In Stuttgart war das Gebäude des „Linken Zentrums Lilo Herrmann“ Ziel der Ermittler. Foto: SDMG

Nach den Krawallen während des G20-Gipfels in Hamburg krempelt die Sonderkommission „Schwarzer Block“ die linke Szene um. Bundesweit durchsuchen Beamte Wohnungen – so auch im Südwesten.

Stuttgart/Dettingen - Rund fünf Monate nach den schweren Ausschreitungen während des G20-Gipfels in Hamburg ist die Polizei am Dienstag auch im Südwesten gegen die linke Szene vorgegangen. Die Razzien der Hamburger Sonderkommission „Schwarzer Block“ begannen bundesweit am frühen Dienstagmorgen. Ziel war es, Beweise zu sichern. Durchsicht wurden laut Polizei Wohnungen von 22 Beschuldigten in acht Bundesländern: neben Baden-Württemberg auch in Hamburg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz.

Die Durchsuchungen standen den Angaben zufolge im Zusammenhang mit Ermittlungen zu Ausschreitungen während eines Polizei-Einsatzes im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld am Rande des G20-Gipfels Anfang Juli. Bundespolizisten gingen damals gegen etwa 200 Demonstranten vor, weil sie nach eigenen Angaben mit Steinen und Flaschen beworfen worden waren. Medien hatten nach Auswertung eines Einsatzvideos jedoch berichtet, die Beamten seien lediglich mit drei Bengalos beworfen worden.

„Linken Zentrum Lilo Hermann“ in Stuttgart durchsucht

In Stuttgart war das „Linken Zentrum Lilo Herrmann“ Ziel der Ermittler. Dort seien kurz nach 6 Uhr die Einsatzkräfte der Polizei angerückt. In dem Zentrum in Heslach gibt es zwei Wohngemeinschaften, offenbar ging es konkret um eine Bewohnerin einer Wohngemeinschaft. Es seien „eher Einzelpersonen“ im Visier der Fahnder, keine Organisationen. Die Tür zu der Wohnung wurde mit einem Rammbock geöffnet, sie nahmen einen PC, ein Handy, Autoschlüssel und eine Flyersammlung mit.

Das „Linke Zentrum“ gilt seit 2010 als die wichtigste Anlaufstelle der Szene. Neben Büros und einem Veranstaltungsraum wird ein Café betrieben. Interessierte können sich über die kapitalismuskritische Ideologie der Betreiber und vorgeschlagene Verhaltensmuster bei Festnahmen informieren.

Speichermedien bei Razzien sichergestellt

Zudem seien ein Wohnobjekt in Dettingen unter Teck (Kreis Esslingen) durchsucht worden. Die Ermittlungen leitet in Baden-Württemberg das Landeskriminalamt mit Unterstützung des Polizeipräsidiums Einsatz und örtlicher Kräfte.

Es bestehe der dringende Tatverdacht, dass die bundesweit 22 Beschuldigten Teil einer Gruppe von G20-Gegnern waren, aus deren Mitte heraus Steine und andere Gegenstände auf Bundespolizisten geworfen wurden, sagte Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Gegen sie werde wegen schweren Landfriedensbruchs ermittelt.

Bei den Razzien seien elektronische Speichermedien sichergestellt worden, darunter 26 Laptops und Computer, 35 Handys und mehrere USB-Sticks, sagte der Leiter der Sonderkommission „Schwarzer Block“, Jan Hieber. Festnahmen habe es nicht gegeben. Insgesamt seien am Dienstag 583 Polizeibeamte im Einsatz gewesen, darunter 50 der Hamburger Soko „Schwarzer Block“. Nicht betroffen war das linksautonome Kulturzentrum Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel.

Innenminister Strobl verurteilt Gewalt in einer Demokratie

„Gewalt ist in einer Demokratie kein zulässiges Mittel der politischen Auseinandersetzung und schon gar kein Happening“, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Wer das Demonstrationsrecht für Gewaltaktionen unterwandert, ist im Kern ein Feind der Demokratie - das ist eine klare Ansage.“

Der Rechtsstaat dürfe nicht tatenlos zusehen, „wenn hasserfüllte Gewalttäter, Randalierer und Chaoten Schaden anrichten - egal gegen wen, egal gegen was.“ Wichtig sei, dass die Täter auch hart durch die Justiz abgeurteilt und für ihre Gewalt und Zerstörungswut zur Rechenschaft gezogen würden. „Der Rechtsstaat hat einen langen Atem.“