Im ersten Stock befindet sich die neue Geschäftsstelle des Landesverbands. Foto: B. Haag

Die neue Geschäftsstelle des Landesverbands Amateurtheater ist in der Brunnenstraße.

Bad Cannstatt - Den Horizont zu erweitern und die Qualität zu steigern, das sind nur zwei Ziele von vielen, für Rolf Wenhardt aber die wichtigsten. „Es ist unglaublich, welch gute Leistungen viele Laien auf der Bühne zeigen“, sagt der Vorsitzende des Landesverbands Amateurtheater. Der laut Wenhardt mit zurzeit 615 Bühnen größte Landesverband unterstützt seine Mitglieder dabei durch Seminare beispielsweise in Sprecherziehung, Schminken, Grundlagen des Schauspiels oder der Öffentlichkeitsarbeit. Das Netzwerk hilft Amateurtheatergruppen aber auch bei Fragen rund um die Themen Urheberrecht, Steuerrecht und Versicherungsschutz, vermittelt bei Bedarf Kontakte zu Anwälten oder Lohnsteuerbüros und berät die Bühnen bei der Vergabe von Fördergeldern, welche der Verband im Auftrag des Landes vergibt.

Sämtliche dieser Aufgaben und noch mehr wurden bisher fast ausschließlich ehrenamtlich gestemmt – und für den Präsidenten, der in Neckartailfingen wohnt, damit so etwas wie ein zweiter Beruf. Bis zu 60 Stunden im Monat hat Rolf Wenhardt in den vergangenen Jahren im Büro für den Landesverband Amateurtheater verbracht und rund 130 Termine pro Jahr im ganzen Land wahrgenommen. Er habe dies aber nie als Last empfunden: Vor allem die Repräsentationstermine seien für ihn immer eine Kür und niemals eine lästige Pflicht gewesen. Dennoch steht der 65-Jährige nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Wahl. „Ich merke, dass ich nicht mehr genug Power habe“, sagt Wenhardt. Es sei Zeit für einen Generationswechsel. „Die jungen Leute wissen doch am besten, was ihre Altersgenossen bewegt.“

Seine designierte Nachfolgerin sowie die vier Vizepräsidenten seien allesamt zwischen 30 und 50 Jahre alt und sollen im Oktober ins Amt gewählt werden. Als ehrenamtliche Verbandsführung wird das Präsidium dann die Inhalte vorgeben, welche von hauptamtlich Beschäftigten umgesetzt werden. 1,75 Stellen sowie eine Bundesfreiwilligendienst-Stelle wird es künftig in der neuen Geschäftsstelle in Bad Cannstatt geben. Möglich wird dies durch einen institutionellen Zuschuss des Landes in Höhe von 64 000 Euro pro Jahr sowie eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge, welche dem Verband rund 25 000 Euro jährlich in die Kassen spülen wird. Am Montag beziehen die Mitarbeiterinnen ihr neues Büro an der Brunnenstraße 5.

Auf der Suche nach einem zentral in der Landeshauptstadt gelegenen Standort sei der Landesverband Amateurtheater durch einen glücklichen Zufall auf die Räume in der Altstadt gestoßen. Auf 100 Quadratmetern finden dort nicht nur Arbeitsplätze und eine Teeküche, sondern auch ein großer Besprechungsraum Platz. Mit dem Umzug nach Bad Cannstatt will der Verband einerseits die Geschäftsstelle unabhängig vom jeweiligen Präsidenten machen und andererseits eine Zentrale für das Amateurtheater in der Landeshauptstadt schaffen: „Die Geschäftsstelle wird das Zentrum der Führungskräfte sein, in dem die Entscheidungen fallen“, sagt Wenhardt. Er rechne nicht mit allzu viel Publikumsverkehr, wohl aber damit, dass der Verband mit der Geschäftsstelle auch ein Stück mehr Identität erhalten werde.

ZAHLEN UND FAKTEN

Geschichte
1920 gründeten neun Theatervereine in Untertürkheim den Reichsbund für Volksbühnenspiele Berlin, Gau Württemberg. Von 1938 ruht die Arbeit, 1951 gründeten sechs Bühnen den baden-württembergischen Landesverband für Volksbühnenspiel. 1972 fusionierte dieser mit dem Arbeitskreis Spiel und Theater Nordbaden zum Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg.

Mitglieder
2013 zählt der Verband 615 Mitglieder, darunter Freilicht-, Figuren- und Mundarttheater. Erstmals wird in diesem Jahr der Landesamateurtheaterpreis verliehen.