Fellbachs Stadtparlament verlangt für Kinderbetreuung mehr Geld. Foto: Tim Höhn

Mit dem Verzicht auf die zweite Stufe der Steuererhöhungen in Fellbach schonen CDU und FW/FD Gewerbe, Grundstückseigentümer und Mieter. Eltern dagegen müssen deutlich mehr für die Kinderbetreuung bezahlen.

Fellbach - Mit ihrer gemeinsamen Mehrheit haben sich die CDU- und die FW/FD-Fraktion bei den Schlussabstimmungen über den Doppelhaushalt 2016/2017 im Gemeinderat am Dienstagabend durchgesetzt. Firmen sowie Grundstückseigentümer samt ihren Mietern müssen eine Steuererhöhung verkraften, werden aber gegenüber den Verwaltungsanträgen geschont: Die geplanten zweistufigen Erhöhungen bei Grundsteuer A und B und der Gewerbesteuer werden auf eine einzige in zwei Jahren abgemildert. Beide Steuern steigen um jeweils zehn Prozentpunkte auf dann 375 vom Hundert des Steuermessbetrags. Die Elternbeiträge in der Kinderbetreuung wachsen aber gegen Widerstand aus der SPD und den Grünen in drei Schritten und steigen in zwei Jahren um die Hälfte an. Bis 2017 bleiben die Gebührensätze dennoch deutlich unter den Landesrichtsätzen.

Kosten der Kinderbetreuung nur schwach gedeckt

Um das bei der Stadt verbleibende Defizit im Bereich Kinderbetreuungsgebühren – im Jahr 2016 auf 14,3 Millionen Euro geschätzt – in Grenzen zu halten, orientierten sich CDU und FW/FD sich nicht an der jeweiligen Gebührenhöhe, sondern am gewünschten Kostendeckungsgrad. Der liegt derzeit bei zehn Prozent. Er soll durch die Erhöhung zum 1. Januar 2016 auf zwölf Prozent, zum 1. September 2016 auf 13 Prozent und zum 1. September 2017 auf 15 Prozent wachsen. Der FW/FD-Vorsitzende Ulrich Lenk nannte diese Steigerung „angemessen, zumutbar und eine Frage der Gerechtigkeit“. Hans-Ulrich Spieth, der CDU-Fraktionsvorsitzende, sagte: „Die Eltern haben jahrelang profitiert durch überdurchschnittliche Qualität zum günstigen Preis.“ Auch er sah eine „Gerechtigkeitslücke“. Die in Fellbach großzügigen Ermäßigungen für kinderreiche Familien, für Alleinerziehende und sozial Schwache wollten die Gemeinderäte beibehalten.

Spielräume für Familienförderung durch Kürzungen?

Oberbürgermeister Christoph Palm betonte allerdings, dass die Verwaltung nur eine Erhöhung der Elternbeiträge um 20 Prozent auf einen Kostendeckungsgrad von 12 Prozent für 2016 vorgeschlagen hatte. Jürgen Möhlmann, der SPD-Fraktionsvorsitzende, und Stadtrat Karl Würz, Grüne, warfen den bürgerlichen Fraktionen den Widerspruch in ihrem Antragspaket zur „Sicherung von zukünftigen Gestaltungsspielräumen und für solide Stadtfinanzen“ vor, wo diese ausdrücklich „Spielräume für die Familienförderung“ schaffen wollen: „Aber dafür kürzen Sie beim Familienzentrum und belasten die Eltern“, sagte Möhlmann. Nicht weniger als 13 Gemeinderäte, darunter die SPD- und die Grünen-Fraktion, lehnten in der Folge den Haushaltsplan in der zur Abstimmung stehenden Form ab. Er wurde mit der Mehrheit von 19 zu 13 Stimmen beschlossen.

Beim Familienzentrum schon stark gestrichen

Das am Ernst-Wiechert-Platz geplante Familienzentrum haben CDU und FW/FD nicht grundsätzlich in Frage gestellt, die Realisierung wird aber durch mit Mehrheit durchgesetzte Kostendeckelung auf die ursprünglich angesetzten 5,7 Millionen Euro zumindest erschwert. Dass die Verwaltung unter Oberbürgermeister Christoph Palm (CDU) den Entwurf aus dem Architektenwettbewerb bereits durch Streichungen bei den Raumgrößen und der Zahl der Räume auf Kosten von 6,5 Millionen Euro gedrückt hat und weitere 800 000 Euro nach deren Meinung kaum einzusparen sind, spielte für die Mehrheit keine Rolle.

Konsens mit dem Grundstückeigentümer gefährdet

Redner der SPD, Grünen und weitere Gemeinderäte griffen die CDU und FW/FD scharf an: Sie sind der Meinung, dass das Raumprogramm nicht noch weiter vermindert werden kann, ohne die in Jahren erarbeitete Konzeption aufzugeben. Den Konsens mit der Kirche als Inhaber des Grundstücks hat dieser Beschluss ihrer Ansicht nach gefährdet, so dass ein Scheitern des Projekts nicht auszuschließen sei. „Wir reden jetzt über 800 000 Euro. Das werden Baukostensteigerungen unter Umständen wieder aufzehren“, warnte Andreas Möhlmann. Keine Mehrheit fand der Linke-Stadtrat Christian Hinrichsen, der den Deckel etwas höher auf die aktuelle Kostenschätzung von 6,5 Millionen Euro legen wollte. Ebenso setzte sich Harald Raß (SPD) nicht mit dem Vorschlag durch, diese Summe im Haushaltsplan vorrätig zu halten, aber 800 000 Euro davon mit einem Sperrvermerk zu versehen. Dann könnte weiter überlegt werden, ob eine Tiefgarage nötig sei und anderes. „Eine halblebige Geschichte“, so sagte Raß, „wäre nicht gerade Fellbacher Standard.“

Prioritätenliste angefordert

Weitere Beschlüsse der Mehrheit aus CDU und FW/FD zielen auf eine Prioritätenliste über sämtliche anstehenden Investitionsvorhaben ab. Diese sollen mit dem Gemeinderat im Frühjahr 2016 in einer Klausurtagung abgestimmt werden, „so dass wir die Möglichkeit haben, diese Liste je nach Finanzkraft der Stadt schrittweise abzuarbeiten“, wie Ulrich Lenk (FW/FD) formuliert. Weitere beschlossene Einsparungen zielten auf die Deckungsreserve, bei der die Mehrheitsfraktionen unter anderem Rücklagen für zu erwartende Steigerungen bei der Kreisumlage und für die Flüchtlingshilfe stark kürzten. Im einzelnen sorgten sie dafür, im Jahr 2016 diese Reserve um 500 000 Euro auf 200 000 Euro und im Jahr 2017 um 470 000 Euro auf 200 000 Euro zu vermindern. Alle städtischen Gebühren werden auf ihren Wunsch zukünftig alle zwei Jahre überprüft und angepasst.