Gruppenbild der Querdenker: Luigi Pantisano (rechts) hat vor elf Jahren den Anstoß zu Bunt statt Braun gegeben. Foto: Gottfried Stoppel/Archiv

Das Planspiel „Flüchtlinge in unserer Stadt“ gibt bei „Bunt statt Braun“ Gelegenheit, sich in die Köpfe Andersdenkender zu versetzen. Zum elften Mal findet die Jugendkulturwoche statt, deren Macher diesen Sommer mit einem Demokratiepreis ausgezeichnet wurden.

Waiblingen - In Hafenburg liegen die Nerven blank. Die Kreisverwaltung hat mitgeteilt, dass 150 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Die Stadtverwaltung hat eine Industriehalle dafür vorgesehen. Die Bevölkerung ist gespalten: Während die einen helfen wollen, will ein Teil Widerstand gegen die Unterbringung leisten. Der Bürgermeister lädt zur Informationsveranstaltung, um die Wogen zu glätten.

Außer der Ortschaft Hafenburg klingt das alles mittlerweile sehr vertraut. Schließlich sind in den vergangenen Monaten überall in Städten und Gemeinden Flüchtlinge untergebracht worden. Und häufig sind dabei Stimmen laut geworden, die zum einen Ängste, zum anderen offene Ablehnung artikulieren. Hafenburg ist erfunden, die Reaktionen, die dort hochkochen, aber sind real. Der Ort ist Schauplatz eines Planspiels des Beratungsnetzwerks gegen Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz. Am Mittwoch, 18. November, wird es in Waiblingen inszeniert. Die Teilnehmer übernehmen zwischen 10 Uhr und 17 Uhr die Rollen von Hafenburgern. Sie müssen sich in sie hineindenken und sie in der Debatte lebendig werden lassen. Durch die Argumentation begreift man die Denkweise anderer sehr eindrucksvoll.

Hafenburg ist überall

„Für das Planspiel haben wir noch Plätze frei“, sagt Cornelius Wandersleb vom Kulturhaus Schwanen, wo zum elften Mal die Jugendkulturwoche „Bunt statt Braun“ stattfinden wird. „Das Planspiel ist der Hammer, da geht es richtig munter zu“, sagt Wandersleb, der zu den Initiatoren der Reihe zählt. Diese hat im Sommer den Preis des Bündnisses für Demokratie und Toleranz erhalten. Die 5000 Euro Preisgeld sind in das Programm geflossen. Außerdem schießen die Initiative Sicherer Landkreis, die Bürgerstiftung Waiblingen und die Initiative „Demokratie leben“ Mittel zu.

Für Anmeldungen zu den Veranstaltungen und Antworten auf Fragen zu der Jugendkulturwoche ist das Schwanen-Büro zuständig. „Wir haben noch freie Plätze, vor allem bei den Abendveranstaltungen“, sagt Wandersleb. Auf jeden Fall empfehlenswert ist der Vortrag von Professor Wolfgang Benz vom Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin. Er spricht über Islamfeindlichkeit, Judenhass und die Verbindung beider Phänomene. Der Vortrag für Jugendliche und Erwachsene ist am Dienstag, 17. November, 20 Uhr, zu hören.

„Die diskreten Wurzeln der Xenophobie“

Wolfgang Benz ist dem Schwanen-Publikum kein Fremder. Zum Fachtag gegen antimuslimischen Rassismus, den der Kreisjugendring im Dezember 2014 veranstaltete, hielt er den Eingangsvortrag. Der emeritierte Professor der Universität Berlin ist ein Experte, wenn es um Hetze und Verschwörungstheorien geht, die beispielsweise bei Pegida kursieren.

Ebenfalls die Sichtweise der anderen führen auf verblüffende Weise Katrin Gratz und Naser El Bardanohi vor. Die Ethnologin und der „professionelle Fremde“, wie sich der Kulturraumforscher und Autor bezeichnet, werden am Montag, 16. November, zwei Workshops für Schulklassen anbieten, in denen es um das Thema „Meine Religion und was sie für mich bedeutet“ geht. Wer ihr Programm „Total exotisch, diese Deutschen“ kennt, weiß, dass das eine oder andere Aha-Erlebnis wartet.

„Die diskreten Wurzeln der Xenophobie“ hat das Bunt-statt-Braun-Team ihre Standortbestimmung nach zehn Jahren überschrieben, die im Programmheft zu finden ist. Wichtig bei der Konzeption einer solchen Woche sei, die Gründe für Rassismus, Diskriminierung, Ausgrenzung und Gewalt zu begreifen. „Die meisten öffentlichen Veranstaltungen lassen eine solche Kenntnis vermissen und geben sich damit seltsam schnell zufrieden. Ein Workshopleiter oder eine Vortragende bei Bunt statt Braun kann sich das nicht leisten.“