Auch Grünen-Parteichef Cem Özdemir will sich unter die Protestler am Bauzaun mischen.

Stuttgart/Berlin - Die Gegner des umstrittenen Milliardenprojekts Stuttgart 21 bekommen prominente Verstärkung aus Berlin: Auch Grünen-Parteichef Cem Özdemir will sich unter die Protestler am Bauzaun mischen. Obwohl die Abrissarbeiten am Bahnhof begonnen haben, ist er sicher: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Warum haben Sie nicht vor fünf Jahren demonstriert, als es noch Sinn machte?

Özdemir: „Wir Grüne waren von Anfang an gegen das Milliardengrab Stuttgart 21. Deshalb werden wir auch nicht nachlassen in unserem Protest. Die große Stuttgarter Koalition aus SPD, CDU und FDP - die bei den Wahlen zuletzt eine Ohrfeige nach der anderen bekommen hat - will mit dem Abriss nun Fakten schaffen und hofft wohl, dass der berechtigte Zorn der Menschen bis zur Landtagswahl verflogen ist. Ich bin mit vielen anderen davon überzeugt, dass das Projekt noch verhindert werden kann.“

Die späten Proteste sind demnach keine Farce?

„Ganz und gar nicht. Wenn wir immer auf die Experten gehört hätten, gäbe es heute keinen Atomausstieg und keine 16 Prozent Erneuerbare Energien. Stuttgart 21 ist ein Projekt, das völlig aus der Zeit gefallen ist. Der Stuttgarter Kopfbahnhof funktioniert sehr gut. Ihn einfach abzuschaffen, ist geradezu irrsinnig. Das sieht auch die Mehrheit der Stuttgarter so.“

Kann denn ein Grüner überhaupt gegen die Verbesserung des Bahnverkehrs sein?

„Darum geht es hier nicht. Mit diesem Irrsinnsprojekt wollen sich gewisse Leute ein Denkmal setzen. Das Alternativmodell, der "Kopfbahnhof 21", ist nie realistisch in Betracht gezogen worden. Eine vernünftige Verbindung Stuttgart-Ulm ist wichtig, aber sie muss vernünftig kalkuliert und auch für den Güterverkehr geeignet sein. Das wäre eine zukunftsweisende Verbesserung des Nahverkehrs in der Region Stuttgart.“