Farbenfrohe Performance: die Band Calexico im Wizemann Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die amerikanische Band Calexico hat im ausverkauften Wizemann ihren Americana- und Tex-Mex-Sound präsentiert. In schlechten Momenten klingen ihre Songs ein bisschen nach Spaghetti-Western, aber dann machen sie mit reinrassigem Desert-Rock alles wieder gut.

Stuttgart - Calexico, das sind ja quasi zwei Bands in einer. Hier die umwerfend gute Americana-Band, die ihre beiden Köpfe Joey Burns und John Convertino vor auch schon wieder mehr als zwanzig Jahren als Abspaltung von Howe Gelbs ebenfalls umwerfend guter Americana-Band Giant Sand gebildet haben. Und dort die Tex-Mex-Band, die zwar weder aus Texas noch (wie der Bandname vermuten lassen könnte) aus Kalifornien stammt, sondern aus Arizona – die aber doch als stilbildend für die Paarung von Conjunto, Cumbia, Mariachi und Desert-Rock steht, einer Fusion amerikanischer Klänge mit jenen der südlichen Nachbarn, also buchstäblich für grenzüberschreitende Musik.

„The Thread that keeps us“ heißt, ebenfalls buchstäblich unüberhörbar als Referenz an Donald Trumps Mauerbaupläne, das aktuelle Calexico-Album. Dieses hat die Band nun am Mittwochabend auf ihrer aktuellen Tournee im Stuttgarter Wizemann vorgestellt. Der Saal ist ausverkauft, nach dem nahezu ausverkauften Konzert vor zwei Jahren an gleicher Stelle und dem sehr gut besuchten Auftritt vor fünf Jahren auf dem Killesberg ist das ein schönes Zeichen der Wertschätzung für Burns und Convertino im Allgemeinen und als Plädoyer für Qualitätsmusik im Besonderen.

Das Publikum durfte sich eine Songliste wünschen

Vorab konnte das Publikum – und das ist höchst originell – per Internet für jedes einzelne Konzert eine Wunschsongliste an die Band übermitteln. Ob sie sich daran gehalten haben, bleibt ihr süßes Geheimnis, im Gegensatz zum letzten Gastspiel haben Calexico diesmal jedenfalls den Tex-Mex-Januskopf in den Vordergrund gestellt.

Convertino am Schlagzeug und Burns mit Gesang und Gitarre haben sechs weitere Musiker um sich geschart. Die Instrumentierung gerät mit viel Percussions, Trompetenklängen, teils mit Lapsteel und Standbass zwar farbenfroh und üppig, der Sound wirkt im Wizemann allerdings etwas wattiert. Vor allem jedoch klingt er heuer nun mehrheitlich keineswegs nach einer Alternativeband, vielmehr wähnt man sich in den guten Momenten in einer trubeligen mittelamerikanischen Cantina und in den schwächeren Momenten in einem drittklassigen Spaghettiwestern.

Die Hälfte der gebotenen Stücke trägt spanischsprachige Titel, der gewohnt ruhige Fluss der Calexico-Nummern weicht oft einer seligen Schunkelatmosphäre mit schneidigen Bläsern und einem leutseligen Frontmann, der gar nicht oft genug versichern kann, wie wohltuend es doch sei, ausgerechnet hier im schönen Stuttgart auftreten zu dürfen.

Droht etwa eine Trini-Lopezisierung?

Wären da nicht Convertinos stoisch-präzises Schlagzeugspiel, die deutlich überdurchschnittlich gute Singstimme Burns’ – die sich freilich mit Howe Gelbs Organ so gar nicht messen kann – und die dann doch diversen reinrassigen Desert-Rock-Nummern angefangen beim Auftaktstück „Dead in the Water“ (vom aktuellen, nahezu komplett gespielten neuen Album) bis hin zu „Crystal Frontier“ (ihrem Evergreen, der traditionell und so auch in Stuttgart den regulären Teil des ordentlich langen Konzerts beschließt): Man müsste die Band fast vor einer Trini-Lopezisierung warnen.

Etwas ambivalent gerät dieser Konzertabend also. Was allerdings der grundsätzlichen Verehrung dieser Band keinen Abbruch tun und die abermalige Güte ihres aktuellen Albums nicht schmälern soll. Das erscheint in der kommenden Woche übrigens auch als limitierte Digipack-Doppel-CD mit sieben zusätzlichen Songs. Und wer die Chance im Wizemann verpasst hat: Calexico haben noch ein paar Sommertermine an die Tour drangehängt, unter anderem am 18. Juli im Karlsruher Tollhaus.