Mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt: Architekt Wolfgang Riehle Foto: Felix Kaestle

Ob als Streiter für seinen Berufsstand oder Impulsgeber für Zukunfts-Dialoge – immer legt Architekt Wolfgang Riehle hohes Tempo vor. Am Montagabend im Haus der Architekten in Stuttgart galt Riehle selbst alle Aufmerksamkeit.

Stuttgart - Wolfgang Riehle ist zurück auf seiner Bühne. Mit seinem gewinnenden Lächeln, mit immer festem Händedruck. Im Haus der Architekten in der Danneckerstraße in Stuttgart wird Riehle am Montagabend herzlich empfangen. Baden-Württembergs Justizminister Guido Wolf (CDU) ist gekommen, um Riehle das Bundesverdienstkreuz am Bande zu überreichen. Verliehen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, würdigt die Auszeichnung „das herausragende Engagement, mit dem sich der Reutlinger Architekt und Stadtplaner für das Gemeinwohl verdient gemacht hat“.

„Unermüdlicher Streiter für die Baukultur“

Mit Wolfgang Riehle als Präsident verbinden sich für die Architektenkammer Baden-Württemberg in den Jahren 1998 bis 2014 Jahre der Neubestimmung und intensiver Diskussionen. Über die Zukunft des Berufsstandes, über die Möglichkeiten künftigen Wohn- und Siedlungsbaus, über politische und finanzrechtliche Rahmenbedingungen des Städtebaus. „In den 16 Jahren als Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg war er ein unermüdlicher Streiter für die Baukultur, das Wettbewerbswesen und den Verbraucherschutz“, sagt Markus Müller, Riehles Nachfolger als Präsident der Architektenkammer.

Festempfang im Haus der Arhitekten

Am Montagabend ist Riehle Gast im Haus der Architekten – und noch immer erstaunt die Präsenz. Souveränität prägt jede Bewegung; wer mit Riehle spricht, hat sofort das Gefühl höchster Aufmerksamkeit, wer ihm ein Anliegen vorträgt, macht dies, weil sich ein anderer gerne strapazierter Begriff trefflich mit ihm verbindet: Verlässlichkeit.

Allianzen wagen, um Wege zu ebnen

Wie können und müssen Architekten und Stadtplaner ausgebildet werden? In welchem rechtlichen Rahmen kann sich der Berufsstand bewegen? Und welche Allianzen muss man eingehen, um Wege zu ebnen? Diese Fragen beschäftigen den 66-jährigen Riehle bis heute. Nicht immer hat man die klaren Worte des betonten Praktikers Riehles gerne gehört Das verstellt den Blick auf den Beweger, auf einen, der nicht nur im eigenen Büro in Reutlingen ein Konzept übergreifender Dialoge mit Künstlerinnen und Künstlerinnen pflegt. Das Haus der Architekten macht er als Präsident bewusst zur grenzüberschreitenden Plattform.

Architektur und Ingenieurskunst enger verzahnen

Riehle will zusammenführen ohne Gegensätze in Abrede zu stellen. „Bauen“, sagt er, „ist so komplex geworden, das kann nicht in einem Hirn entstehen.“ Und: „Die beteiligten Disziplinen sprechen sehr unterschiedliche Sprachen. Entsprechend muss es darum gehen, deren Beiträge zusammenzuführen.“

An dieser Überzeugung ändern auch Niederlagen nichts. Riehle scheitert mit der Idee, die Berufsvertretungen von Architekten und Ingenieuren zusammenzuführen – und sagt heute: „Es ging und geht dabei darum, ein Gebäude nicht in seine unterschiedlichen Funktionen und Systeme zerfallen zu lassen.“ Da hört nicht nur Werner Sobek, einer der vielen Prominenten unter den mehr als 100 Festgästen, aufmerksam zu.

Die Architektur muss mehr wagen

In der Gegenwart? Warnt Riehle: „Das Experimentieren und Entwickeln ist bei uns sehr viel weniger verbreitet als in den elektronisch getriebenen Berufen.“ Und er räumt ein: „Der notwendige hohe Einsatz der Mittel ist eben riskant.“

„Sommerlicher Wärmeschutz gewinnt rasant an Bedeutung“

Umso mehr freut sich Riehle über die „wirklich tollen Entwicklungen und Entwicklungssprünge im Holzbau“. Solche wünschte er sich auch bei einem anderen „ganz zentralen Thema“. „Unser Problem“, sagt Riehle, „ist nicht mehr der Energieverbrauch im Winter. Der sommerliche Wärmeschutz gewinnt rasant an Bedeutung.“ Entsprechend haben auch die Planungen im eigenen, seit einem Jahr von der nächsten Generation geführten Büro, „ganz viel mit der Frage zu tun, wie wir in der Gebäudestruktur eine Überhitzung vermeiden“.

Privat engagiert im Sozialbereich, im Sport und in der Kunst

Und was ist mit dem nun gar präsidial geehrten gesellschaftlichen Engagement? Diese Flagge hisst Wolfgang Riehle weiter – auch abseits der Berufsstandswege. Unter anderem als Mitbegründer der Stiftung Präventive Jugendhilfe in Tübingen, in der Sportstiftung des Württembergischen Landessportbundes und als Vorsitzender des Kunstvereins Reutlingen.