Wahlerfahrung: Erst im Juni 2024 wurden die Stimmen, wie hier in Leonberg, der Kommunal- und Europawahl ausgezählt. Foto: Simon Granville

Bis die Bürgerinnen und Bürger am 23. Februar ihre Stimme abgeben können, haben die städtischen Verwaltungen nicht nur in der Region einige Aufgaben zu bewältigen. Die größte Herausforderung ist das enge Zeitfenster.

Einen ambitionierten Zeitplan haben derzeit die einzelnen Kommunen, um die Bundestagswahl am 23. Februar vorzubereiten. Denn am 16. Dezember 2024 hatte Kanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt und „verloren“. Was haben die städtischen Verwaltungen bereits erledigen können, welche Aufgaben stehen noch an, gibt es Engpässe in der Organisation, mit der Briefwahl? Wir haben bei Rathäusern in den Kreisen Böblingen und Ludwigsburg nachgefragt.

 

„Eine besondere Herausforderung wird der extrem kurze Zeitraum für die Briefwahl sein, sprich der Versand und Rückversand der Stimmzettel. Vor allem, wenn die Briefwahlunterlagen ins Ausland verschickt werden“, sagt nicht nur Leila Fendrich, die Pressesprecherin der Stadt Leonberg. „Wir hatten bisher einen sehr hohen Anteil an Briefwählenden. Aufgrund der kurzen Frist zwischen Versand der Unterlagen und Wahltermin müssen wir davon ausgehen, dass die Zahl der Briefwählenden niedriger sein wird und die Zahl der Wählenden im Wahllokal steigen könnte.“ So haben auch Sofie Neumann, Pressesprecherin der Stadt Gerlingen und Theresa Albert, Assistentin der Renninger Bürgermeisterin Melanie Hettmer, Respekt vor diesen Rahmenbedingungen. „Die Bundeswahlleiterin hatte bereits 2024 auf die kurzen Zeiten hingewiesen, wurde von der Politik aber abgewunken. Bürger und Verwaltung haben deshalb nur etwa Wochen Zeit für die Briefwahl“, sagt Albert.

Das Landratsamt Böblingen hat frühzeitig mit der Suche nach einer geeigneten Druckerei für die Wahlunterlagen begonnen und sich die Kapazitäten vertraglich gesichert, erklärt Benjamim Lutsch, Sprecher beim Landratsamt. „Somit stehen uns auch im nun eingetretenen Fall der Neuterminierung der Bundestagswahl die Leistungen der Druckerei zur Verfügung.“ Wann können die Unterlagen für die Briefwahl versendet werden? „Sobald die Einspruchsfrist gegen Zulassungen der Kandidaten abgelaufen ist“, erklärt Lutsch. Diese Frist endet am 30. Januar. Dann erst werde die Druckfreigabe für die Stimmzettel vorgenommen. „Sie werden dann den Gemeinden zur Verfügung gestellt, die den Versand unverzüglich vornehmen“, so Lutsch.

Per Fax oder E-Mail geht auch

Die Briefwahl-Unterlagen mit dem Wahlschein als Nachweis über die bestehende Wahlberechtigung dürften, so der Rutesheimer Erste Beigeordnete Martin Killinger, nur auf Antrag ausgestellt werden. „Dieser kann jederzeit, wird jedoch in der Regel mit der unterzeichneten Rückseite der Wahlbenachrichtigung schriftlich gestellt. Fax oder E-Mail genügen auch“, so Killinger. Ein Briefwahl-Antrag müsse bis spätestens Freitag, 21. Februar, um 15 Uhr im Rathaus eingegangen sein. In besonderen Ausnahmefällen könne ein Wahlschein noch am Wahltag bis 15 Uhr beantragt werden. „Wenn zum Beispiel bei nachgewiesener plötzlicher Erkrankung der Wahlraum nicht oder nur unter nicht zumutbaren Schwierigkeiten aufgesucht werden kann“, so Killinger. Wahlbriefe, die erst am Wahltag nach 18 Uhr eingehen, dürften nicht mehr zugelassen werden. Der Erste Beigeordnete schätzt, dass alle etwa 7700 wahlberechtigte Rutesheimer ihre Wahlbenachrichtigung etwa Mitte Januar bekommen.

