Heike Baehrens setzt in ihrem Wahlkreis auf Präsenz, wie beim Bad Boller Naturfarbenherstellers Biofa mit seinen Geschäftsführern Timo Ascherl (links) und Markus Hahn. Foto: privat

Heike Baehrens möchte für die SPD erneut in den Bundestag einziehen, um Begonnenes abzuschließen. Das Thema soziale Gerechtigkeit ist ihr dabei ebenso ein Anliegen wie die Entwicklung ihres Wahlkreises Göppingen, den sie längst lieb gewonnen hat.

Kreis Göppingen - Sie wandert und radelt mit interessierten Menschen das Filstal und den Albtrauf entlang oder schwingt sich auch mal in den Sattel ihres Motorrads, um mit anderen oldtimerbegeisterten Bikern das Stauferland zu erkunden. Für unkonventionelle Ideen ist Heike Baehrens fast immer zu haben. So macht die SPD-Bundestagsabgeordnete, die den Landkreis Göppingen seit vier Jahren im Berliner Parlament vertritt, auf ihrer Wahlkampftour just an diesem Montagabend im Geislinger Gloria Kino Station. Große Reden schwingt die 61-Jährige dort allerdings nicht. Vielmehr wird von 19.30 Uhr an der Film „Hidden figures – unerkannte Heldinnen“ zu sehen sein.

Den preisgekrönten Streifen, in dem es um drei afroamerikanischen Mathematikerinnen geht, die vor gut 50 Jahren bei der NASA gearbeitet haben und gegen den alltäglichen Rassismus und für ihre Emanzipation kämpfen mussten, lässt Baehrens für sich sprechen, weil er ein Themenfeld beackert, das ihr unter den Nägeln brennt. „Immer noch werden Frauen überall auf der Welt diskriminiert und sind Gewalt ausgesetzt. Für gleichwertige Tätigkeiten werden Frauen aber auch hierzulande immer noch schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen“, sagt sie und ärgert sich.

Platz 13 auf der Landesliste

Dass die SPD ihr Wahlprogramm mit dem Titel „Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit“ überschrieben hat, passt deshalb perfekt ins politische Konzept von Heike Baehrens – und war wohl mit ein Grund dafür, sich noch einmal um einen Sitz im Bundestag zu bemühen. Dass sie im schwarzen Wahlkreis Göppingen das Direktmandat erobert, ist zwar nicht unbedingt zu erwarten. Platz 13 auf der Landesliste sollte ihr allerdings für einen Sitz im Abgeordnetenhaus reichen, falls die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg nicht ein ähnliches Desaster erleben wie bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr.

Dass das passieren könnte, glaubt die Stuttgarterin, die von 1989 bis 1996 im Gemeinderat der Landeshauptstadt saß, indes nicht. „Allen Umfragen zum Trotz bin ich davon überzeugt, dass das Rennen bis zum Schluss offen ist, weil es noch sehr viele unentschlossene Wählerinnen und Wähler gibt“, sagt sie und setzt dabei nicht zuletzt auf den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. „Er ist einfach näher an den Menschen dran als Frau Merkel und hat nichts Aufgesetztes an sich.“ Auch wenn sich momentan der Eindruck aufdränge, dass die Stimmung in Deutschland auf „Weiter so!“ stehe, reiche dies nicht aus, um die Zukunft zu gestalten, ist Baehrens überzeugt. „Das müssen wir bis zuletzt deutlich machen.“

Zwei Ziele will sie am Ende erreichen: ein Ergebnis von 30 Prozent plus x für die Sozialdemokraten und für sich selbst etliche Stimmen mehr als beim Urnengang im Jahr 2013. „Die Resonanz bei unseren Veranstaltungen ist gut. Die Leute im Kreis Göppingen kennen mich jetzt und haben gesehen, dass ich etwas bewegen kann. Deshalb hoffe ich schon, dass das seinen Niederschlag findet.“ Ihren Wahlkreis hat die SPD-Frau jedenfalls lieb gewonnen. „Ich erlebe hier ein unheimlich großes Engagement der Bevölkerung und ein tolles Lebensgefühl, das sich unter anderem in den zahllosen Festen niederschlägt.“ Natürlich gebe es im Stauferkreis auch Probleme, die gelöst werden müssten. Dabei spiele ihr Parteibuch nur eine Nebenrolle.

Baehrens: Geduld und Überzeugungsarbeit sind im Parlament notwendig

„Beim wirtschaftlichen Wandel etwa oder bei der Digitalisierung, die es in Form einer Bildungsallianz zu gestalten gilt, geht es um schnelle, tragfähige Lösungen und nicht um die politische Couleur“, betont sie. Das Gleiche gelte für die verkehrliche Infrastruktur. „Was den Weiterbau der B 10 oder den Albaufstieg der A 8 betrifft, spreche ich mit meinem CDU-Kollegen Färber die gleiche Sprache.“ Ärgerlich seien dabei die gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen Bund und Land, die vieles lähmten. „Ich begreife nicht, warum dieses Schwarze-Peter-Spiel nicht endlich aufhört.“

Dass es Bündnisse braucht, hat Heike Baehrens aber nicht nur in diesem Punkt festgestellt. Als sie etwa im Gesundheitsausschuss beim Thema Pflege mit der Tür ins Haus fiel und eine bessere Bezahlung der Beschäftigten sowie eine Refinanzierung der tarifbedingten Erhöhungen für die Träger forderte, bemerkte sie schnell, dass erst einmal Überzeugungsarbeit notwendig ist, die in der eigenen Fraktion beginnt. „Gerade als Neuling im Bundestag brauchst du Geduld und musst ein Gespür dafür bekommen, wie und mit wem du deine Ziele politisch umsetzen kannst.“ Nach drei Pflegestärkungsgesetzen sei in diesem Bereich zwar schon einiges erreicht worden, aber es gelte, weitere Herausforderungen zu bewältigen. Baehrens spricht von einer 35-Stunden-Woche gerade für Pflegekräfte, von einer Pflegebürgerversicherung – und noch einmal von Überzeugungsarbeit. „Da ist noch viel zu tun, weshalb ich an dem Thema dranbleibe, wenn ich denn ein Mandat dafür bekomme.“