Wer sind ihre Helden? Was ihre größten Niederlagen und Erfolge? Die Kandidaten von CDU, SPD, FDP, Grüne, AfD und Linke im Wahlkreis Ludwigsburg gewähren in Kurz-Interviews persönliche Einblicke.
Die Bundestagswahl steht unmittelbar vor der Türe. Diesen Sonntag, 23. Februar, werden auch die Bürger im Kreis Ludwigsburg an die Wahlurne gebeten. Wir haben die Kandidaten im Wahlkreis Ludwigsburg im Vorfeld darum gebeten, jeweils fünf persönliche Fragen zu beantworten.
Steffen Bilger (CDU): „Zu einer guten Zukunft beitragen“
1. Was ist Ihr Herzensprojekt im Wahlkreis?
In meinem Wahlkreis engagiere ich mich neben meiner Arbeit als Abgeordneter als Schirmherr von TEB, einem Verein, der sich für an Bauchspeicheldrüsenkrebs Erkrankte und ihre Angehörigen einsetzt. Zudem bin ich Mitglied im Kuratorium der Ludwigsburger Schlossfestspiele. Wichtig ist mir ansonsten insbesondere eine gute Infrastruktur im Wahlkreis.
2. Wer ist Ihr Held – und warum?
Meine Frau, weil sie mich immer unterstützt und es nicht immer einfach ist, eine Familie mit drei Kindern zu managen, wenn der Papa oft in Berlin oder bei Terminen ist.
3. Was war Ihr größter Erfolg?
In meiner Zeit als Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium habe ich mich besonders um Verbesserungen rund um Stuttgart 21 wie eine bessere Flughafen-Anbindung oder die Digitalisierung gekümmert, die zurzeit umgesetzt werden. Ein Erfolg ist aus meiner Sicht auch, dass wir Fahrverbote in Ludwigsburg vermeiden konnten.
4. Was war Ihre größte Niederlage?
Niederlagen gehören zum Leben – und zur Politik. Rückblickend war die letzte Bundestagswahl für mich eine große Enttäuschung, nicht nur persönlich, sondern vor allem für unser Land. Als CDU hätten wir im Wahlkampf besser arbeiten und mehr überzeugen müssen. Mit selbst verschuldeten Fehlern haben wir zur jetzigen Misere beigetragen.
5. Was hat Sie bewogen, in die Politik zu gehen?
Schon als Schüler war ich politisch interessiert und wurde dann auch Mitglied der Jungen Union. Der Weg in die Berufspolitik hat sich nach und nach ergeben. Letztendlich habe ich mich entschieden, Verantwortung übernehmen zu wollen, weil ich zu einer guten Zukunft für unser Land und für unsere Heimat beitragen möchte.
Steffen Bilger wurde 1979 in Bayern geboren und ist in Backnang aufgewachsen, wo er auch sein Abitur gemacht hat. Es folgten der Zivildienst bei einem diakonischen Sozialunternehmen und ein Jurastudium in Tübingen. 2007 wurde er als Rechtsanwalt zugelassen und gründete gemeinsam mit zwei Kollegen eine Rechtsanwaltskanzlei. Bis Februar 2018 war er als Rechtsanwalt tätig, zwischen 2006 und 2009 außerdem in der Strategieabteilung eines Mannheimer Energiedienstleisters. Bilger ist verheiratet und hat drei Kinder. Als Hobbys nennt er Reisen, Tennisspielen und den VfB Stuttgart.
Macit Karaahmetoğlu (SPD): „Man kann aus Rückschlägen lernen“
1. Was ist Ihr Herzensprojekt im Wahlkreis?
Wie so viele in unserer Region hoffe ich, dass eines Tages die Stadtbahn realisiert wird. Generell liegt mir eine Verbesserung der Infrastruktur vor Ort am Herzen. Die Unterstützung des Bundes für eine Mehrzweckhalle in Korntal-Münchingen war hier ein toller Erfolg.
2. Wer ist Ihr Held – und warum?
Ich könnte viele Menschen nennen, die mich inspirieren und motivieren – von großen Politikern bis zu meinen engsten Familienmitgliedern. Heldentum ist aber etwas, das nicht mehr in unsere Zeit passt. Kein Mensch hat Superkräfte oder ist unfehlbar – es reicht, wenn alle ihr Bestes geben.
