Im Cabrio-Bus hört man Geschichten über den Fernsehturm Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Jetzt kommt endlich auch der Fernsehturm zu Ehren. Bisher erklomm der Cabriobus Degerlochs Höhen nicht, zu groß wäre der Umweg gewesen. Nun gibt es eine zweite Citytour, sie führt durch den Süden und Westen – und hoch zum Fernsehturm.

Stuttgart - Der schwäbischen Lebensart kann sich auch ein Norddeutscher nicht entziehen. Tourismuschef Armin Dellnitz ist in Bad Harzburg aufgewachsen, hat lange in Kiel gelebt, doch acht Jahre in Stuttgart haben ihn geprägt. Die Eigenheiten seiner heutigen Heimat haben abgefärbt. Im Schatten des Fernsehturms sagt er am Mittwochmorgen im neuen Cabrio-Bus sitzend: „2014, wo wir mit diesen Touren gestartet sind, dachten wir nicht, dass sie ein solcher Erfolg werden würden.“ Chapeau, das ist ein perfekter Klinsmann. Auch dass man mit Eigenlob bedacht umgeht, hat er verinnerlicht. „So ganz viel haben wir nicht falsch gemacht“, sagt er zur Entscheidung, eben in jenem Jahr 2014 Oben-Ohne-Touren im eigens entwickelten Mercedes-Bus mit Faltdach anzubieten.

Um es präzise zu sagen: Viel richtig gemacht hat man damals. 155 000 Menschen sind seitdem die 90 Minuten lange Runde mitgefahren vom i-Punkt an der Königstraße über das Mercedes-Museum, den Killesberg und zurück zum i-Punkt gefahren. Das Ticket kostet 15 Euro, das Geld bekommt der Busunternehmer Willms-Reisen-Touristik. Er hat die mittlerweile vier Busse mit der Abgasnorm Euro 6 angeschafft und veranstaltet die Touren. Stuttgart-Marketing bekommt einen Anteil, der Kosten für Marketing und Verwaltung decken soll. Dass die Tour so gut ankam, bewirkte aber, dass man nicht nur die Kosten bezahlen, sondern Stuttgart-Marketing Gewinn erzielen konnte. Den nutzt man, um eine zweite Tour einrichten zu können, ohne bei Kämmerer Michael Föll und den Stadträten bitten und betteln zu müssen. 150 000 Euro kann Dellnitz verwenden, um die Ausgaben für die nächsten zwei Jahre zahlen zu können.

Am 1. April startet die Tour

Am 1. April geht es los. Dann wird erstmals die so genannte grüne Tour starten. Das Jahr ist allerdings nicht immergrün. Es wird wird zwischen April und Oktober freitags, samstags, sonntags und montags und an den Feiertagen gefahren. Montags auch deshalb, weil viele Museen geschlossen haben, und man dann, so Dellnitz „den Touristen etwas anderes anbieten kann“. Montags hat praktischerweise der Fernsehturm geöffnet. Seit der Wiedereröffnung vor einem Jahr habe man darüber nachgedacht, ihn in eine Tour einzubinden, sagt Dellnitz. Auf der bisherigen, der blauen Tour, sei das nicht möglich gewesen. Man hätte sie ausdehnen müssen, „dann wäre die Fahrt zu lange geworden“.

Also setzte man auf was Neues in Grün. Die Fahrt beginnt am i-Punkt, geht über den Schlossplatz zum Fernsehturm, dann zum Bahnhof der Zacke in Degerloch, zur Standseilbahn am Waldfriedhof, hinab zum Marienplatz, wieder hinauf zur Karlshöhe, zum Hoppenlaufriedhof und zum i-Punkt. Wie bei der anderen Tour auch, kann man an den acht Haltestellen ein- und aussteigen. Das Ticket gilt für 24 Stunden. Man kann also auch mehrere Runden fahren.

Die Führung gibt es in elf Sprachen

Wer sich fortbilden möchte, sollte das auch tun: Man kann sich 60 Minuten lang in verschiedenen Sprachen Stuttgart erläutern lassen – Chinesisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Türkisch, Russisch, Arabisch, Englisch, Deutsch, Portugiesisch. Dann gibt es eine Version für Kinder – und eine auf Schwäbisch. Da schimpft der Vater des Fernsehturms, Fritz Leonhardt, weil man seine Schöpfung zum Schutz des Flugverkehrs Rot und Weiß streichen wollte. „Sackzement nochmol“, bruddelt es aus den Kopfhörern, „wie kann man unsere Höhelaga so verschandla!“

Bekanntermaßen blieb es beim grauen Kleid. Doch kurz nach der Einweihung 1956 griff man zum Farbtopf. Queen Elizabeth II. schaute am 24. Mai 1956 in Stuttgart vorbei und kam auch zum Fernsehturm. Für ihre Majestät sollte die Stadt perfekt wirken, also legte man dort Rollrasen aus. Dummerweise spielte die Sonne nicht mit, der Rasen wurde braun. Also griff man zum Pinsel und malte den Rasen grün an. Was einige Honoratioren am Abend bemerkten, ihre Schuhsohlen waren giftgrün. Eine schöne Geschichte. Solche Geschichten hört man bei der Tour. Solche Geschichten lassen sich gut an Touristen verkaufen.

Dellnitz hätte gerne mehr solcher Geschichten zu erzählen. So hätte er sich mehr Mut bei der Umgestaltung des Marktplatzes gewünscht. Gerade beim Thema Wasser sieht er Nachholbedarf, er würde sich freuen, man würde in der Innenstadt öfter den Nesenbach und Brunnen sprudeln sehen. Doch es wird noch einige Zeit dauern, bis man mit dem Boot durch Stuttgart gondeln kann. Bis dahin nehmen wir den Bus.