Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann war Gastrednerin beim CDU-Familientreffen im Schatten der Burg. Foto: Horst Rudel

Der Vater hat die Tradition begründet, der Sohn führt sie weiter. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Otto Hauser hat das Stallwächerfest einst ins Leben gerufen. Jetzt hat sein Sohn Tim als CDU-Stadtverbandschef eingeladen.

Esslingen - Kein Zweifel: Die Baden-Württemberger haben es erfunden. Die Tradition des Stallwärterfestes ist im August 1964 in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn begründet worden – entstanden aus einem spontanen Grillfest in der Landesvertretung heraus für die bedauernswerten Politiker, die in den Parlamentsferien die Wacht am Rhein gehalten haben. Dort, wo jenseits des Politikbetriebs der Hund verfroren war.

Die Esslinger haben das Erfolgsrezept übernommen und lokal gewürzt. An Einsamkeit und Langeweile musste und muss des Sommers am Neckar zwar niemand leiden. Trotzdem hat sich der damalige CDU-Bundestagsabgeordnete Otto Hauser der Daheimgebliebenen erbarmt und vor 28 Jahren ein lokales Stallwächterfest ins Leben gerufen. „Dass sollte von Beginn an bewusst keine CDU-Veranstaltung sein, sondern ein Fest für den Mittelstand und Selbstständige, die in der Stadt den Stall gehütet haben“, erinnert sich der Ex-Abgeordnete an die Anfänge im Hof der Schlosserei Probst.

Hauser ist immer noch dabei, an diesem Freitagabend – als Gast. Sein Sohn Tim, mittlerweile Vorsitzender des CDU-Stadtverbandes, hat den Stab vom Vater übernommen. Erstmals ist er als Gastgeber des sommerlichen Stelldicheins aufgetreten. Auch sonst hat sich einiges geändert. Die Stallwächter-Gemeinde ist ein paar Häuser weiter gezogen, in den Hof der Esslinger Weingärtner. Das Fest ist größer geworden, professioneller und politischer. Die Junge Union muss keine Brötchen mehr schmieren oder Würstchen grillen. Die Weingärtner haben die Verpflegung der 160 Gäste übernommen, die der Sommerhitze getrotzt und der Hauptrednerin, der baden-württembergischen Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, Susanne Eisenmann, zugehört haben.

Forum des Kennenlernens und des Austauschs

Geblieben ist der Anspruch der Anfangszeit, ein Forum des Kennenlernens und des Austausches zu bieten. „Wir haben hier mehr als 40 Vertreter von Vereinen und Institutionen der Stadt zu Gast – von den Briefmarkenverein über die Frauenselbsthilfegruppe nach Krebs bis hin zur Druidenloge Schwabentreue“, so Tim Hauser. Die haben, als Dank für ihren ehrenamtlichen Einsatz, je eine Flasche der Weingärtner-Edition „Kinderhospiz Stuttgart“ mit auf den Heimweg bekommen – und von der Kultusministerin eine dem britischen Schriftsteller George Bernard Shaw zugeschriebenen Erkenntnis: „Auf jede komplexe Frage gibt es nur eine Antwort. Und die ist falsch.“

Damit hat sie zwar in erster Linie auf die populistischen Antworten der politischen Vereinfacher angespielt, doch passt das Zitat auch auf alle vor Ort kontrovers diskutierten Probleme. Die hatte zuvor der stellvertretende Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion, Herbert Schrade, angerissen. Die Zukunft der Stadtbücherei am alten oder an einem neuen Standort, die Einführung einer gymnasialen Oberstufe für die Gemeinschaftsschule in der Innenstadt und die Überarbeitung des Flächennutzungsplans sind Themen, bei denen die dicken Bretter der Lokalpolitik gebohrt werden. Und so hat Schrade auch das Shaw-Zitat ganz beiläufig aus dem literarischen Nebel auf den Grund bodenständiger Politik zurückgeholt. „Wenn man etwas bewegen will, findet sich ein Weg. Wenn man etwas verhindern will, findet sich ein Grund“, schloss er.