Protest gegen Hundekot Foto: StN

Wer hineintritt, flucht auch schon beim ersten Mal. Die Halter von Hunden hingegen haben ein Häufchen frei. Die Stadt Stuttgart lässt Gnade vor Recht ergehen und belegt erst Wiederholungstäter mit einem Bußgeld.

Wer hineintritt, flucht auch schon beim ersten Mal. Die Halter von Hunden hingegen haben ein Häufchen frei. Die Stadt Stuttgart lässt Gnade vor Recht ergehen und belegt erst Wiederholungstäter mit einem Bußgeld.

Stuttgart - Es klingt lyrisch, beschreibt aber Ekliges. „Hundekot macht Blumen tot“ hat jemand auf ein Stück Papier gekritzelt, daraus ein Fähnchen gebastelt und neben die Hinterlassenschaft eines Hunds in eine Wiese im Gerichtsviertel gesteckt. Der Unbekannte hat mehrere solcher Fähnchen verteilt, neben jedem stinkt es.

Ein stiller Protest gegen eine Unart, die Nicht-Hundebesitzer auf die Palme bringt. Manche beschweren sich bei der Stadt, etliche formulieren ihren Ärger in Briefen an die Stuttgarter Nachrichten. Der Appell des Bauernverbands an Hundehalter, ihre Vierbeiner beim Spaziergang übers Feld doch anzuleinen, hat zu Beginn einer jeden Wachstumsperiode bereits Tradition. Die gerne als Tretminen bezeichneten Hundehaufen auf Straßen und Wegen stellen offenbar ein Problem dar, das nicht in den Griff zu bekommen ist.

Die Übeltäter bilden womöglich eine Minderheit unter den Hundehaltern. Verbände und Vereine sprechen jedenfalls gerne von schwarzen Schafen. Belegen lässt sich das so oder so kaum, da zumindest in Stuttgart keine Statistiken darüber existieren, wie viele der gemeldeten rund 11 000 Hunde beim illegalen Koten erwischt werden.
Die Leidtragenden sind alle, da an jeder Ecke eine braune Falle droht, in die man hineintappen kann. Besonders geplagt fühlen sich die Landwirte. Sie beklagen seit Jahren verschmutzte Erdbeer- oder Salatfelder – und versuchen es trotzdem im Guten. Wieder hat der Bauernverband ein Faltblatt aufgelegt, in dem er den Interessenkonflikt zwischen dem Bedürfnis der Hunde nach „artgerechtem Auslauf“ und dem Verbot, landwirtschaftliche Flächen zu betreten, beschreibt.
Die Rechtslage ist eindeutig. „Landwirtschaftlich genutzte Flächen dürfen während der Nutzzeit nur auf Wegen betreten werden . . . Wer die freie Landschaft betritt, ist verpflichtet, von ihm abgelegte Abfälle aufzunehmen und zu entfernen“, heißt es im Landesnaturschutzgesetz. Letzterer Passus schließt auch Hundekot ein. Das Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz ist ähnlich lautend abgefasst. Es drohen Geldbußen bis zu 15 000 Euro. In der Realität wird in der Regel ein Verwarnungsgeld zwischen 15 und 50 Euro fällig. Unmissverständlich verbietet auch die Polizeiverordnung der Stadt Stuttgart das Liegenlassen von Hundekot.
Die Kontrolleure der Stadt Stuttgart mühen sich redlich. Ja, der städtische Vollzugsdienst achte im Rahmen seiner Streifengänge auch darauf, ob Hundehalter die Hinterlassenschaften ihrer Lieblinge aufheben und mitnehmen, so Jan Minges, einer der Sprecher der Stadt. Praxis sei, „Hundehalter beim ersten Vergehen zu ermahnen und zu belehren; werden sie ein zweites Mal erwischt, müssen sie ein Verwarnungsgeld bezahlen.“ Das Liegenlassen von Hundekot läuft unter der Kategorie kleine Ordnungswidrigkeit. Um allerdings gezielt kontrollieren zu können, bräuchte es mehr Personal, so ein Mitarbeiter des städtischen Vollzugsdiensts.
 
Die Strategie der Stadt umfasst neben den Kontrollen auch den Betrieb von 433 Tütenspendern, die teils auch auf Feldern stehen. Mit den Tüten sollen Hundehalter den Kot aufsammeln und mit nach Hause nehmen. Das Garten-, Friedhofs- und Forstamt ist für 180 solcher Spender verantwortlich. Befüllt werden sie von ehrenamtlichen Paten, die von der Stadt mit Nachschub versorgt werden. 263 Spender überwacht der städtische Abfallentsorger AWS. Einige sind an öffentlichen Abfallbehältern angebracht. Um die übrigen kümmern sich ebenfalls Paten.
Das Vorbild ist eine Leserin unserer Zeitung. Christina Steffens Hund heißt Mozart. Lässt er etwas fallen, „trage ich Mozarts Tütchen gut verschlossen nach Hause in die Mülltonne“, schreibt sie. Aber sie trifft auch anderes an, „da beginnt bei mir ein Fremdschämen“.