Lang ist es her: Alt-OB Manfred Rommel bei einem seiner legendären Fassanstiche vor der Fruchtsäule. Foto: dpa

Ist es nur noch ein Sauffest? Oder hat das Volksfest noch Bezüge zu seiner Historie, zur Stiftung als Erntedankfest? Zumindest den Traditionsmorgen gibt es dieses Jahr nicht mehr – das sind die Gründe.

Der Programmpunkt fehlt. Seit vielen Jahrzehnten fand samstags eine Eröffnung des Volksfestes statt. Zuletzt Traditionsmorgen genannt, mit Trachtengruppen, Blaskapellen und Fahnenschwingern. Das ist jenes letzte Fitzelchen an Historie, das an die Ursprünge des Volksfestes als Erntedankfest erinnert und daran, dass die Eröffnung ewig lang am Samstag vor der Fruchtsäule stattgefunden hatte – bevor Kaufleute und Fernsehschaffende vor 17 Jahren glaubten, das Fest strecken zu müssen und freitags beginnen zu lassen, besserer Quoten und Geschäfte wegen.

 
Traditionsmorgen vor der Fruchtsäule Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt/Christoph Schmidt

Von der Historie blieb der Traditionsmorgen vor der Fruchtsäule übrig, bis er ins Albdorf umziehen musste. Denn vor dem Wahrzeichen des Volksfests dürfen nicht mal mehr Klappstühle aufgestellt werden. Zu gefährlich sei dies, befand die Stadt. Nicht, dass die Besucher des Traditionsmorgens den Wartenden vor den Zelten in den Weg geraten.

Bisher hatten die ein oder andere aufgedirndelte Besucherin und der ein oder andere Besucher in lederner Wasenuniform vor dem Stillen des großen Durstes zumindest einige Häppchen der Volksfest-Geschichte mitbekommen und mal echte Trachten gesehen.

Und nun ist der Traditionsmorgen ganz weg. Er steht nicht mehr auf dem Kalender. Was ist passiert? Die Volksfest-Veranstalterin lässt ausrichten: „Beim Volksfest im Jahr 2023 durfte der Traditionsmorgen in der Tat aus Sicherheitsgründen (Klappstühle, Entfluchtung) nicht mehr an der Fruchtsäule stattfinden. Deshalb hatte man ihn ins Albdorf unter den großen Schirm gelegt. Das wäre auch für dieses Jahr eine Option gewesen. Allerdings hat der Volksfestverein, der den Traditionsmorgen traditionell ausrichtet, dieses Jahr keine Kapazitäten dafür.“

Gäste aus dem Schwarzwald beim Traditionsmorgen Foto: Lichtgut - Oliver Willikonsky/Oliver Willikonsky

Also Anruf beim Volksfestverein, der den Umzug am Sonntag, 29. September, ausrichtet, und bisher auch den Traditionsmorgen. Vorstandsmitglied Wulf Wager sagt, im Mai habe in.Stuttgart ausgerichtet, man könne den Traditionsmorgen nicht mehr finanziell unterstützen. Denn in.Stuttgart steuere schon 30 000 Euro zusätzlich zum Volksfestumzug bei, damit der überhaupt stattfinden konnte.

Aber ohne Zuschuss habe man den Traditionsmorgen nicht ausrichten könne, sagt Wager, denn die gut 5000 Euro Fahrtkosten und Verpflegung für die beteiligten Trachtengruppen habe man sich somit nicht mehr leisten können. „Wir haben die letzten beiden Jahre Verluste gemacht“, sagt er. Also war das Aus des Traditionsmorgens beschlossen, als in.Stuttgart sich Ende Juli nochmals gemeldet und etwas Geld versprochen habe. „Aber da war es zu spät, die Gruppen waren alle den Ferien, zudem schon verplant für den Herbst: Das war zu kurzfristig!“

Die Cannstatter Kanne fliegt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko/Lichtgut/Max Kovalenko

Für Wager und den Volksfestverein ist dies ein weiterer Beleg dafür, „dass die Tradition schwindet zu Gunsten des schnöden Mammon.“ Aber man werde dafür kämpfen, dass 2025 wieder ein Traditionsmorgen stattfinden könne.