Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist am Sonntag in Deutschland festgenommen worden. Foto: dpa

Der bekannteste Akteur im Kampf um eine Autonomie Kataloniens wird beim Grenzübertritt nach Deutschland in Gewahrsam genommen. Wird er jetzt nach Spanien ausgeliefert?

Barcelona - Der abgesetzte Regionalregierungschef Kataloniens, Carles Puigdemont, ist von der deutschen Polizei festgenommen worden. Der ins Ausland geflohene katalanische Unabhängigkeitsbefürworter wurde am Sonntagmorgen aufgrund eines europäischen Haftbefehls nahe der A7 auf dem Weg von Dänemark nach Deutschland in Gewahrsam genommen, wie die Polizei in Schleswig-Holstein mitteilte.

Lesen Sie hier unseren Kommentar zur Festnahme Puigdemonts.

Die spanische Regierung und Puigdemonts Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas bestätigten die Festnahme. Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas twitterte kurz nach der Festnahme folgendes:

Puigdemont war zuvor im finnischen Helsinki gewesen. Er habe sich auf dem Rückweg nach Belgien befunden, sagte Alonso-Cuevillas - dorthin hatte sich der Katalane nach den Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Regierung vom Oktober vergangenen Jahres abgesetzt. Die Regierung in Madrid teilte der Nachrichtenagentur AP mit, sie habe die offizielle Bestätigung der deutschen Behörden zu der Festnahme erhalten. Grundlage dafür sei der Haftbefehl, den das Oberste Gericht von Spanien ausgestellt hatte.

Auslieferung soll erwirkt werden

Die spanische Generalstaatsanwaltschaft erklärte, sie stehe in Kontakt mit ihren deutschen Amtskollegen, um eine Auslieferung Puigdemonts zu erwirken. In Spanien droht dem katalanischen Toppolitiker wegen Vorwürfen der Rebellion und anderer Vergehen jahrzehntelange Haft.

Aus spanischen Polizeikreisen verlautete, der spanische Geheimdienst und einheimische Polizeiagenten hätten der deutschen Polizei bei der Organisation der Festnahme geholfen.

Die Reaktionen auf die Festnahme fielen in Spanien unterschiedlich aus. Albert Rivera, der Vorsitzende der prospanischen Partei Ciudadanos, äußerte sich positiv. Die Justiz habe ihre Arbeit getan gegen jemanden, der versucht habe, eine europäische Demokratie zu zerstören und dabei Gesetze zu ignorieren, schrieb er auf Twitter.

Puigdemonts Anhänger brachten dagegen ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass Deutschland dem spanischen Auslieferungsantrag nicht nachkomme. Die katalanische Abgeordnete Elsa Artadi, die zum engen Umfeld von Puigdemont gezählt wird, twitterte: „Spanien garantiert keinen fairen Prozess, nur Rache und Unterdrückung.“

Internationale Haftbefehle beschlossen

Ein Richter des Obersten spanischen Gerichtshofs hatte am Freitag geurteilt, dass insgesamt 25 katalanischen Separatisten im Zusammenhang mit ihrem Einsatz für eine Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien wegen Rebellion, Veruntreuung und Ungehorsam der Prozess gemacht werden soll. Der Richter beschloss internationale Haftbefehle gegen sechs Katalanen, die flüchtig sind, darunter Puigdemont.

In Barcelona wollten im Laufe des Sonntags verschiedene Gruppen für oder gegen die Abspaltung von Spanien demonstrieren. Unabhängigkeitsbefürworter wurden aufgerufen, vom städtischen Büro der EU-Kommission zum deutschen Konsulat zu marschieren. Freunde eines Verbleibs in Spanien wollten sich vor dem Büro des für Katalonien zuständigen spanischen Regierungsgesandten versammeln.

Spanien war durch die Unabhängigkeitsbemühungen der Regierung von Puigdemont vor gut einem halben Jahr in die schwerwiegendste politische Krise der vergangenen drei Jahrzehnte gestürzt. Die katalanische Regionalregierung hatte das Gebiet in Nordosten des Landes nach einem verfassungswidrigen Referendum für unabhängig erklärt. Daraufhin setzte die Zentralregierung Puigdemont ab und löste das Parlament auf. Bei Neuwahlen gewannen separatistische Parteien gemeinsam zwar erneut eine Mehrheit, schafften es bisher aber nicht, einen neuen Regionalpräsidenten zu wählen.

Umfragen zeigen, dass die Katalanen zu etwa gleich großen Anteilen geteilter Meinung über eine Unabhängigkeit von Spanien sind. In der Region leben rund 7,5 Millionen Katalanen.