Regina Ziegler 2017 in Berlin bei einem Pressetermin zu „Weissensee“ Foto: dpa

Die Filmproduzentin Regina Ziegler hat sich als erste Frau in einer Männerdomäne behauptet. An diesem Freitag bekommt sie im schwäbischen Laupheim den Carl-Lämmle Preis für ihr Lebenswerk.

Stuttgart - Wenn eine bekannte Persönlichkeit einen Preis erhält, gibt es in der Regel nur lobende Worte. Das liegt in der Natur der Sache, erst recht, wenn es sich bei der Auszeichnung um eine Ehrung fürs Lebenswerk handelt. Nicht anders ist das bei Regina Ziegler, die an diesem Freitag im schwäbischen Laupheim mit dem von der Allianz deutscher Film- und Fernsehproduzenten gestifteten Carl-Laemmle-Preis gewürdigt wird. Über 500 Produktionen hat Ziegler-Film hergestellt, überwiegend fürs Fernsehen, aber auch fürs Kino, davon allein knapp fünfzig Dramen und Komödien mit Christine Neubauer („Die Landärztin“), die Serie „Weissensee“, zuletzt das Geiseldrama „Gladbeck“.

Und doch sind die Aussagen der Weggefährten mehr als nur eine pflichtschuldige Verbeugung. Aus den Würdigungen spricht neben dem Respekt vor einer Lebensleistung, auch ehrliche Bewunderung. Martin Moszkowicz, Vorstandsvorsitzender der Constantin Film, hebt Zieglers „unbändige Energie“ hervor, „ihre charmante Beharrlichkeit und die faszinierende Leidenschaft für ihren Beruf“, mit der sie sich vor 45 Jahren als erste Filmproduzentin Deutschlands durchgesetzt und ihr Unternehmen zu einem der führenden unabhängigen Produktionshäuser gemacht habe. Die Kollegin zeichne sich durch die Bereitschaft aus, „Grenzen zu überschreiten und das zu machen, was noch kein Produzent gemacht hat“.

Sie gilt als Frau, die mutig hohe Risiken eingeht

Moszkowicz, Vorsitzender der Preisjury, rückt Ziegler gar in die Nähe des Namensgebers Carl Laemmle, der mit seiner Firma Universal Pictures vor gut hundert Jahren Hollywood erfunden hat: Laemmles Motto habe „It can be done“ (Es ist zu schaffen) gelautet, und Zieglers Leitmotiv „Geht nicht, gibt’s nicht“ meine nichts anderes. Das bekräftigt auch Volker Herres, Programmdirektor des Ersten: „Wenn sie von einem Filmprojekt überzeugt ist, setzt sie alle Hebel in Bewegung, es umzusetzen, und geht dafür, falls nötig, mutig hohe Risiken ein.“ Ziegler sei „eine Filmschaffende, wie es sie nur noch selten gibt: mit Leib und Seele ihren Ideen verpflichtet. Sie ist ein Vorbild für die ganze Branche und setzt ihr immer wieder neue Maßstäbe.“

Heike Hempel, stellvertretende Programmdirektorin des ZDF, bewundert die Produzentin „für die Unerschrockenheit und die Leidenschaft, mit der sie ihren Beruf ausübt.“ Ziegler beherrsche das ganze Spektrum virtuos: „von der politischen Biografie über die High-End-Serie, den Kinofilm und die Krimireihe bis zum Liebesfilm und der Komödie“. Regisseur Friedemann Fromm, der für Ziegler die auch international preisgekrönten TV-Erfolge „Die Wölfe“ und „Weissensee“ gedreht hat, bezeichnet sie als „Energie pur“. Sie sei „ihren Projekten und Partnern gegenüber hundertprozentig loyal, was ja leider überhaupt keine Selbstverständlichkeit ist“. Sie liebe die Filme und das Leben „in vollen Zügen, und das macht es zu einem Genuss, mit ihr zu arbeiten“. Ziegler habe eine klare Haltung und sei zugleich offen und neugierig und lasse den Kreativen die Freiheit, die sie brauchten.

Mit 29 Jahren gründete Ziegler in Berlin ihr eigenes Unternehmen

Diese Klarheit vermittelt sich auch im persönlichen Gespräch. Regina Ziegler ist sicher nicht uneitel und bestimmt stolz auf ihre Lebensleistung, aber die Frage nach dem Stellenwert der mit 40 000 Euro dotierten Auszeichnung beantwortet sie mit Blick auf die ganze Branche: „Unter den vielen Filmpreisen in Deutschland ist der Carl-Laemmle-Preis die einzige Auszeichnung für Produzenten. Für meinen Berufsstand ist er damit so bedeutend wie der Nobelpreis. Unsere Arbeit wird ja nur selten wahrgenommen, geschweige denn gewürdigt, dabei gäbe es ohne Produzenten keine Filme.“

Zu Zieglers wichtigsten Kunden gehört die ARD-Tochter Degeto, für die sie neben vielen Freitagsfilmen auch anspruchsvolle zeitgeschichtliche Stoffe wie zuletzt „Gladbeck“ produziert hat. Für Christine Strobl ist Ziegler „bis heute eine der prägendsten Produzentinnen-Persönlichkeiten unseres Landes“. Die Degeto-Chefin erinnert daran, dass Ziegler als Frau zu einer Zeit Produzentin geworden sei, „in der Frauen in diesem Job eigentlich nicht vorkamen“. 1973, bestätigt Ziegler, „war es in der Tat unvorstellbar, dass eine Frau bei einem Fernsehsender eine leitende Position einnehmen könnte“. Sie war damals Redaktions- und Produktionsassistentin beim Sender Freies Berlin, als sie ihren späteren Ehemann Wolf Gremm kennenlernte. Der sagte ihr: „Du kannst doch viel mehr. Hier wirst du nie Karriere machen.“

Das war der Beginn einer nicht in jeder Hinsicht wundervollen Freundschaft. Ziegler gründete mit 29 Jahren in Berlin ihr eigenes Unternehmen. Das erste Projekt, Gremms Regiedebüt „Ich dachte, ich wäre tot“, finanziert mit geliehenem Geld von Freunden und Angehörigen, wurde mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet; Dutzende weiterer Auszeichnungen sollten folgen. Die Produzentin, mittlerweile 74, ist überzeugt, dass solche Karrieren auch heute noch möglich seien, allerdings schade es nicht, „wenn man mehr Vorkenntnisse mitbringt als ich damals“. Davon abgesehen müsse man sich „Ziele setzen und bereit sein, Risiken eingehen“. Und glaube niemand, der Erfolg falle einem in den Schoß: Ihre Arbeitstage dauern nach wie vor 12 bis 14 Stunden.