Was verbirgt sich unter den glamourösen Kostümen? Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die nackten Tatsachen locken viel Publikum: Im ausverkauften Friedrichsbau-Varieté begeistert zum siebten Mal das Burlesque-Festival das Publikum.

Den schönsten Striptease auf der Leinwand lieferte einst Sophia Loren. Für Marcello Mastroianni, der den Vorgang des kunstvollen Entkleidens mit kleinen Juchzern des Entzückens begleitete. Entzücken und Begeisterung, nur viel lauter und in schrillen Pfiffen kundgetan, erfüllte an zwei Abenden das ausverkaufte Friedrichsbau- Varieté, wo das Burlesque-Festival die Kunst der Entblößung mit Stil und Glamour vorführte. Erotisches Entertainment, das seit einigen Jahren eine Renaissance erlebt. In Stuttgart hat es dank der Organisatoren Fanny di Favola, Raunchy Rita und Elmar Jäger eine Hochburg gefunden hat und schon zum siebten Mal das Publikum lustvoll animiert. Denn Ausziehen kann sehr anziehend sein.

Schon das Abstreifen eines Handschuhs weckt erotische Neugier

Es ist ein Fest der Schönheit für alle Sinne, die sich zur Sinnlichkeit bekennen dürfen: Bunt, glitzernd, schillernd und von hoher Ästhetik. Das Wort Burlesque stammt vom italienische Wort Burla für Schabernack. Dieses scherzhafte Spiel der Erwartung treiben die Künstlerinnen, ergänzt von einem Herrn – „Boylesque“, kündigt die Moderatorin Sheila Wolf mit einem hübschen Wortspiel an – mit der Erwartung des Publikums. Schon das Abstreifen eines Handschuhs weckt erotische Neugier. Wie geht es weiter?

Sheila Wolf zieht sich nicht aus, aber dafür sehr oft und attraktiv um. Der witzigen und charmanten Moderatorin entkommt Mann nicht. Vor allem, wenn er leichtfertig nahe an der Bühne sitzt: „Wusstest Du, worauf Du Dich hier einlässt?“ Der Mann namens Thomas wusste es offenbar, spielt mit und genießt die Rolle, Ziel der frechen Witze und kleinen Anzüglichkeiten zu sein.

Ein Nipplegate bleibt aus – ganz nackt wäre gegen die Regel

Jeder Auftritt erzählt eine Geschichte und die Spannung steigt mit jedem Kleidungsstück, das lasziv und nonchalant in die Ecke geworfen wird. Odelia Opium, offenbar direkt aus einer Opiumhöhle entflohen, verbirgt sich hinter einem großen Fächer, das Tänzerpaar Chanelle de Mai & Vicomte Harbour versetzt in eine dunkle Gasse am Montparnasse, Fanny de Favola erscheint als elegante Belle-Epoque-Dame in großer Robe mit Pelz und Straußenfedern im Haar, Kalinka Kalaschnikov ist – der Name sagt es – scharf geladen, und Kitty Velour spielt als Pussycat akrobatisch mit einem Reifen. Doch all den fantasievollen Kostümen ist nur ein kurzer Auftritt gegönnt. Enthüllt werden Strapse und Corsagen, an deren Bändern nur zum Schein ungeduldig genestelt wird, um stattdessen mit dem schnellen Zipp am Reißverschluss noch knappere Dessous zum Vorschein zu bringen. Bis auch sie zu Boden gleiten und ein Hauch von Tanga und ein bisschen Glitzerdeko oder lustig wippende Quasten als Applikation auf dem Busen übrig bleiben. Kein Nipplegate, ganz nackt wäre gegen die Regel. Das Publikum jubelt.

So weit ging Sophia Loren seinerzeit natürlich nicht. Eine Blöße hätte sie sich damit aber nicht gegeben.