Zouzou la Vey alias Caterina Maria Ghiani Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Zouzou la Vey hat so früh wie keine andere heutige Burlesque-Tänzerin in Deutschland damit begonnen, Männer zu becircen: mit 18 Jahren. Die heute 24-jährige Stuttgarterin ist Beispiel für einen Lebensstil, der aktuell debattierten Studien von einer konservativen Jugend widerspricht.

Stuttgart - Zouzou, vor einigen Wochen titelte der Spiegel: „Generation Merkel“. Darin wird das Bild von einer Generation gezeichnet, der es vor allem um finanzielle Sicherheit und viel Freizeit neben dem Beruf geht.
Da bin ich etwas anders. Ich versuche einfach, das zu tun, was mich auch glücklich macht. Wenn man wirklich Freude an etwas hat, wird man auch gut darin. Und gearbeitet habe ich schon immer viel – und meine Hobbys zum Beruf gemacht.
Eines davon heißt Burlesque. Für eine damals 18-Jährige kein ganz gewöhnliches Hobby.
Schon als ich jünger war, haben mich die 20er bis 40er Jahre fasziniert. Als Kind habe ich mit meiner Mutter Filme wie „Frühstück bei Tiffany“ mit Audrey Hepburn in der Hauptrolle sehr zu schätzen gelernt. Das ist bis heute mein Lieblingsfilm. Dann arbeitete ich im Stuttgarter Keller Klub und sah zum ersten Mal eine Burlesque-Show der Berliner Tänzerinnen Teaserettes. Ich wusste sofort: Das will ich auch machen!
Wie wird man Burlesque-Tänzerin?
Da ich viele Jahre lang Ballett gemacht und mit 14 auch kleine Kinder unterrichtet habe, wusste ich ja, wie man sich zu Musik bewegt, wie man Emotionen auf der Bühne ausdrücken kann. Ich tanze auch nie eine feste Choreografie, lieber improvisiere ich. Die größere Hürde war es da schon, an ein schönes Kostüm zu kommen.
Warum?
Weil so ein hübsches Burlesque-Kleid vor allem teuer ist. Mein teuerstes hat 1000 Euro gekostet, alle meine Fächer kosten etwa 500 Euro das Stück. Frau will ja was hermachen, wenn sie auf der Bühne im Mittelpunkt steht. Auch wenn die Gagen recht hoch klingen, ist Burlesque in der Anfangsphase ein ziemlich kostspieliges Hobby.
Wie konnten Sie sich das leisten?
Durch Kellnern und meine Tätigkeit als Tätowiererin.
Was für eine Frau auch kein ganz gewöhnlicher Beruf ist.
Kunst hat mich eben schon immer begeistert. Ich habe auch mal eine Kunstschule besucht. Aber da bin ich irgendwann nicht mehr hingegangen. Apropos Männerdomäne: Bei mir sind schon 30 Kerle im Studio umgekippt. Damit bin ich bei uns Rekordhalterin. Viele wollen sich vor einer Frau nicht die Blöße geben und einräumen, dass sie den Schmerz nicht mehr aushalten. Darum werden alle bei mir nur noch im Liegen tätowiert. So eine zierliche Frau wie ich kann einen ohnmächtigen Mann, der vom Stuhl rutscht, doch kaum halten!
Gut, dass bei Ihrer Burlesque-Show niemand in Ohnmacht fällt. Wie war es, das erste Mal auf der Bühne zu stehen und vor fremden Männern die Hüllen fallen zu lassen?
Meinen ersten Auftritt hatte ich im Keller Klub. Ich performte zu dem Titel „Moonriver“, dem berühmten Lied aus „Frühstück bei Tiffany“. Da waren weniger die Fremden das Problem, sondern mich vor so vielen Leuten auszuziehen, die ich ja als Stammgäste kannte. Wobei die Aufregung schnell verfliegt, wenn ich in die Rolle der Kunstfigur Zouzou la Vey schlüpfe, die sehr selbstbewusst mit ihren Reizen und ihrer Weiblichkeit umgeht. Mich reizt es dabei, die Kontrolle über das Geschehen zu haben. Trotzdem bleibt das Lampenfieber Teil meiner Auftritte.
Wie haben Ihre Eltern darauf reagiert?
Meinem Vater habe ich es zunächst gar nicht erzählt, und meine Mutter hatte gar keine richtige Vorstellung davon. Heute unterstützen mich beide super. Meine Mutter ist bei jedem meiner Auftritte dabei. Das finde ich irgendwie sehr süß.
Was bekommen Sie sonst für Rückmeldungen?
Seltsamerweise in der Regel die besten von Frauen. Die finden meine Shows meistens sehr stilvoll. Wirklich schlechte Erfahrungen, wie begrapscht zu werden, habe ich zum Glück noch keine gemacht. Ärgerlich ist nur, zu Ohren zu kriegen, dass manche munkeln, meine Brüste seien nicht echt.
Sind sie denn echt?
Natürlich.
Bei einem Auftritt hat man mehr von einer Brust gesehen, als geplant war.
Ja, das war ein bisschen peinlich, da ist mir der Pastie abgefallen, das Ding, das die Brustwarze beim Burlesque verdeckt. Zum Glück hatte ich einen Fächer zum Verstecken zur Hand!
Welche Auftritte sind Ihnen noch in Erinnerung geblieben?
Besonders toll war es beim Marienplatzfest, vor richtig großem Publikum auf einem Balkon über dem Platz zu tanzen. Dann wurde ich mal für eine Hochzeit gebucht – die nicht von Bekannten war. Da habe ich dann vor der ganzen Hochzeitsgesellschaft von Kindern bis zu Omas und Opas getanzt. Die haben das alle super aufgefasst. Nie vergessen werde ich meinen Auftritt beim MARS-Award für außergewöhnliche Musikprojekte. Da stand ich plötzlich direkt vor Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der in der ersten Reihe saß. Er war ein wenig reserviert, als ich tanzte.
Wenn Sie in seinem Alter sind, werden Sie kein Burlesque mehr tanzen können.
Warum denn nicht? Spaß beiseite. Heiraten, Kind kriegen und Mann arbeiten schicken ist bei mir nicht. Ich will selbstständig sein. Ich habe jahrelang auf dem Markt gearbeitet und bin mir für fast nichts zu schade. Außerdem habe ich mit dem Tätowieren ja ein Handwerk gelernt, das ich ausüben kann, solange meine Hände nicht kaputtgehen.