3. Was war Ihr größter Erfolg?
Auch hier neige ich nicht zu Superlativen. Es gibt Dinge, auf die ich stolz oder mit deren Ausgang ich zufrieden bin. Ich kam mit elf nach Deutschland, ohne Deutschkenntnisse. Aus heutiger Sicht sage ich: das muss ganz gut gelaufen sein. An so einem „Erfolg“ sind aber viele andere beteiligt: Lehrer:innen, Freunde, Vereinsmitarbeiter etc.
4. Was war Ihre größte Niederlage?
Ich versuche stets aus Misserfolgen zu lernen und vermeide es, Dinge, die nicht so gut gelaufen sind, als „Niederlage“ abzuspeichern. Dass ich zum Beispiel zwei Mal erfolglos für den Bundestag kandidiert habe, ehe es dann im dritten Anlauf geklappt hat, sehe ich als Beleg dafür, dass man aus Rückschlägen lernen und schlussendlich doch Erfolg haben kann.
5. Was hat Sie bewogen, in die Politik zu gehen?
Mir war schon als Kind immer Gerechtigkeit sehr wichtig. Das Klima gegenüber Zugewanderten in der Kohl-Ära hat mich dann politisiert. Unter Schröders Kanzlerschaft hat sich das gewandelt, was mich zur SPD gebracht hat. Umso mehr sorgt mich, dass die Merz die Union und unser Land in die 80er zurückversetzen möchte.
Macit Karaahmetoğlu wurde 1968 im türkischen Rize am Schwarzen Meer geboren. Nachdem seine Eltern ihn nach Abschluss der Grundschule in der Türkei nach Deutschland geholt hatten, machte er zunächst in Hemmingen seinen Hauptschulabschluss, dann an der zweijährigen Berufsschule in Leonberg die Mittlere Reife und am Technischen Gymnasium der Stadt schließlich das Abitur. In Tübingen und Heidelberg studierte er Jura, seit 1997 ist er Anwalt in eigener Kanzlei in Ditzingen.Karaahmetoğlu ist verheiratet und hat einen Sohn im Grundschulalter. Er ist gern in der Natur unterwegs, außerdem ist er fasziniert von der Astronomie.
Sandra Detzer (Grüne): „Die Hälfte der Macht für Frauen ist unser Ziel“
1. Was ist Ihr Herzensprojekt im Wahlkreis?
Für meinen Wahlkreis möchte ich erreichen, dass Dinge einfach funktionieren. Bürger und Unternehmen sollen sich auf den Staat verlassen können und die Freiheit haben, ihre Ideen umzusetzen. Als Abgeordnete kann ich dazu beitragen, indem ich die Ideen der Bürger nach Berlin trage und umgekehrt die Berliner Gesetzgebung vor Ort erkläre.
2. Wer ist Ihr Held – und warum?
Unser Kanzlerkandidat Robert Habeck ist einer, der anpackt und sich nicht vor Verantwortung drückt. Er steht für eine zukunftsfähige Wirtschaft, die Innovation und ökologisch-soziale Verantwortung vereint – deshalb ist er jetzt, in diesem Wahlkampf mein Held. Mit ihm teile ich das gleiche Ziel: Dass wir in Wohlstand leben, ohne unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu zerstören.
3. Was war Ihr größter Erfolg?
Vor einem Jahr erklärte mir der japanische Botschafter in Berlin, dass ich mit meiner Japan-Reise und meinem Werben für die kluge japanische Rohstoffpolitik dazu beigetragen hätte, dass sich die deutsche und japanische Regierung gemeinsam erfolgreich bemühten, das Ziel der Wirtschaftssicherheit zum ersten Mal in eine Erklärung der G7-Gruppe aufzunehmen.
4. Was war Ihre größte Niederlage?
Dass wir keine Mehrheit organisieren konnten für einen AfD-Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht. Die AfD ist in Teilen gesichert rechtsextrem. In Ungarn oder den USA können wir sehen, wohin das führt. Mich besorgt es zutiefst, dass eine Behörde wie USAid über Nacht ausgeschaltet werden kann. Um das zu verhindern, haben wir die Instrumente einer wehrhaften Demokratie, die müssen wir nutzen.
5. Was hat Sie bewogen, in die Politik zu gehen?
Ich hänge sehr an unserer Demokratie und bin wütend auf diejenigen, die sie nicht wertschätzen. Gerade als Frau weiß ich, dass zum Beispiel Selbstbestimmung nicht vom Himmel fällt. Oft bekomme ich Hate-Kommentare, weil wir Grüne für Gleichberechtigung stehen. Diese Kommentare motivieren mich noch mehr zum Weitermachen. Die Hälfte der Macht für Frauen ist unser Ziel.
