Legaler Verkauf von Cannabis ist in manchen Ländern, wie hier im US-Bundesstaat Nevada, schon möglich. In Deutschland wird eine kontrollierte Abgabe in Apotheken diskutiert. Foto: AP

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Erwin Rüddel, will eine kontrollierte Abgabe in Apotheken an Erwachsene testen. Bislang wird das von der CSU noch blockiert.

Berlin - Am harten Widerstand der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag sind seit vielen Jahren alle Versuche aus anderen Parteien gescheitert, den Cannabis-Konsum generell zu liberalisieren. Dabei haben sich aber zuletzt immer mehr Stimmen für einen moderateren Kurs ausgesprochen. Nun meldet sich jemand zu Wort, der aufgrund seiner Position durchaus in der Lage ist, die Gewichte in seiner Partei zugunsten eines ersten Schrittes in Richtung Cannabis-Freigabe zu verschieben.

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, der rheinland-pfälzische Abgeordnete Erwin Rüddel, macht sich für einen Modellversuch stark. Er schlägt vor, „in einem kontrollierten Versuch Cannabis in Apotheken an registrierte Nutzer über 18 Jahren abzugeben“, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert. Der Versuch solle regional begrenzt durchgeführt werden. Dabei müsse Sorgfalt bei der Auswahl walten. „Berlin oder die Gegend an der holländischen Grenze wären sicher nicht der geeignete Standort“, sagt Rüddel.

Reise nach Uruguay gab Impuls für den Vorstoß

Der CDU-Politiker gibt an, dass eine Reise nach Uruguay bei ihm den Impuls für seinen Vorstoß ausgelöst habe. In dem Land wird seit einiger Zeit Cannabis kontrolliert in Apotheken abgegeben. „Ich bin mit Bedenken dorthin und sehr nachdenklich zurück gekommen“, berichtet Rüddel. Ein Ergebnis des Experimentes in Uruguay sei nämlich gewesen, „dass der Schwarzmarkt weitgehend zusammengebrochen ist, und dort, wo es ihn noch gibt, reinerer Stoff angeboten werde, da er ja in Konkurrenz zu den offiziell in Apotheken abgegebenen Cannabis steht“.

Rüddel will mit seinem Vorschlag eine scheinbare Endlos-Debatte zu einem Ergebnis führen. „Wir diskutieren das Thema seit Jahren – und immer mit denselben Argumenten“, sagt er. In einem Modellversuch könnte man nun eigene und auf die hiesigen Umstände zugeschnittene Daten gewinnen.

Der Gesundheitspolitiker sieht in dem Vorschlag auch eine Brücke hin zu anderen Parteien. Schließlich hat die FDP schon Anfang des Jahres einen sehr ähnlichen Vorschlag im Parlament präsentiert. Allerdings muss er weniger die politischen Mitbewerber überzeugen als die Skeptiker in den eigenen Reihen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), ist schon qua Amtes eine Gegnerin jeder Liberalisierung. Aber auch CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger hält von einer Kurskorrektur nichts. Ihm sei das Argument „nicht plausibel“, dass die Legalisierung zu weniger Konsum führe, sagte er unserer Zeitung. „Wenn etwas legalisiert wird, führt das zu höherer Akzeptanz.“ Es werde eben „einfacher, an die Droge zu kommen“.

SPD zeigt sich über die Wende erfreut

Rüddel hält die Widerstände für überwindbar. „Ich halte es für möglich, dass sich in dieser Wahlperiode endlich etwas tut“, sagte er. Die SPD ist über die Wende in der Union erfreut. „Modellprojekte mit begleitenden Präventionsangeboten und einem Abgabesystem mit klaren Jugendschutzregelungen können uns die nötigen Rückschlüsse für ein bundesweites System kontrollierter Abgabe ermöglichen“, sagte Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.