Der erneute Warnstreik im privaten Omnibusgewerbe in Baden-Württemberg wirkt sich auch im Kreis Esslingen aus. In Plochingen ist am frühen Dienstagmorgen wenig los an den Bussteigen – offenbar haben sich viele Fahrgäste Alternativen organisiert.
Es ist wenig los am Plochinger Busbahnhof gegen halb acht am Dienstagmorgen. Busse sind hier nicht zu sehen und nur einige wenige Menschen warten an den Bussteigen. Offenbar haben viele rechtzeitig vom Streik der Fahrer bei privaten Busunternehmen erfahren und sind aufs Auto oder auf andere Verkehrsmittel umgestiegen, um an diesem Tag an ihr Ziel zu kommen. Neben Plochingen sind zahlreiche andere Kommunen im Kreis Esslingen vom Streik betroffen – der innerörtliche Verkehr in Esslingen bleibt jedoch weitgehend verschont, weil der Esslinger Busverkehr komplett vom Städtischen Verkehrsbetrieb bedient wird.
Doch nicht alle am Plochinger Busbahnhof wissen Bescheid. Einige Schüler berichten, nichts vom Busstreik mitbekommen zu haben. Sie scheinen das aber nicht weiter schlimm zu finden und warten geduldig auf ihre Linie. Auch einige Erwachsene wissen nichts von dem Streik. Matea Vuletic hat zwar am Vorabend von dem Ausstand erfahren, konnte sich aber so schnell keine Alternative organisieren. Deshalb ist sie zum Plochinger Busbahnhof gekommen und hofft nun, von hier aus weiterfahren zu können. „Ich muss zur Arbeit zum Stumpenhof – wenn meine Linie nicht kommt, habe ich ein Problem“, sagt die 28-Jährige. Sie könne zwar ein Taxi nehmen, aber das koste viel Geld.
Fahrgäste in Plochingen hoffen, dass ihr Bus trotz Streik kommt
Sie habe durchaus Verständnis für die Streikenden, sagt Vuletic. „Aber wenn Bus oder Bahn nicht kommen, ist das schon ärgerlich“, findet sie. Just in dem Moment biegt die Linie 141 zum Stumpenhof um die Ecke und hält am Bussteig. „Glück gehabt“, freut sich Matea Vuletic und steigt ein. Die 14-jährige Schülerin Tina hofft auf ähnliches Glück. „Ich habe erst heute Morgen von meiner Freundin von dem Streik erfahren“, erzählt sie. „Eigentlich müsste ich schon in der Schule sein, aber mein erster Bus kam schon zu spät.“ Nun warte sie auf den Anschluss nach Deizisau.
Der 19-Jährige Simon Haller hat ebenfalls erst am Morgen von dem Streik erfahren, zeigt sich aber gelassen. Bislang seien seine Busse gefahren, nur teils zu anderen Zeiten als üblich. Er geht davon aus, dass er sein Ziel Deizisau mit dem Bus erreichen wird – wenn auch vielleicht mit etwas Verspätung. Die Rentnerin Ursula Zinser will nach Reichenbach fahren und hofft, dass ihr Bus fährt. Sie habe durchaus Verständnis für den Streik – wenn man selbst betroffen sei, sei das jedoch ärgerlich, findet sie.
Kritik an Länge des Busstreiks
Das findet auch der 54-jährige Michael, der seinen Nachnamen nicht nennen will. „Ich halte nichts von den Streiks“, sagt er. „Was bringt das? Nichts!“ Zumal er es ungerecht findet, dass beim Nahverkehr mehrere Tage am Stück gestreikt wird. „Ich bin bei der Müllabfuhr und darf nur einen Tag streiken“, kritisiert er. Er verstehe, dass die Busfahrer mehr Geld wollten, nicht aber die Länge des Streiks. „Ich habe kein Auto und bin auf den öffentlichen Verkehr angewiesen, um zur Arbeit zu kommen“, betont er. „Wenn Streik ist, habe ich jedes Mal Angst, dass ich nicht ins Geschäft komme.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten im privaten Omnibusgewerbe in Baden-Württemberg zu zweitägigen Streiks aufgerufen. Laut Benjamin Stein vom Verdi Bezirk Fils-Neckar-Alb werden am Dienstag und Mittwoch alle privaten Busunternehmen im Kreis Esslingen bestreikt. Wie sich das konkret vor Ort auswirke und wie viele Beschäftigte sich am Streik beteiligen, könne er am Dienstagmorgen noch nicht sagen. „Aber wir sehen schon, dass die Beteiligung höher ist als in der vergangenen Woche“, sagt Stein.