In Rutesheim wurden die ehrenamtlichen Wahlvorstände schon vor Weihnachten 2024 berufen. „Wir haben immer genügend freiwillige und qualifizierte Helferinnen und Helfer, in Summe sind das etwa 90 Personen“, sagt Killinger. „Die Wahlräume entsprechen der seitherigen bewährten Praxis und sie sind in Rutesheim alle auch für Rollstühle und Rollatoren geeignet.“ Den Aufbau übernimmt am Wahltag das Ordnungsamt. Auch in den anderen Städten wie Renningen, Weil der Stadt, Ditzingen, Gerlingen oder Leonberg laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. „Die Stadt Gerlingen benötigt etwa 180 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer. Dankenswerterweise haben sich schon genügend gemeldet“, sagt Gerlingens Sofie Neumann.

Narrensprung in Weil der Stadt fällt auf den Wahlsonntag

In der Stadt unterm Engelberg sind etwa 400 Freiwillige am 23. Februar im Einsatz. Das Besondere: In Leonberg fällt der Pferdemarkt (7. bis 11. Februar) in die heiße Phase der Wahlvorbereitungen und betrifft insbesondere die Briefwahl- und vorbereitenden Tätigkeiten. „Die Mitarbeitenden der Abteilung Organisation und des Bürgeramtes, die immer beim Pferdemarkt geholfen haben, werden dies beim nächsten Pferdemarkt nicht können, weil auch in diesem Zeitraum Briefwahlanträge zu bearbeiten sein werden, damit bei dem knappen Zeitkorridor dieser Wahl kein Tag verloren geht“, sagt Leila Fendrich.

Spannend wird’s in Weil der Stadt, wenn am Wahlsonntag, 23. Februar, auch noch um 14 Uhr der Narrensprung der Narrenzunft AHA stattfindet. „Wir benötigen rund 170 Wahlhelferinnen und Wahlhelfer, glücklicherweise haben sich viele Ehrenamtliche freiwillig gemeldet. Stand jetzt gehen wir davon aus, dass wir ausreichend Helfer haben“, sagt Katharina Schaible, stellvertretende Amtsleiterin.

Im Ditzinger Rathaus besteht das Haupt-Wahlteam aus vier Mitarbeitenden. „In der hochintensiven Phase der Wahlvorbereitung wird jedoch deutlich mehr Personal benötigt. Die Urlaube wurden etwas angepasst, um sicherstellen zu können, dass das Wahlbüro durchgehend besetzt ist. Bisher mussten keine gebuchten Urlaube verschoben werden. Derzeit gehen wir nicht davon aus, dass dies noch geschehen muss“, sagt Ditzingens Pressesprecher Michael Geyer. Hinzu kommt allerdings, dass in der Kommune Faschingsveranstaltungen rund um die Wahl stattfinden. „Personelle Überschneidungen gibt es hierbei jedoch nicht, sodass die Veranstaltungen keine Konkurrenz darstellen“, versichert Geyer.

Wer darf wählen?

Wahlverzeichnis
Seit dem 12. Januar steht fest, wer überhaupt wählen darf. Jeder, der an diesem Tag mit Wohnsitz in Deutschland gemeldet und wahlberechtigt ist, wurde ins Wählerverzeichnis eingetragen.

Wahlberechtigte
Wahlberechtigt sind alle deutschen Staatsbürger, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Monaten in Deutschland wohnhaft sind und nicht vom Wahlrecht – beispielsweise infolge eines Richterspruchs – ausgeschlossen sind. Deutsche, die hingegen im Ausland leben, haben noch bis zum 2. Februar Zeit, einen Wahlantrag zu stellen.