Signal der Versöhnung zwischen den Flügeln der CDU? – JU-Chef Paul Ziemiak wird Generalsekretär der neuen Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Foto: dpa

Die Gefahr der Selbstzerfleischung war groß vor dem Hamburger Parteitag. Die CDU hat sie souverän gebannt, meint StN-Chefredakteur Christoph Reisinger.

Stuttgart. - Stark bleiben – die CDU hat gerade vorgemacht, wie das geht. Für einen Parteitag, in den sie mit so viel Selbstzerfleischungspotenzial ging, ist das ein bemerkenswertes Ergebnis. Häufig als Kanzlerwahlverein verlacht, zeigt diese Partei verlässlich wache Machtreflexe, wenn die Gefahr besonders groß ist, die Macht zu verspielen. So auch in Hamburg.

Mehr Selbstvergewisserung mit Merz?

Die Delegierten, die Annegret Kramp-Karrenbauer auf den Chefsessel gewählt haben, demonstrierten ihr Bewusstsein dafür, wo in Deutschland noch immer Wahlen gewonnen werden: in der Mitte. Der Profilschärfer Friedrich Merz hätte der CDU möglicherweise mehr Selbstvergewisserung beschert. Allerdings um den Preis, große Zielgruppen noch viel schlechter zu erreichen als zuvor: Frauen, Städter, jüngere Wähler, ohne die Mehrheiten nicht zu gewinnen sind. Wie man mit allzu viel Parteiseelenpflege vom Regen in die Traufe gerät, kann die CDU bei der SPD besichtigen. Da haben Vorsitzende wie Breymaier, Schäfer-Gümbel oder Schulz viele Funktionäre begeistert – aber nur wenige Wähler.

Über Merkels Kanzlerschaft hinaus

Dass die CDU ihrer 18-Jahre-Chefin Angela Merkel erlaubt, ihren Abschied aus Kanzleramt und Politik möglicherweise doch noch selber zu gestalten, hilft der Partei selbst am meisten. Es stabilisiert Regierung und Koalition und stärkt so die Machtoption der CDU über das Ende dieser Kanzlerschaft hinaus.

Offenbar hat die CDU auch erkannt, wie überschaubar das Risiko ist, in der Mitte der Gesellschaft weitere Wähler auf Dauer an die AfD zu verlieren. Schließlich mögen deren Parolen die aktuell so große Unübersichtlichkeit bei Themen wie Digitalisierung, Zuwanderung, Überalterung oder Sicherheit ausblenden. Viel mehr zu bieten hat diese Partei aber nicht.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de