530 Puma-Schützenpanzer braucht das Heer, 350 nicht vollständig ausgestattete hat es bekommen. Solche Lücken will das Verteidigungsministerium nun schließen – und den Rüstungsetat bis 2024 gegenüber 2014 fast verfünffachen. Foto: dpa

Mit neuen Fähigkeiten soll die Bundeswehr bis 2032 Deutschlands Zusagen an Nato und EU erfüllen. Außerdem will das Verteidigungsministerium ihre derzeit weithin hohlen Strukturen mit modernster Ausstattung auffüllen.

Stuttgart. - Gemäß dem nagelneuen Fähigkeitsprofil der Bundeswehr soll es von nun an so laufen: Deutschlands Armee gliedert sich in eine sogenannte Grundaufstellung mit 198 000 Soldaten und 61 000 zivilen Mitarbeitern. Ihre Kampfkraft stützt sich im Kern auf bis 2032 voll ausgestattete drei Divisionen des Heeres, vier große Einsatzverbände der Luftwaffe (Air Task Forces) und zwei Einsatzflottillen der Marine. Stationiert an den Standorten, die sie heute hat.

Acht Aufgaben hat die Bundeswehr

Anders als heute verfügt die Bundeswehr dann über alle Fähigkeiten, um die acht Aufgaben zu erfüllen, die ihr gleichrangig gestellt sind: Landes- und Bündnisverteidigung, Kriseneinsätze jenseits von Nato- oder EU-Gebiet, Heimatschutz, Partnerschaft mit anderen Streitkräften, Katastrophenhilfe, ein Beitrag zur nationalen Sicherheit im Internet, Unterstützungsleistungen für die Rüstungsindustrie, Unterstützung verbündeter Streitkräfte auf deutschem Boden.

Für spezielle Einsatz-Aufgaben soll die Bundeswehr Ausstattungspakete bekommen, aber keine neuen auf diese Aufgaben zugeschnittenen Kräfte mehr. Da liegt der Bruch mit der bisherigen Praxis, Planung und Rüstung ganz am Bedarf der Auslandseinsätze auszurichten.

Angriffsfähig werden im Internet

Findet Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ausreichend Zustimmung im Parlament zu ihrem Grundlagendokument „Fähigkeitsprofil der Bundeswehr“, das die Stuttgarter Nachrichten in Auszügen einsehen konnten, dann wird die Bundeswehr vor allem in drei Bereichen neue Fähigkeiten entwickeln: Aufklärung im Weltraum, Schutz der eigenen digitalen Infrastruktur plus die Fähigkeit zu Angriffen auf gegnerische Rechner sowie Einsatz von unbemannten Flugzeugen. Weltraumgestützte Sensoren zum Beispiel zur Aufklärung von Langstreckenraketen-Starts steht auf der Wunschliste, und auch ein Radar, um im Raum Satelliten aufzuklären. Weitgehend unverändert bleiben hingegen die Spezialkräfte des Heeres und die der Marine, die Kampfschwimmer.

Noch sind die Strukturen hohl

Ansonsten sieht das Fähigkeitsprofil vor allem vor, aus den acht Heeres-Brigaden (eine hat bis zu 5000 Soldaten) und den vier Air Task Forces der Luftwaffe geschlossen einsetzbare Kampfverbände zu machen. Aktuell sind die Strukturen der Großverbände weitgehend hohl. Sie leihen sich das Material für Einsätze und Ausbildung gegenseitig aus. Der Ausstattungsgrad mit den großen Waffensystemen liegt bei maximal 70 Prozent, die Verfügbarkeit speziell bei Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Kriegsschiffen weit darunter.

Im Heer zeichnet sich der größte Nachholbedarf ab. Hier soll die Panzergrenadierbrigade 37 als erste bis 2023 volle Einsatzbereitschaft erlangen, um dann Teil der Nato-Speerspitze VJTF zu sein. Vier Jahre später sollen drei, 2032 alle acht Brigaden in der Lage sein, das gesamte Aufgabenspektrum der Landstreitkräfte abzudecken.

180 Schützenpanzer zusätzlich

Den Unterschied zwischen herkömmlicher und neuer Planung verdeutlicht das Beispiel des Schützenpanzers Puma für die Panzergrenadiere. Das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr, strikt aus Deutschlands bis 2017 vertraglich zugesicherten Nato- und EU-Verpflichtungen abgeleitet, sieht elf Grenadierbataillone vor. Gemäß den Einsatzgrundsätzen des Heeres braucht jedes Bataillon 44 Schützenpanzer. Für Ausbildungszentren und Tests sind rund weitere 50 Fahrzeuge vorgesehen. Ergibt einen Gesamtbedarf von rund 530 Pumas. Angeschafft wurden aber nur 350 – und die auch nicht voll ausgestattet. Die Lücken werden mit dem überalterten Modell Marder gestopft – zu rasant steigenden Unterhaltskosten. Ähnlich sieht es bei den meisten großen Waffensystemen aus.

Drei Raketen pro Kriegsschiff

Hinzu kommt: Ein Nachfolger für den Kampfjet Tornado steht ebenso auf den Einkaufslisten wie ein schwerer Transporthubschrauber, der die in Laupheim stationierten CH 53 ablösen soll. Dazu zehn statt fünf Korvetten, zwei weitere U-Boote, so dass die Marine 2032 über 25 Überwasser-Kampfschiffe und acht Unterseeboote verfügt.

Wie groß die Lücken in den Munitionsbeständen sind, wie weit die Bundeswehr davon entfernt ist, in der der Bündnisverteidigung zu bestehen, zeigt dieses Beispiel: Für derzeit fünf Korvetten stehen 25 schwere Raketen vom Typ RBS 15 zur Verfügung. Das ist die Hauptwaffe dieser Schiffe gegen See- und Landziele. Zehn werden für Tests und Ausbildung gebraucht. So bleiben gerade mal drei Raketen für jede Korvette.