Auf dem Gelände des Güterbahnhofs in Bad Cannstatt neben dem Neckarpark sollen Häuser, Hotels und Büros entstehen. Foto: dpa

Beim Bad Cannstatter Güterbahnhof sollen Häuser und Hotels entstehen - Bangen ums Volksfest.

Stuttgart - Die Idee ist bestechend. Gleise raus, stattdessen will man Häuser, Büros und Hotels bauen. Nein, es geht nicht um Stuttgart 21. Sondern um den alten Güterbahnhof in Bad Cannstatt neben dem Neckarpark. 22 Hektar groß ist das Gelände. Was dort entsteht, darum wird derzeit gerungen und gestritten.

Das Gelände zwischen dem Neckar und den Cannstatter Gleisanlagen ist eines der größten Entwicklungsgebiete in der Stadt. Derzeit kennt man es vor allem als gigantischen Parkplatz. Wer aufs Volksfest will, kann sein Auto dort abstellen. Doch gekauft hat es die Stadt wegen hochtrabender Pläne und Träumen von Weltruhm. Für die Bewerbung um die Olympischen Spiele hatte sie Interesse an der Fläche des früheren Güterbahnhofs zwischen Daimler-, Mercedes- und Benzstraße gezeigt. Nach über 100 Jahren Bahnbetrieb kaufte sie die alten Gleise und Lagerhallen im Jahr 2001 für 40,6 Millionen Euro.

Das olympische Dorf braucht man nach dem Fiasko bei der Bewerbung für die Spiele 2012 nicht mehr. Statt Athleten aus aller Welt sollen nun dort Stuttgarter wohnen. Wie viele, da ist man sich noch nicht einig. 400 bis 650 Wohnungen könnten es sein. Ist doch prima in einer Stadt, in der die Mieten kaum bezahlbar sind? Finden Schausteller und Konzertveranstalter im Prinzip auch.

Dienstleistungszentrum an der Daimlerstraße

Aber sie weisen darauf hin, dass es dort laut ist. Frühlingsfest, Volksfest, VfB-Spiele, Konzerte auf dem Wasen, Veranstaltungen in den Hallen mitsamt dem nötigen Lieferverkehr. Sie fürchten nun, dass die neuen Bewohner nach dem Einzug klagen und Musik und Feste nicht mehr geduldet werden. Was das alles an Einschränkungen mit sich bringt, wissen die Anwohner im Quartier am Veielbrunnenweg aus eigener leidvoller Erfahrung.

Laut Vorstellungen der Stadt sollen den Lärmschutz Gebäude entlang der Mercedesstraße bringen. Zunächst soll ein Dienstleistungszentrum an der Daimlerstraße entstehen. Die Münchner Firma Doblinger plant an der Ecke Daimler- und Reichenbachstraße Büros, das Deutsche Rote Kreuz in der Nähe ein Gebäude für Generationenwohnen.

An der Daimlerstraße bis zum Abzweig Benzstraße sind zwei Hotelblöcke mit 450 Zimmern vorgesehen. Auch sie Teil eines Schutzschirms vor den Wohnungen, ebenso wie weitere Gewerbeflächen. Insgesamt sollen im Neckarpark 65.000 Quadratmeter Gewerbefläche entstehen. Auch Ikea hat bereits sein Interesse an einem Möbelmarkt bekundet.

Quartierspark in Richtung Bahngleise

Zur Neuordnung des Gebiets zählt auch, der sich um die Schleyerhalle windenden Benzstraße eine neue Richtung zu geben. Sie soll so viel Abstand zur Halle halten, dass dazwischen eine große Aktionsfläche möglich wird. Wenn die Benzstraße ihren neuen Knick erhält, ist auch Platz für ein Sportbad mit 50-Meter-Becken.

Zudem soll sich ein Quartierspark von der Daimlerstraße quer in Richtung Bahngleise erstrecken. Das Wohngebiet zwischen der verlegten Benzstraße und den Gleisen würde von Letzteren durch einen lärmschluckenden Grünzug getrennt.

Ein Mitmach-Museum zum Thema Mobilität hat OB Wolfgang Schuster schon vor Jahren gefordert. Nun könnte Porsche sich bei Planung, Bau und Betrieb des Hauses engagieren. Schuster hofft auf eine Zusage bis zum Jahresende. Dass in städtischer Regie in Bad Cannstatt das Planetarium neu gebaut wird, ist für ihn gesetzt.

Info: Die Stuttgarter Nachrichten veranstalten am Montag, 10. Oktober, zu diesem Thema eine Podiumsdiskussion: von 19 Uhr an im Stadtarchiv am Bellingweg in Bad Cannstatt. Mit dabei: Baubürgermeister Matthias Hahn, Bezirksvorsteher Thomas Jakob, Armin Michaely, Expansionschef von Ikea, Volker Weber, Chef des Landesverbands der Schausteller und Marktkaufleute, sowie Paul Woog, Geschäftsführer beim Konzertveranstalter SKS Russ.

Die Teilnahme ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht nötig. Im Anschluss an eine Gesprächsrunde mit Jörg Hamann, Ressortleiter Stuttgart und Region der Stuttgarter Nachrichten, sowie Redakteur Frank Rothfuß kann das Publikum Fragen an die Experten stellen.