Auf dem Wasen wird es wieder laut – das Frühlingsfest ist im Aufbau. Foto: Leif Piechowski

Das Volksfest ist noch immer zu laut. Damit gefährdet es sich selbst, denn alte und neue Anwohner könnten gegen den Rummel in den Zelten klagen. Die Veranstaltungsgesellschaft in Stuttgart will nach den jüngsten Lärmmessungen nun die Begrenzer für die Musik verplomben.

Das Volksfest ist noch immer zu laut. Damit gefährdet es sich selbst, denn alte und neue Anwohner könnten gegen den Rummel in den Zelten klagen. Die Veranstaltungsgesellschaft in Stuttgart will nach den jüngsten Lärmmessungen nun die Begrenzer für die Musik verplomben.

Stuttgart - Auf dem früheren Güterbahnhofgelände in Bad Cannstatt sollen in den nächsten Jahren rund 450 Wohnungen entstehen. Der neue Siedlungsschwerpunkt in der Landeshauptstadt ist aber nur machbar, wenn das Volksfest-Vergnügen auf dem Wasen leiser wird. Aus dem neuen Wohngebiet könnte bei zu hohen Lärmwerten ansonsten erfolgreich gegen den Rummel geklagt werden. Die von der Stadt als Lärmschutz entlang der Mercedes- und Benzstraße geplanten Bürohäuser allein helfen nicht. Bürgern, die dort bereits leben, steht die Klagemöglichkeit schon jetzt zu. Einer, der sie ergriffen hatte, ist verstorben.

Bei der jüngsten Lärmmessung 2013 wurde die Vorgabe für das Volksfest von 80 Dezibel (Mittelwert auf dem gesamten Gelände, entspricht Lkw-Verkehr) erneut nicht eingehalten. Der Mittelwert im Freien lag bei 81 bis 83 Dezibel. In den Zelten herrschen dann statt erlaubter 92 bis 96 bis zu 98 Dezibel. Je zehn Dezibel werden als Verdoppelung der Lautstärke empfunden. Lautsprecher waren zwar vor Festbeginn mit sogenannten Limitern auf den maximal zulässigen Wert einreguliert worden. In den Abendstunden und an den Wochenenden registrierten die Messgeräte aber an einigen Stellen eine teils deutliche Überschreitung der Vorgabe. Ob da jemand an den Limitern gedreht hatte?

Die Gutachter Heine und Jud raten, die Schallbegrenzer künftig zu verplomben oder zu versiegeln. Damit würden die Lautstärkeregler quasi festgeschraubt. Außerdem sollten die Anforderungen konkretisiert werden. Auch wäre der Einsatz von schalldämmenden Zeltplanen möglich. Die städtische Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart hat die Vorschläge in ihren Lärmschutzregelungen für Wirte und Schausteller aufgenommen. Sie gelten bereits beim Frühlingsfest ab dem 19. April.

„Es gibt konzeptionelle Änderungen und unpopuläre Maßnahmen“, sagt in.Stuttgart-Geschäftsführer Andreas Kroll. Zum Konzept zählt, dass weiterhin eine zweite Sanitätswache aufgebaut wird, damit das DRK weniger fahren muss und weniger Lärm durch die Warnhörner verursacht. Wer den Spaß im Zelt alkoholmäßig überzieht, wird übrigens nicht mehr mit Blaulicht über das Gelände chauffiert, sondern auf einer Trage geschoben. Extrem laut sind auch die Polizei-Martinshörner.

Weil die 80 Dezibel vor dem Festzelt Wilhelmer (Konzerte auf dem Zeltbalkon) und dem Almhüttendorf während des gesamten Volksfestes überschritten wurden, werden diese künftig anders aussehen müssen.

Die Gutachter sehen bei „konsequenter Einhaltung der gestellten Anforderungen“ noch „ein Minderungspotenzial von ca. 1 bis 2 dB(A)“. Das würde nicht ausreichen. „Es muss infrage gestellt werden, ob die erforderliche Minderung um 5 dB(A) erreichbar ist“, schreiben Heine und Jud im Bericht, der an diesem Freitag von den Stadträten im Wirtschaftsausschuss behandelt wird. Die Gutachter sprechen daher auch eine „Veränderung des Charakters des Volksfestes durch Verkleinerung und Verzicht auf laute sowie attraktive Fahrgeschäfte“ an. „Alles, was machbar ist, wird gemacht, wir sind uns der Tragweite sehr bewusst“, sagt Kroll.

Mit hohem Aufwand sei es möglich, Fahrgeschäfte zu versetzen. Im schlimmsten Fall müsse man aber auf sie verzichten. Schalldämmende Zeltplanen seien umstritten – und sehr teuer, weil sie die Statik der Zelte veränderten. Die Werte in den Festzelten seien handhabbar, glaubt Kroll, wenn nötig müsse man „schwarze Schafe“ bei den Schaustellern „aussortieren“.

„Wir haben größtes Interesse daran, die vorgegebenen Werte zu erreichen“, sagt Wirte-Sprecher Werner Klauss. Beim Volksfest ist er mit einem Dinkelacker-Zelt vertreten. Die schon eingebauten Limiter würden künftig verplombt, so dass die eingestellte Lautstärke nicht mehr überschritten werden könne. „Ich bin überzeugt, dass wir beim Volksfest die Vorgaben erreichen“, so Klauss. Die Festwirte hatten bei den Fraktionen des Gemeinderats vorgesprochen, um den geplanten Wohnungsbau zu verhindern. „Das Einfachste wäre, wenn er nicht käme“, sagt Klauss. Die Politiker (jüngst auch die CDU) hätten sich aber anders positioniert. Kein neuer Wohnungsbau wäre aber tatsächlich keine Lösung. Das weiß auch Klauss: „Die, die dort schon wohnen, sind jetzt ja auch sensibilisiert.“