Friederike van der Geer (li.) und Christine Volk-Buhrs in der Parfümerie Haag. Foto: if

Die Cannstatter Parfümerie Haag schließt nach 132 Jahren. Einst hatte sie sogar 12 Filialen. Jetzt endet die Unternehmensgeschichte am 30. Juni.

Bad Cannstatt - Ein altes Traditionsunternehmen hört auf: Nach 132 Jahren Familienunternehmen gibt die Drogerie Haag in Bad Cannstatt ihren Geschäftsbetrieb auf. Die Parfümerie-Drogerie Haag stellt am 30. Juni für immer ihren Geschäftsbetrieb ein. Damit geht eine 132 Jahre alte Tradition als Familienunternehmen in der vierten Generation zu Ende.

In vierte Generation aktiv

Die geschäftsführenden Geschwister Christine Volk-Buhrs und Friederike van der Geer schließen die Parfümerie in der Marktstraße respektive der Spreuergasse aus Altersgründen. „Eine Ära geht mit uns zu Ende. Wir sind aber froh und dankbar, die Tradition des Familienunternehmens weitergeführt zu haben. Viele schöne Erinnerungen, aber auch Erinnerungen an harte Zeiten, die der Einzelhandel mit sich gebracht hat, begleiten uns in den Ruhestand. Aber jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um uns zur Ruhe zu setzen“, sagen Volk-Buhrs und van der Geer. Die Zwillingsschwestern werden dieses Jahr 69 Jahre alt. Im Alter von 65 wollten sie noch nicht aufhören. Jetzt kümmern sie sich noch um den Ausverkauf, dann gehen sie in den Ruhestand. Sie sind im Geschäft groß geworden, das einst zwölf Filialen zählte, auch außerhalb Stuttgarts. Beide haben sie die Ausbildung zur Drogistin, Kosmetikerin und Parfümerie-Einzelhandelskauffrau abgeschlossen und viele Lehrlinge ausgebildet. „Wir sind im klassischen Geschäftshaushalt groß geworden mit einem Hausfaktotum“, erinnern sie sich. Ihre Mutter, die heute 95 Jahre alt ist, versteht den Schritt. Sie war bis 1986 im Geschäft und dann „aktive Großmutter“ für die drei Enkel. „Viele Kunden sind traurig“, erzählen die eineiigen Zwillinge, die in Stuttgart geboren und jetzt seit 51 Jahren gemeinsam tätig sind.

Die Firmengeschichte beginnt 1886 mit Wilhelm Haag, der die so genannte Spezereiwarenhandlung gegründet hat. Nach dessen Tod übernahm dessen Tochter Emma Haag mit ihrem Mann Alfred Volk den Betrieb, bis deren Sohn Eberhard Volk 1946 die Leitung übernahm. Lucie Volk führte nach dem Tod ihres Mannes 1972 den Betrieb, bis sie nach dem 100-jährigen Jubiläum 1986 die Parfümerie-Drogerie Haag an ihre Töchter Christine Volk-Buhrs und Friederike van der Geer übergab.

Auch bei Giftunfällen im Einsatz

Der Betrieb veränderte sich im Laufe der Jahrzehnte. Die einstige Spezereiwarenhandlung, die Gewürze und Mineralien aus aller Welt verkaufte und bis zur Generalsanierung in den 50er- Jahren eine Kaffeerösterei betrieb, verkaufte von 1956 bis 1986 Drogerieprodukte und zunehmend Parfümerie- und Kosmetikartikel in zwölf Filialen. Nach 1986 wurde die klassische Drogerie als Parfümerie mit Kosmetiksalon von zwei der insgesamt fünf Kinder von Lucie und Eberhard Volk, Christine Volk-Buhrs und Friederike van der Geer, in der Marktstraße und die letzten vier Jahre in der Spreuergasse betrieben. Die Zwillingsschwestern haben viele schöne Erinnerungen: „Es war hochspannend, abwechslungsreich und arbeitsintensiv.“ Ihr Vater war Fach-Drogerist. Bei ihm gab es auch Farben, Chemikalien und Drogen, so nannte man damals die verschiedenen Tees. „Unser Vater wurde auch vom Gesundheitsamt angerufen, wenn es Giftunfälle gab.“ Auch sie mussten die Giftprüfung ablegen. Wenn die Parfümerie Haag in der Marktstraße 12, Eingang Spreuergasse, schließt, zieht eine Kaffeerösterei ein, berichten die Zwillingsschwestern.