing. Das zahlte sich aber zunächst nicht aus. Im Gegenteil. Anstatt früh in Führung zu gehen, gerieten die Portugiesen in Rückstand. Barella schlug im Sechzehner einen Haken und schlenzte den Ball dann herrlich mit links in den Winkel. Doch die Gäste gaben sich nicht auf.
Inter wirkte fortan etwas zu passiv, und das wurde bestraft. Nach einer Flanke von Rafa Silva köpfte Aursnes den Ausgleich. Anschließend drängte Benfica auf die Führung und hätte in der 54. Minute einen Foulelfmeter verdient gehabt. Stattdessen sorgten Martínez aus kurzer Distanz und Correa per Schlenzer für die Entscheidung. Die späten Treffer von Silva und Musa halfen Benfica auch nicht mehr.