Beim CDU-Parteitag in Hannover ringt sich die Partei nach längerer Debatte dazu durch, auf Listenplätzen einen verpflichtenden Frauenanteil einzuführen. Der Parteivorsitzende Friedrich Merz hält sich bei dem Thema eher bedeckt und schießt lieber gegen die Ampel.
Der CDU-Parteitag in Hannover hat für die Einführung einer Frauenquote für Parteiämter und Wahllisten gestimmt. Am Freitagabend sprach sich eine Mehrheit von 559 Delegierten für einen Vorschlag des Bundesvorstands aus, für Parteiämter und vordere Listenplätze einen verpflichtenden Frauenanteil einzuführen, der bis 2025 stufenweise von 30 auf 50 Prozent steigen soll. Dagegen stimmten 409 Delegierte.
Dass die Diskussion um die Frauenquote nun beendet ist und Merz dabei keine Niederlage einstecken musste, ist wichtig. Denn in der CDU wird es wieder frostiger. Merz war zu Jahresbeginn mit großer Mehrheit als neuer CDU-Vorsitzender gewählt worden, begleitet vom lagerübergreifenden Wunsch, dass die Partei nach der verlorenen Bundestagswahl nun endlich wieder geschlossen und profiliert auftrete. Auf einer solchen Welle der Zustimmung kann kein Vorsitzender endlos surfen. Aber Merz hat es doch in erstaunlicher Geschwindigkeit geschafft, die Begeisterung über seine Wahl leiser werden zu lassen.
Kritik aus der Jungen Union
Als Fraktionschef hat Merz im Bundestag starke Auftritte und ist dem Bundeskanzler ein Widerpart auf Augenhöhe. Aber als Parteichef sinkt die Zufriedenheit der Partei. Es sind ausgerechnet jene, die Merz’ Wahl stets befördert hatten, die nun enttäuscht sind. Insbesondere die einflussreiche Mittelstandsvereinigung und die Junge Union hatten es Merz schon im Vorfeld übel genommen, dass er sich nicht gegen die Frauenquote gestemmt hatte.
Generalsekretär Mario Czaja hatte zum Auftakt der Debatte noch gefragt: „Wollen wir uns nur noch am Lagerfeuer der Stammwählerschaft wärmen?“ Dem Argument, die Frauenquote helfe, neues Personal und neue Mehrheiten zu gewinnen, wollten in der knapp zweistündigen Diskussion am Freitagabend jedoch viele nicht folgen – darunter vor allem jüngere Frauen. Zuvorderst Franziska Dezember, die Vorsitzende der Frauenunion Berlin-Pankow, die im Vorfeld mehr als 1100 Mitglieder hinter einem Antrag gegen die Quote versammelt hatte. Die Quote helfe nicht dabei, engagierte Frauen für die CDU zu gewinnen, sondern sei ein „Ausdruck von Identitätspolitik“, meinte die 29-Jährige. Auch Gitta Connemann, Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung, stellte sich gegen den Quotenvorschlag und betonte, der Union „ging es immer um das Individuum, nicht um Proporz“.
Zuspruch von Annegret Kramp-Karrenbauer
Für die Quote trat Annette Widmann-Mauz, die Vorsitzende der Frauenunion, an: Nach Merkels Abtritt sei offenbar geworden, dass die CDU in puncto Frauenbeteiligung hinter ihren Ansprüchen zurückbleibe. Es gebe immer noch „tote Winkel für das Mitwirken für Frauen“ – doch in der Wirtschaft sei es selbstverständlich, solche toten Winkel mit gemischten Teams zu vermeiden. Zuspruch erhielt sie von der ehemaligen Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und den Ministerpräsidenten Daniel Günther aus Schleswig-Holstein und Hendrik Wüst aus NRW.
Friedrich Merz hatte die Quote in seiner Eröffnungsrede noch weiträumig umschifft. In der abendlichen Debatte stellte er sich jedoch als letzter Redner hinter die Quote und forderte die Delegierten auf, diesem „winzigen Schritt“, den der Vorschlag in seiner Ausgestaltung darstelle, zuzustimmen. Am Ende konnte er aufatmen.
Merz bläst zur Generalattacke
In seiner Eröffnungsrede hatte Merz zuvor vor allem den Eindruck vermeiden wollen, dass sich die CDU in Krisenzeiten vor allem mit sich selbst beschäftige, und den Blick nach außen gesucht. Dem Kanzler schrieb er ins Stammbuch, dass er, Merz, „die Exportgenehmigung für die 100 Marderpanzer für die Ukraine erteilt hätte“. Auch die Union sei in der Energiepolitik daran beteiligt gewesen, dass Deutschland sich zu sehr von Russland abhängig gemacht habe. Aber dann die Generalattacke: „Nie hat es bei uns eine solche politische Korruption gegeben wie bei der SPD.“ Und zum Schluss die Aufforderung an den Kanzler: „Stoppen Sie dieses rot-grün-gelbe Narrenschiff.“
Mit seiner Eröffnungsrede hatte Merz das Herz der Partei erwärmt. Auch bei einem Leitantrag zum aktuellen energiepolitischen Forderungskatalog gegen die Ampel hatten sich die Delegierten geschlossen gezeigt. Am Ende ließ die Debatte über die Frauenquote aber durchblicken, dass es an diesem Tag eben doch stark um das Innenleben der Partei ging, der immer noch nur zu einem Viertel Frauen angehören.
Immerhin: Merz hat sich eine Atempause verschafft. Der Hannoveraner Parteitag markiert für den Vorsitzenden nur eine kleine Zwischenstation auf dem Weg zu seinem Ziel, der Kanzlerschaft. Merz braucht einen langen Atem.