Auch im kanadischen Vancouver gibt es eine kleine Cellcentric-Firma. Foto: Daimler AG/Product Communication

Weilheim hat bei einer Bürgerversammlung die Pläne für den Bau der Brennstoffzellenfabrik im neuen Gewerbegebiet Rosenloh vorgestellt.

Weilheim - Der Weilheimer Bürgermeister Johannes Züfle scheint mehr Respekt vor der Meinung seiner Bürger zu haben als vor der Bedrohung durch das Coronavirus. Rechtlich steht er dabei ohne Zweifel auf der sicheren Seite. Bürgerversammlungen genießen einem besonderen Schutz. Jeder, der kommen will, hat grundsätzlich ein Recht darauf, daran teilzunehmen.

 

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Zwar hatte Züfle für die Bürgerinformation zur geplanten Ansiedlung der Cellcentric-Brennstoffzellenfabrik mit der Lindach-Sporthalle den größten und modernsten Veranstaltungsort ausgesucht und ständiges Maskentragen angeordnet. In dieser kritischen Corona-Phase aber auf jegliche 2G- oder 3G-Lösung zu verzichten und am Eingang nicht einmal die Kontaktdaten der Teilnehmer zu sammeln, obwohl sichtbar mehr als die 80 angemeldeten Weilheimerinnen und Weilheimer gekommen waren, wirft schon Fragen auf, wie die Stadt am Albrand es denn mit dem Corona-Schutz seiner Mitbürger hält.

Es folgen noch zwei Bürgerwerkstätten und eine Expertenanhörung

Auch bei der Frage, was man unter Bürgerbeteilung versteht, können die Meinungen natürlich auseinandergehen. Züfle, der in seiner Begrüßungsrede die vielfältigen Beteiligungsprozesse seiner Verwaltung bei früheren kommunalen Anlässen betonte, versteht darunter offenbar jedenfalls keinen öffentlichen Diskussions- und Meinungsbildungsprozess mit dem Austausch unterschiedlicher Positionen auf Augenhöhe.

Zwar folgen in den kommenden Wochen noch zwei Bürgerwerkstätten und eine Expertenanhörung, bei denen 25 zufällig ermittelte Weilheimer Verbesserungsvorschläge erarbeiten sollen und diese dann dem Gemeinderat als Empfehlung präsentieren können. Die als Bürgerinformations- und Dialogveranstaltung titulierte Zusammenkunft am Freitag war aber bis zum bereits im Februar 2022 geplanten Gemeinderatsbeschluss zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans die einzige für alle Bürger zugängliche Runde. Bürgerbeteiligung light könnte man das wohl nennen.

Fragen in großer Runde waren nicht vorgesehen

Die Möglichkeit, in großer Runde Fragen an die Beteiligten zu stellen, war dabei nicht vorgesehen. Lediglich im Anschluss an die anderthalbstündige Präsentation konnte man an Stellwänden mit den Verkehrs- und Stadtplanungsexperten, Cellcentric-Chefs und Vertretern der Umweltschutzverbände ins Gespräch kommen.

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Zunächst präsentierte Züfle die örtlichen Rahmenbedingungen für das geplante Großprojekt. Dabei geht es nicht nur um Cellcentric: Das Joint Venture der Daimler Truck AG und der Volvo Group will bekanntlich auf 15 Hektar Fläche ein Verwaltungs- und Entwicklungsgebäude sowie eine der größten Brennstoffzellen-Produktionsstätten in Europa bauen. Zusätzlich sollen im neuen Industriegebiet Rosenloh zehn Hektar Fläche für die Entwicklung lokaler Wirtschaftsunternehmen geschaffen und eine Umgehungsstraße für die Entlastung des bestehenden Straßennetzes gebaut werden.

Ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz

Die Geschäftsführer von Cellcentric, Matthias Jurytko und Christian Mohrdieck, stellten mit großem Engagement das Ergebnis ihrer bisher 25-jährigen Forschungsarbeit für die wegweisende Brennstoffzellentechnologie vor, die sie nun zur Großproduktionsreife gebracht haben. Auch Walter Rogg, der oberste Wirtschaftsförderer der Region, betonte die Chance, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Zudem könne man mit dem Bau des neuen Werks einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Kritische Stimmen kamen lediglich von den Vertretern des Umweltschutzes. Sie beklagen den Flächenverbrauch und dringen auf einem Neubau auf einer Industriebrache.