OB Fritz Kuhn sticht das erste Fass des 173. Cannstatter Volksfests an. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Dieses war der zweite Streich. Nach dem Historischen Volksfest auf dem Schlossplatz hat nun auch der Jubiläumsrummel auf dem Cannstatter Wasen begonnen. Und OB Fritz Kuhn enthüllte einen Geheimplan.

Stuttgart - Es muss ein schöner Samstag werden. Zumindest, wenn man VfB-Fan ist und Stuttgarts OB Fritz Kuhn glaubt. Der hatte angekündigt, der VfB werde gegen Werder Bremen so viele Tore schießen, wie er Schläge brauche, um das erste Fass des Festes anzustechen. Was soll man sagen? Vier gewinnt. Der Wasenhocker ist gespannt, ob Kuhn als Prophet taugt. Sollte das klappen, werden sie beim VfB jede Woche ein Fässle ins Rathaus tragen, auf dass das Zapfhahn-Orakel tage. Finanzvorstand Stefan Heim war ja Zeuge im Schwabenbräu-Zelt von Michael Wilhelmer, dafür wird er schon ein bisschen Geld übrig haben. Das kommt allemal billiger als ein Trainerwechsel.

Wo war Kretschmann?

Apropos Chefs. Der des Landes war nicht da. Der Wasenhocker vermisste Winfried Kretschmann. Sonst ein treuer Gast und dem ersten Schluck nicht abgeneigt, fehlte der Ministerpräsident am Freitag bei der Eröffnung des 173. Cannstatter Volksfests. Ausgerechnet beim 200-Jahr-Jubiläum. Warum das so war? Nun, Moderator Michael Antwerpes glaubte zu wissen, Kretschmann „ist erkrankt“. Stellvertreter und Innenminister Thomas Strobl sagte indes, ein Tornado habe den Rückflug Kretschmanns aus Nordamerika verzögert. Das stimmt, war aber vor sechs Tagen. Offenbar redet man in der Koalition nicht arg viel miteinander.

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Auf welchen Wegen auch immer, einige Worte Kretschmanns hatten Strobl dann doch erreicht. Der Landesvater habe ausrichten lassen, er solle seinen Auftritt ruhig etwas konservativer gestalten, das seien die Leute von ihm, Kretschmann, gewohnt. Deshalb beließ es Strobl bei seinem äußerst korrekten „Dienst-Trachtenanzug“. Er habe auch noch eine kurze, „sehr kurze Lederhose, aber die habe er lieber im Schrank gelassen“. Der Wasenhocker vermutet eher, da hatte seine Gattin das letzte Wort.

Münchner Rechenspiele

Natürlich darf es keine Volksfest-Eröffnung geben ohne Seitenhieb gegen München. Strobl rechnete flugs vor: München hat eine Million Einwohner, aufs Oktoberfest kommen sechs Millionen Menschen, das sind nach Adam Riese sechsmal mehr. Stuttgart hat 600 000 Einwohner, aufs Cannstatter Volksfest kommen 4,2 Millionen Menschen, das sind siebenmal mehr. Daraus folgt, so Strobl, „Stuttgart ist das größte Volksfest der Welt“. Der Mann muss Finanzminister werden, findet der Wasenhocker, der kann ganz gewiss jeden Haushalt schön rechnen.

Das Moderatorenpaar

Moderator Michael Antwerpes hatte auch noch einen. Angesichts der Krise der CSU spreche man heuer beim Oktoberfest von der Kries’n. Die Moderatoren hatte der SWR im 200. Jahr des Volksfests mal nicht aus der volkstümlichen Abteilung des Senders geholt. Auf Sonja Faber-Schrecklein und Hansy Vogt folgten Michael Antwerpes und Steffi Haiber. Das sind ganz neue Karrierewege beim Landessender: erst Sportchef, Moderator für Biathlon und Olympia, erst Nachrichtensprecherin, – und dann als Krönung die Eröffnung des Jubiläums-Volksfestes. Höher hinaus geht es nicht.

Einer geht noch. Aller guten Dinge sind drei: Morgen um 10 Uhr wird das Landwirtschaftliche Hauptfest eröffnet. Die Agrarmesse gleich neben dem Volksfest ist ja der Ursprung der Festivitäten. Und so mancher Städter wird staunen: Eine Woche lang ist Stuttgart der größte Bauernhof des Landes.

Ein längeres Volksfest?

Kuhn war ziemlich tatkräftig. Und er machte dem Wasenhocker etwas Angst. Erinnerte er doch kurz an die Geschichte des Festes, das von König Wilhelm I. 1818 gegründet wurde als Erntedankfest nach verheerenden Kriegen und einer furchtbaren Hungersnot. Vor genau 200 Jahren war das. Deshalb feiert man ja mit dem Historischen Volksfest auf dem Schlossplatz und dem Cannstatter Volksfest auf dem Wasen gleich zweimal. Also sprach Kuhn: „Damals, 1818, feierte man einen Tag, heute sind es drei Wochen.“ Da musste der Wasenhocker schlucken. Bisher wusste er nur von 17 Tagen, es gibt da offenbar einen Geheimplan im Rathaus. So abwegig ist das gar nicht. Einst wurde das „Landwirthschaftliche Fest zu Kannstadt“ an einem Tag gefeiert, am 28. September, dem Geburtstag von König Wilhelm I. Dann entdeckte man das Geld, das zu verdienen war. Und das Volksfest dauerte immer länger. Drei Tage, vier Tage, um 1920 wurde es auf fünf Tage verlängert. Nach dem Zweiten Weltkrieg und mit wachsendem Wohlstand wurden erst zehn Tage, dann zwölf Tage gefeiert. 1972 dehnte man das Volksfest auf 16 Tage aus. 2007 zog man die Eröffnung auf Freitag vor, da war man schon bei Tag 17 angelangt.

Vielleicht war es ja nur ein Versprecher des OB, aber der Wasenhocker wird ganz genau hinschauen, ob am Sonntag, 14. Oktober, wirklich Schluss ist.