Deutscher Meister Daniel Ackermann bei der Weltmeisterschaft im Siedlern. Foto: /Lichtgut/Ferdinando Iannone

Daniel Ackermann spielt für sein Leben gerne „Catan“. 2022 hat er sich zum Deutschen Meister hochgespielt. Am Wochenende kämpft er in Stuttgart um den Weltmeister-Titel.

Im Landesmuseum Württemberg herrscht angespannte Stille. Die Konzentration ist förmlich zu spüren, als Daniel Ackermann sich überlegt, wie er seine nächsten Siedlungen aufstellt. An den Wald? Oder doch lieber in Richtung Getreide?

 

„Man kann beim Siedler gewinnen, ohne eine einzige Straße zu bauen“, sagt er. „Aber nicht ohne Erz.“ Das braucht man für Städte und Entwicklungskarten. Und auf die sollte man beim Siedlern prinzipiell setzen, weil sie mehr Punkte bringen. Das ist einer von Daniel Ackermanns wertvollen Siedler-Tipps.

Er weiß, wovon er spricht. Der 35-Jährige hat sich 2022 und 2024 die Deutsche Meisterschaft im Siedlern gesichert. An diesem Wochenende spielt er im Alten Schloss um den Weltmeistertitel.

Dieses Mal läuft es allerdings nicht so gut. Zumindest nach den ersten beiden Spielen. „Das erste war ein totaler Flop“, sagt er – aber er grinst noch. Der Spaß ist da, das ist die Hauptsache. Sein Ziel für das Turnier ist es, am Nachmittag noch ein Spiel zu gewinnen. Die Chancen auf den Weltmeistertitel hält er aber nicht mehr für besonders groß.

Catan-WM in Stuttgart: Spieler aus 60 Ländern im Wettkampf

An diesem Tag starren viele Leute mit Tunnelblick auf die Bretter. „Ich bin dann wie ein Fußballspieler auf dem Platz“, sagt Daniel Ackermann im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die Welt wird für kurze Zeit vergessen.“ Am Nebentisch, nur wenige Meter entfernt, kämpft die Konkurrenz um den Einzug in die nächste Runde. 90 Spieler sind aus 60 Ländern gekommen, um sich im Siedlern zu messen. Auch der amtierende Weltmeister, Hamish Dean aus Neuseeland.

Spaß ist bei der Siedler- Weltmeisterschaft das A und O. /Lichtgut/Ferdinando Iannone

Benjamin Teuber ist ebenfalls zum Event gekommen. Sein Vater, Klaus Teuber, hat das Spiel vor 30 Jahren entwickelt. Benjamin freut sich, dass so viele Leute wie noch nie zuvor hergekommen sind, um gemeinsam zu spielen – „Friedlich“, betont er. Angesichts der aktuellen Weltlage sei das ein schönes Zeichen. Siedler bringt Spieler aus der ganzen Welt zusammen.

So wie Daniel Ackermann. Dass er das Siedlern so liebt, hat er seiner Mutter zu verdanken. Die hat nämlich vor vielen Jahren das Spiel aus der Bücherei ausgeliehen. 1997 oder 1998 war das – so genau weiß er es nicht mehr, „ich war noch sehr klein“. Die ganze Brettspiel-verrückte Familie war sofort begeistert. Bis heute ist es das ultimative Spiel bei Familienabenden.

Familientradition und Wettkampf: Daniel Ackermann als Siedler-Profi

Das Ganze auf ein professionelles Level zu heben – wobei das schon übertrieben wäre, betont er bescheiden – kam dann mit der Zeit. 2000 hat er das erste Turnier gespielt. Seit 2009 geht er regelmäßig zu Wettkämpfen. Auch in seiner Familie gibt es Turniersiedler: Sein Bruder wurde 2013 Deutscher Meister, seine Mutter spielt auf Wettkämpfen, wenn sie kann. Der Rest der Familie auch, wenn er mal Lust hat.

