Großbritanniens Premierminister David Cameron Foto: dpa

David Cameron macht jetzt nicht mehr nur hinter verschlossenen Türen, sondern auch ganz offen Stimmung gegen einen möglichen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Die Kanzlerin ist sauer.

David Cameron macht jetzt nicht mehr nur hinter verschlossenen Türen, sondern auch ganz offen Stimmung gegen einen möglichen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Die Kanzlerin ist sauer.

Berlin- Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) widerspricht dem Vorwurf des britischen Premiers David Cameron, dass die EVP-Fraktion mit ihrem Vorschlag für Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident gegen die EU-Verträge verstoßen hat. Zugleich warb Berlin erneut zur Ruhe und Besonnenheit in den Verhandlungen über die neue Kommission sowie die Inhalte der Politik für die nächsten fünf Jahre.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag in Berlin: „Da die Bundeskanzlerin in ihrer Eigenschaft als Parteivorsitzende beteiligt war an der Benennung eines Spitzenkandidaten in Dublin, hat sie sicher nicht gegen EU-Verträge verstoßen.“ Die CDU-Chefin hatte die Spitzenkandidatur des Luxemburgers Juncker für die Europawahl beim Kongress der Europäischen Volkspartei im Frühjahr unterstützt.

Cameron schrieb in der „Süddeutschen Zeitung“, einige Mitglieder des europäischen Parlaments hätten sich ein neues Verfahren ausgedacht, wonach sie den Kandidaten sowohl aussuchen als auch wählen. „Die großen Fraktionen haben während des Wahlkampfs Spitzenkandidaten ins Feld geschickt und dann im Hinterzimmer verabredet, sich nach den Wahlen gemeinsam hinter den Kandidaten der stärksten Fraktion zu stellen.“ Ein solches Konzept sei im Europäischen Rat - das sind die Staats- und Regierungschefs - nie beschlossen worden.

"Bürger wählten nicht den Kommissionspräsidenten"

Nach dem EU-Vertrag stehe das Vorschlagsrecht den Regierungschefs der EU-Staaten zu, erklärte Cameron. „Die Bürger, die zur Wahl gingen, wollten ihren Europaabgeordneten wählen, nicht den Kommissionspräsidenten.“ Juncker einfach zu akzeptieren, „würde die demokratische Legitimation der EU eher unterminieren als stärken“. Die EU müsse flexibler und wettbewerbsfähiger werden. „Das setzt eine mutige Führung voraus.“ Diese müsse akzeptieren, „dass die Dinge in Europa manchmal am besten auf nationaler Ebene geregelt“ würden.

Seibert sagte, es sei gut, dass der Premierminister seine Überzeugung einem breiteren deutschen Publikum darlegt habe. Aber: „Für die Bundeskanzlerin war nun natürlich nicht viel Überraschendes darin.“ Sie kenne seine Haltung aus intensiven Gesprächen mit ihm. „Ebenso kennt die britische Regierung die Haltung der Bundeskanzlerin, die sich dafür sehr klar dafür ausgesprochen hat, dass Jean-Claude Juncker der nächste Kommissionspräsident wird.“

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy soll für die Staats- und Regierungschefs geeignete Bewerber für das Amt finden. „Diesen sicherlich nicht einfachen Prozess sollten wir unterstützen, indem wir nicht jeden Tag von der Seite da hereinrufen, sondern ihm auch die Zeit geben, die er braucht“, sagte Seibert.

Der Gipfel der Staats- und Regierungschefs soll sich am 27. Juni damit befassen. Sie müssen sich auf einen Kandidaten einigen, über den dann das Parlament bestimmt. Im Parlament hat Juncker großen Rückhalt. Merkel empfängt in der nächsten Woche die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt und Estlands Regierungschef Taavi Roivas im Kanzleramt. Die Gespräche dienten auch der Vorbereitung des Gipfels, sagte Seibert.