Die ganz mutigen Wasenbesucher trauten sich ins 80 Meter hohe Kettenkarussell. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das 172. Cannstatter Volksfest erlebte einen Traumstart. Knapp eine Million Menschen nutzten am Wochenende das schöne Wetter zu einem Bummel über den Wasen.

Stuttgart - Der Mann war verwirrt. Plötzlich stiegen alle aus, selbst die Fußballfans an denen er sich orientiert hatte. „Stadium?“, fragte er radebrechend auf Englisch. Ins Stadion wollte er am Samstag zum Spiel des VfB gegen den FC Augsburg. Um 11 Uhr war er früh dran. Nun saß er allein in der Stadtbahn der Linie U 11, und kein Stadion in Sicht. „Here Volksfest“, erbarmte sich einer, schnappte den Mann, zog ihn aus der Bahn und sagte: „Now beer, football later.“ Und so entschwand der einsame Mann aus Indonesien inmitten einer Traube von VfB-Fans im Bierzelt. Vorher pflückten sie ihm noch die Preiszettel von seiner VfB-Montur, er hatte sich offenbar zuvor komplett neu ausgestattet mit Trikots, Hose, Schal und Käppi.

Er war früh dran, aber wahrlich nicht der Erste. Bereits um 9 Uhr standen die ersten vor den Zelten, um ganz sicher einen Platz auf einer Bierbank zu bekommen. Und tatsächlich öffneten viele Betriebe bereits vor 11 Uhr. Bis zum späten Abend brummte der Laden. Dazu trug natürlich bei, dass die Fußballfans zum Vorbereiten und Nachbereiten des Spiels auf den Wasen kamen. Und auch am Sonntagmorgen konnten es die Ersten kaum erwarten, auf dem Weg zum Frühschoppen schreckten sie auch Schlangen nicht.

Veranstalterin hoch zufrieden mit dem Auftakt

Kein Wunder, dass die Veranstaltungsgesellschaft in. Stuttgart ein zufriedenes Fazit des Auftakt-Wochenendes zog. „Wir sind wirklich froh und glücklich über diesen gelungenen Volksfestauftakt. Die drei Tage am ersten Wasen-Wochenende waren einfach traumhaft und die Stimmung auf dem Fest bestens“, sagte Andreas Kroll, Geschäftsführer von in.Stuttgart . „So kann es von uns aus gerne bleiben und weitergehen“, hofft er.

Knapp eine Million Besucher kamen von Freitag bis Sonntag auf das Festgelände. Wer es trotz alller Warnungen mit dem Auto versucht hatte, brauchte vor allem nachmittags viel Geduld. Immer wieder stockte am Samstag und Sonntag der Verkehr rund um den Wasen. Dazu trug am Samstag sicher bei, dass auch viele bayerische Schwaben aus Augsburg auf den Wasen gekommen waren.

Auch am Freitag, dem ersten Tag des Rummels, war der Besuch ordentlich. Bisher war das Publikum da recht zögerlich gewesen. 2007 wollte man ja das Volksfest ganz groß herausbringen, live im Fernsehen. Also begann man freitags mit dem Rummel, öffnete den Festplatz um 15 Uhr und stach das erste Fass um 20.30 Uhr an, auf dass die Eröffnung dem Fernsehzuschauer mundete. Doch das Konzept funktionierte nicht, sieben Jahre lang flickte man daran herum, um 2014 zu beschließen: Das Volksfest beginnt mit dem Fassanstich. Um 15 Uhr. Aber weiter am Freitag. Die Besucher allerdings hatten das noch nicht verinnerlicht. Die Massen strömten erst am Samstag.

Der Freitag wird besser angenommen

Heuer allerdings waren am Freitag mehr Menschen auf dem Platz. Vielleicht auch bedingt durch die Tatsache, dass nach lausigem Wetter erstmals wieder richtig die Sonne schien. Doch warum auch immer, „es scheint, der Freitag wird allmählich angenommen“, freute sich Festwirt Armin Weeber, auch wenn es in den Zelten noch Plätze gegeben habe.

Das war am Samstag und Sonntag anders, und so freuten sich die Wirte über voll besetzte Zelte. Selbst die sonst so skeptischen Schausteller waren zufrieden. „Sehr gut, super“, freute sich Mark Roschmann, Vorsitzender des Schaustellerverbands Südwest. Natürlich sei die Ertragslage je nach Branche unterschiedlich, mit seinen Kinderfahrgeschäften brauche er freitags eigentlich nicht aufzumachen, „aber wir sind eine Solidargemeinschaft“, und samstags und sonntags seien viele Familien auf dem Platz gewesen. Da kam auch er auf seine Kosten. Sein Fazit: „Wenn der Mensch ein bisschen was verdient, dann ist er zufrieden.“

Auch die Polizei wollte die Freude nicht trüben. Sie verzeichnete keine besonderen Vorkommnisse, „es ist relativ ruhig“.