Inzwischen tritt Daniel Ackermann bei Turnieren in Deutschland oft gegen bekannte Gesichter an. Als Einsteiger könne man schon auch teilnehmen, wenn man die Regeln solide kennt, sagt er. „Und wird nicht gnadenlos Letzter.“ Dass jeder gewinnen kann, wäre aber gelogen. Es gebe schon 30, 40 Leute, die sich häufig durchsetzten. Aus denen ist inzwischen eine kleine Community geworden. Seinen Job im KI-Bereich hat er zum Beispiel bei einem Turnier klargemacht. Und gemeinsam mit seiner Frau ist er zur Hochzeit eines Siedler-Kollegen nach Helsinki geflogen.

Die WM in Stuttgart ist für Daniel Ackermann das zweite internationale Turnier. Vor zwei Jahren hat er in Kopenhagen um die Europameisterschaft gespielt. „Internationale Turniere sind anders“, sagt er. Etwa handelten manche Spieler kulturbedingt unterschiedlich. Einige sehr höflich, andere eher offensiv. „Wenn du mir dein Getreide nicht gibst, steht der Räuber bei der nächsten Sieben auf deinem Feld“, oder so. Ein Catan-Spieler zuckt bei solchen Drohungen. Auch das sei ein großer Spaß. „Man muss nicht nur das Spiel, sondern auch die Spieler verstehen“, sagt er.

Ohne Strategien geht es nicht

Das Strategische mag er am Siedlern besonders gerne. Und, dass es so simpel ist. „Es gibt nicht viele Regeln, und trotzdem gibt es keine zwei gleichen Spiele“, sagt er. Jedes Mal sei das Brett anders aufgestellt – und erfordere komplett andere Strategien. Ohne die geht es nicht, sagt er. Strategien braucht man. Zum Beispiel das mit den Städten und den Entwicklungskarten. Oder dass man sich die Möglichkeit offenhalten sollte, an alle Rohstoffe zu kommen. Oder dass die Rittermacht der stabilere Vorteil ist als die große Handelsstraße. Solche Sachen eben. „Ob man Stochastik beherrschen muss, naja“, sagt er. „Aber analytisches Denken ist mit Sicherheit notwendig.“ Gut, dass der promovierte Mathematiker davon jede Menge parat hat.

Hat er denn überhaupt noch Spaß, wenn er mit Normalsterblichen spielt? Klares: Ja. „Der Spaß geht vor“, sagt er. Er könne auch weniger hart spielen. Immerhin sollen auch seine Kinder irgendwann zu Siedler-Fans werden. Wenn drei unerfahrenere Spieler sich zum Ziel setzen würden, ihn verlieren zu lassen, würden sie das ziemlich wahrscheinlich schaffen, sagt er bescheiden. Übersetzung: Sonst eher nicht.

Und das, obwohl er seit zwei Jahren eigentlich gar nicht mehr so viel spielt. Seitdem verbringt er dank seiner kleinen Tochter mehr Zeit auf dem Spielplatz als über dem Brett. Die Vorbereitung auf die WM fiel bei ihm deshalb auch eher entspannt aus. „Ich habe kein Siedler-Bootcamp gemacht“, sagt er. Manche machen das wohl. „Damit würde ich mich eher verrückt machen.“ Er setzt auf seine vielen Jahre Turniererfahrung – und auf eine gute Mütze Schlaf.

Das Spiel
Siedler von Catan feiert 2025 ein wichtiges Jubiläum. Seit 30 Jahren tauschen Spielerinnen und Spieler nun Lehm, Gold und Schafe (oder heißt es Weide?) im Gegenzug für die Herrschaft über die Gebiete von Catan. Das Spiel entstand 1995 inmitten der schwäbischen Landeshauptstadt, wo der Kosmos-Verlag seinen Sitz hat. Laut Verlag wurde das Spiel bisher in mehr als 100 Ländern weltweit über 45 Millionen verkauft.

Die WM
Die ersten Catan-Turniere begannen bereits 1998, wie der Kosmos-Verlag schreibt. Das war drei Jahre nach der Veröffentlichung des Spiels. Die erste offizielle Weltmeisterschaft fand 2002 statt – erst jährlich, inzwischen wird sie alle zwei Jahre in verschiedenen Ländern ausgetragen.