Der EnBW-Deal wird immer mehr zum Desaster für die CDU. Landtagsfraktionschef Peter Hauk und Parteichef Thomas Strobl haben Ex-Ministerpräsident Mappus den Parteiaustritt nahegelegt. Der will davon jedoch nichts wissen. Foto: dpa

Die CDU – ein „Scheiß-Verein“: Nach Mappus angeblicher SMS ist die Aufregung in der Partei groß. Politikwissenschaftler Oscar Gabriel sieht für die CDU schwarz.

Stuttgart - Eigentlich sind die tollen Tage seit Aschermittwoch vorbei. Aber die Landes-CDU erlebt derzeit eine unfreiwillige Verlängerung. Seit vergangene Woche bekannt wurde, dass einzelne CDU-Landtagsabgeordnete aus dem EnBW-Untersuchungsausschuss – allen voran der Ausschussvorsitzende Ulrich Müller – engen Kontakt zur Hauptfigur Stefan Mappus hatten, erlebt die Partei turbulente Tage. Grüne und SPD werfen ihr Kumpanei und alte Seilschaften vor, die CDU selbst ringt mit der Frage, wie man sich von Ex-Ministerpräsident und Ex-Parteichef Mappus distanziert.

Landtagsfraktionschef Peter Hauk – nie ein Freund von Mappus – legte ihm am Montag den Parteiaustritt nahe. „Es ist der CDU nicht mehr länger zuzumuten, dass sie mit jemandem etwas zu tun hat, der die Partei und ihre Mitglieder verunglimpft“, sagte Hauk. Er reagierte damit auf einen SMS-Verkehr zwischen Mappus und seinem engen Freund und Finanzberater Dirk Notheis nach ihren Zeugenvernehmungen vergangenes Jahr im Untersuchungsausschuss.

Aus Akten, die dem Untersuchungsausschuss vorliegen, geht demnach hervor, dass beide CDU-Politiker über die Art der Aufarbeitung des Milliardendeals und die kritische Befragung durch CDU-Parlamentarier höchst verärgert waren. Mappus soll dabei an Notheis unter anderem die SMS mit dem Satz: „Ich habe gute Lust, aus dem Scheißverein auszutreten“ geschrieben haben. Die Anwälte von Mappus dementieren das.

„Es gibt keine Zwangsmitgliedschaft“

Hauk sagte am Montag, er gebe Mappus keinen Rat, zumal der ohnehin selten auf Empfehlungen gehört habe. CDU-Landeschef Thomas Strobl betonte, sollte sich Mappus in dieser Form über die Partei geäußert haben, müsse er sich überlegen, ob er noch in der CDU bleiben wolle: „Es gibt keine Zwangsmitgliedschaft für irgendjemanden, auch nicht für ehemalige Ministerpräsidenten und Landesvorsitzende.“ Mappus selbst ließ am Montag über seine Anwälte ausrichten: „Ich bin vor nunmehr 28 Jahren in die Partei Helmut Kohls eingetreten. Und ich war, bin und bleibe mit Leib und Seele Mitglied dieser Partei. Und daran wird niemand etwas ändern.“ Er empfinde es als „nur schwer erträglich“, dass sich ausgerechnet CDU-Landeschef Thomas Strobl und CDU-Fraktionschef Peter Hauk über privaten SMS-Verkehr äußerten, den sie nicht kennen könnten.

Der Landesvorsitzende der CDU-Sozialausschüsse, Christian Bäumler, warnte derweil vor einem langwierigen Imageschaden für die Südwest-CDU. „Wie sollen wir den Bürgern klarmachen, dass einzelne Abgeordnete des Untersuchungsausschusses nicht im Auftrag der Partei oder der Fraktion gehandelt haben, sondern eigenständig“, sagte Bäumler unserer Zeitung und fügte hinzu: „Es ist nicht nachvollziehbar, was hier passiert ist. Da geht es um die Frage der Glaubwürdigkeit.“ Die CDU müsse sich „unmissverständlich“ von jenen distanzieren, die dem Ex-Ministerpräsidenten Informationen aus dem Ausschuss hatten zukommen lassen. „Der Untersuchungsausschuss hat ähnliche Aufgaben wie ein Gericht. Dabei handelt es sich auch um Machtkompetenzen. Es kann deshalb nicht sein, dass einzelne Abgeordnete mit dem Hauptbetroffenen zusammenarbeiten“, sagte Bäumler. Er reagierte damit darauf, dass mindestens zwei CDU-Landtagsabgeordnete – der Vorsitzende Ulrich Müller sowie CDU-Obmann Volker Schebesta – als Mitglieder des EnBW-Untersuchungsausschusses in engem Kontakt zu Mappus gestanden haben. „Da gibt es überhaupt nichts drum herumzureden. Das ist ein Fehler gewesen“, meinte CDU-Landeschef Strobl zu diesen Kontakten.

Politikwissenschaftler: Parteiinterne Probleme lassen sich nicht schnell beheben

Der Politikwissenschaftler Oscar Gabriel sagte auf Anfrage: „Herr Müller hat mit seinem Rücktritt aus dem Untersuchungsausschuss die richtige Konsequenz aus seinem Fehlverhalten gezogen. Damit ist die Sache abgegolten.“ Gleichzeitig wandte er sich gegen Forderungen von Grünen und SPD, den Ausschussvorsitz nun aus ihren Reihen zu besetzen: „Es gibt einen festen Schlüssel für die Besetzung von Untersuchungsausschüssen. Ich bin nicht begeistert davon, in laufenden Verfahren die Spielregeln zu ändern“, sagte der Politikwissenschaftler.

Die Turbulenzen im Untersuchungsausschuss an sich bewertet Gabriel als „herben Rückschlag im Bemühen um eine programmatische und personelle Erneuerung der Landes-CDU. Das ist für die Partei überhaupt nicht hilfreich.“ Der Politikwissenschaftler zog Parallelen zum CDU-Machtverlust in Rheinland-Pfalz vor zwei Jahrzehnten: „Im Vergleich zu dem, was in Baden-Württemberg passiert ist, waren das dort absolute Peanuts.“ Die CDU habe sich in Rheinland-Pfalz den Luxus erlaubt, mit Bernhard Vogel einen erfolgreichen Ministerpräsidenten abzuwählen und den politischen Nobody Hans-Otto Wilhelm an die Spitze zu stellen. „Dafür ist sie vom Wähler bestraft worden, und davon hat sie sich bis heute nicht erholt.“ In Baden-Württemberg seien die CDU-Probleme von anderer Qualität. „Deshalb gehe ich nicht davon aus, dass sich die Probleme, in denen die CDU steckt, in den nächsten zwei bis drei Jahren beheben lassen.“, sagte Gabriel.