Paul Ziemiak hat in der CDU eine Blitzkarriere hingelegt. Foto: dpa

Der neue CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat Erfahrung darin, konträre Positionen zusammenzubinden – und startet dennoch mit Ballast in sein Amt.

Hamburg - Er ist jung, konservativ und aus Nordrhein-Westfalen, dem Landesverband der unterlegenen Kandidaten Friedrich Merz und Jens Spahn. Für die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer war Paul Ziemiak deshalb fast schon eine logische Wahl. Der 33-jährige Chef der Jungen Union krönt damit vorerst seine politische Blitzkarriere.

Das in Stettin geborene Kind polnischer Eltern kam mit ihnen im Alter von drei Jahren nach Deutschland. Erste Station war das Aussiedlerlager in Unna, ehe die Familie in Iserlohn im Sauerland landete. Dort wurde er früh im Stadtjugendparlament aktiv, an die Spitze der christdemokratischen Jugendorganisation seines Landesverbandes rückte er im Jahr 2012, zwei Jahre später folgte die Kür zum Vorsitzenden im Bund, 2017 schließlich zog er als Abgeordneter in den Bundestag ein.

In den sozialen Netzen zu Hause

Der Vater eines Sohnes hat Jura an den Universitäten Osnabrück und Münster – allerdings ohne Abschluss. Sein Studium finanzierte er sich unter anderem als Hilfskraft an einem Institut für europäische Rechtswissenschaft. Neben seiner eigenen Familiengeschichte dürfte auch dies sein Faible für die Europapolitik begründet haben – Ziemiak ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für EU-Angelegenheiten. Vor seiner Abgeordnetentätigkeit arbeitete er für eine internationale Wirtschaftsprüfergesellschaft in Düsseldorf – und gibt an, derzeit nebenher noch an der Business and Information Technology zu studieren. Die dafür notwendige Zeit dürfte er in Zukunft kaum noch haben.

Paul Ziemiak kann durchaus einiges in die Waagschale werfen, was ihn für das neue Amt qualifiziert. Er kann gut reden, zuspitzen, knackig formulieren, was ihn - auch weil er Angela Merkels Flüchtlingspolitik als Bundeskanzlerin kritisch begleitet hat - zu einem gefragten Talkshowgast gemacht hat. „Da hilft kein Integrationskurs, da hilft nur Gefängnis“, rief er beispielsweise einmal seinen Jungunionisten zu, als es um den Umgang mit straffällig gewordenen Flüchtlingen ging. Ziemiak gehört zudem einer Generation an, die sich ganz selbstverständlich in den digitalen Netzwerken bewegt und seine Gemütslage fast automatisch zuerst mit seinen Instagram-Followern teilt: „Meine Wahl erfüllt mich mit Demut.“ #EuerPaul gibt sich auch auf Twitter als jederzeit ansprechbarer, bürgernaher Politiker. „Er kann neue Formate entwickeln, mit denen wir auch wieder mehr Jüngere für die Partei gewinnen können“, schwärmt seine neue Chefin „AKK“. Zudem habe er die „Junge Union organisatorisch gut aufgestellt“.

Einige sehen in ihm einen Verräter

Tatsächlich hat Paul Ziemiak die Organisation, in der neben den Jungen aus der CDU auch der CSU-Nachwuchs aus Bayern aktiv ist, in den vergangenen Jahren durch stürmische Gewässer geführt. „Er hat diesen Ritt auf der Rasierklinge gut gemeistert“, meint der gleichaltrige Rastatter Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker im Hinblick auf die grundverschiedenen Positionen in der Flüchtlingspolitik, die es zu überbrücken galt.

Eine ähnliche Herausforderung steht nun der CDU insgesamt vor, nachdem die so knappe Niederlage im Friedrich-Merz-Lager viele Frust produziert hat. Und Ziemiak ist nach dem, was auf diesem Parteitag passiert ist, nicht uneingeschränkt geeignet, die Fraktion der Enttäuschten zu repräsentieren. Das Wort vom „Verräter“ hat in Hamburg die Runde gemacht, weil Ziemiak als enger Freund des Drittplatzierten Jens Spahn im Gegenzug für den neuen Posten seiner Jungen Union in der Stichwahl zu „AKK“ geraten haben könnte. Der bisherige JU-Chef, der dieses Amt jetzt abgeben muss, spricht nur von „verschiedenen Gerüchten“. Der Vorwurf aber, dass der stramm Konservative mit einer internen Wahlempfehlung Merz‘ Schicksal besiegelt haben könnte, kostete ihn ein gutes Wahlergebnis.

Ungewöhnlich knappes Ergebnis

In der Partei, die ihren Generalsekretären normalerweise ein Ergebnis von locker 90 Prozent als Vertrauensvorschuss mit auf den Weg gibt, stimmten aber lediglich 62,8 Prozent der Delegierten für den neuen General. „Ich danke Euch für dieses ehrliche Ergebnis“, sagte Ziemiak, nachdem er regelrecht auf Podium gestürmt war, um die Wahl anzunehmen: „Ich nehme es als Ansporn, hart zu arbeiten.“