Großer Andrang beim Cannstatter Volksfest. Foto: Lichtgut - Oliver Willikonsky

Das 172. Cannstatter Volksfest geht am Sonntag zu Ende. Die Bilanz fällt erfreulich aus. Mit gut vier Millionen Besuchern kamen so viele Menschen wie im Vorjahr. Die Zahl der Straftaten sank um 16 Prozent.

Stuttgart - Der Blick auf die Wettervorhersage gehört für Schausteller zum morgendlichen Ritual wie der Kaffee. Meistens strahlte ihnen heuer die Sonne entgegen, doch am Donnerstag blinkte ein Wort auf, das sie ziemlich nervös machte: Unwetterwarnung. Orkan Xavier war im Anmarsch. Sie erinnerten sich daran, dass 2015 die Düsseldorfer Rheinkirmes wegen einer Sturmwarnung samstags geschlossen blieb, obwohl das Unwetter letztlich vorbeizog. Ein wirtschaftliches Desaster für die Beschicker. In Stuttgart gab es aber kein Ungemach: Xavier tobte sich im Norden aus, schickte zwar einige Böen vorbei, aber die hielten den Betrieb nicht an. Selbst der 80 Meter hohe Kettenflieger drehte sich wie immer .

Festwirte sind zufrieden

Nichts störte heuer den Betrieb auf dem Volksfest. Und so zeigten sich alle Beteiligten äußerst zufrieden mit dem Verlauf und dem Ertrag des 172. Cannstatter Volksfests. „Wir haben eine sehr sehr schöne Wasenzeit erlebt“, sagte Andreas Kroll, Chef der Volksfest-Veranstalterin in.Stuttgart, „wenn das Wetter weiter mitspielt, werden wir vielleicht am Ende 4,1 Millionen Besucher auf dem Platz gehabt haben.“ In den vergangenen zehn Jahren schwankte die Zahl der Besucher zwischen 3,8 und 4,2 Millionen Besuchern. Geschätzt, wohlgemerkt.

Sehen Sie im Video eine Bilanz unseres Wasen-Reporters Frank Rothfuß:

Kroll: „Die Zahl ist sehr stabil, das heißt, wir sind mit dem Fest auf einem guten Weg.“ So sehen das auch die Wirte. Werner Klauss, Festwirt im Dinkelacker-Zelt und Sprecher der Festwirte, sagt: „Die Ergebnisse bei den Kollegen schwanken: Bei manchen liegt das Ergebnis höher, bei manchen niedriger als im Vorjahr.“ Aber insgesamt bewege man sich bei den Umsätzen auf dem Vorjahresniveau. „Und damit sind wir sehr zufrieden. Man kann nicht davon ausgehen, dass die Umsätze ständig steigen, im Gegenteil, wir sind froh, wenn wir sie stabil halten.“

Boxautos sind wieder gefragt

Bei den Schaustellern machte sich das schöne Wetter natürlich bemerkbar. Nachdem der Trend jahrelang nicht gerade der Freund der Karussellbetreiber war mit rückläufigen Geburtenzahlen und Einführung der Ganztagsschule, „sehen wir dieses Jahr wieder viele Familien auf dem Platz“, sagt Linda Brandl vom Verband der Marktkaufleute und Schausteller. Das merken die Kinderfahrgeschäfte, aber auch die Klassiker wie Boxautos, Losbuden und Schießbuden. „Da war das Geschäft die letzten Jahre eher schwierig“, sagt Mark Roschmann vom Dachaustellerverband Südwest, „doch nun geht es wieder aufwärts.“ Sein Bruder lässt Boxautos fahren, und das habe sich wieder zum Treffpunkt für Jugendliche entwickelt.

Wäre Thomas Engelhardt, Leiter der Wasenwache, „ein DAX-Vorstand, dann müsste ich jetzt zurücktreten“. Denn er hatte sinkende Zahlen zu verkünden. 677 Straftaten sind ein „sehr erfreulicher“ Rückgang um 16 Prozent. Die Attacke von vier Männern und drei Frauen vor einem Zelt am Sonntagabend auf Ordner und Polizisten sei keineswegs alltäglich, sondern ein Ausreißer gewesen. Die Zahl der Körperverletzungen sank um 15 Prozent auf 184, die Zahl der gefährlichen Körperverletzungen, also Schlägereien etwa mit Maßkrügen, um die Hälfte auf 44.

Die Sanitäter und Ärzte verzeichneten 1000 Hilfeleistungen

Was allerdings gestiegen ist, sind die Angriffe auf Polizeibeamte. Man verzeichnete 50 Attacken. Die Erklärung für diesen Anstieg wie für das Sinken der Straftaten insgesamt, ist für Engelhardt dieselbe: Die Zahl der Polizisten ist gestiegen. Das wirkt abschreckend, durch die umfangreichere Videoüberwachung sei man schneller am Ort des Geschehens, aber eben auch früher mittendrin in einer Auseinandersetzung.

Die Sanitäter und Ärzte des Roten Kreuzes leisteten in gut 1000 Fällen Hilfe, vom Pflaster bis zum Einsatz des Notarztes. Das sind ähnlich viele wie im Vorjahr. Doch auch hier gibt es eine gute Nachricht. Nur noch in 74 Fällen musste der Krankenwagen ausrücken, im Jahr 2016 waren es noch 90 Fälle, 2013 sogar 110 Fälle.