Sandra Detzer wurde 1980 in München geboren. Dort hat sie auch Politikwissenschaft und Volkswirtschaft studiert, promoviert hat sie an der Uni Heidelberg zum Thema Fiskalföderalismus. Dort war sie auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Forschungsprojekten zur Sanierung der öffentlichen Haushalte tätig. 2010 begann sie als Haushaltsreferentin der Grünen Bundestagsfraktionen. Sandra Detzer ist verheiratet und Mitglied beim Nabu, bei der Bürgerbewegung Finanzwende und der Perkeo Karnevalsgesellschaft Heidelberg.
Oliver Martin (FDP): „Die Kandidatur ist eine große Ehre für mich“
1. Was ist Ihr Herzensprojekt im Wahlkreis?
Die Unterstützung der Kommunen für eine deutlich bessere und planbarere Finanzausstattung. Die Städte und Gemeinden bekommen immer mehr Aufgaben von Bund und Land übertragen, beispielsweise in der Kinderbetreuung, bei der Ganztagsschule und rund um die Migration. Sie benötigen hierfür eine angemessene, langfristige Beteiligung an den Steuereinnahmen.
2. Wer ist Ihr Held – und warum?
Die vielen Aktiven bei Polizei, Feuerwehr, technischem Hilfswerk, Deutschem Roten Kreuz, der DLRG und den anderen Hilfsorganisationen. Dazu die Pflegekräfte im Krankenhaus und in Senioreneinrichtungen. Sie alle setzen sich jeden Tag für Menschen und für Menschlichkeit ein – unabhängig von Wochentag und Uhrzeit. Diesen Menschen möchte ich für ihren Einsatz herzlich danken!
3. Was war Ihr größter Erfolg?
Ich bin Maschinenbauingenieur und mit meinem Ingenieurbüro seit gut 25 Jahren selbstständig. Besonders freue ich mich darüber, dass ich in dieser Zeit mehr als 40 Menschen einen sicheren Arbeitsplatz anbieten konnte, mehr als 20 Praktikantinnen und Praktikanten hatte und vier Auszubildende erfolgreich ihre Ausbildung in meiner Firma abschließen konnten.
4. Was war Ihre größte Niederlage?
Ich hatte im Leben oft das Glück, dass sich mir Chancen geboten haben, die ich ergreifen konnte. Vieles davon war mit Arbeit und beharrlichem Einsatz verbunden. Ich bin sehr dankbar, dass ich bereits zum zweiten Mal für den Bundestag kandidieren darf. Es ist eine große Ehre und zugleich auch große Verantwortung für mich. 2021 war es eine Niederlage, nicht in den Bundestag gewählt zu werden.
5. Was hat Sie bewogen, in die Politik zu gehen?
Meine Motivation ist, die vielen Erfahrungen, die ich in meinem Leben gewonnen habe, in die Politik einzubringen – Erfahrungen aus meinem Beruf als Ingenieur, als Konstrukteur, als Unternehmer, aber auch als Familienvater einer inzwischen erwachsenen Tochter und als Vorstandsmitglied in mehreren Vereinen.
Besonders auch mein Wunsch, Dinge ideologiefrei voranzubringen.
Oliver Martin ist 1967 in Ludwigsburg geboren und auch dort aufgewachsen. Sein Abitur machte er am Otto-Hahn-Gymnasium. Es folgten ein Grundwehrdienst in Kempten und Ingolstadt und ein Maschinenbaustudium an der Universität Stuttgart. 1996 fing er als Mitarbeiter in einem Ingenieurbüro für Sondermaschinenkonstruktion in der Automatisierungstechnik an, im Jahr 2000 übernahm er es im Zuge der Altersnachfolge. Martin ist Vater einer erwachsenen Tochter. Er geht gerne spazieren, unter anderem im Favoritepark, fährt Rad, Ski und segelt. Außerdem ist er in mehreren Vereinen im Vorstand aktiv.
Martin Hess (AfD): „Konsequente Kurskorrektur in der Asylpolitik“
1. Was ist Ihr Herzensprojekt im Wahlkreis?
Ich setze mich für eine konsequente Wende in der Migrationspolitik ein, um die Kommunen zu entlasten und die Sicherheit der Bürger erheblich zu verbessern. Aus diesem Grund darf auf dem Schanzacker keine LEA entstehen und auch sonst keine weitere Flüchtlingsunterkunft. Unser Land braucht endlich eine konsequente Kurskorrektur in der Asylpolitik.
2. Wer ist Ihr Held – und warum?
Mein politischer Held ist der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt. Sein pragmatischer Führungsstil, seine Weitsicht in Krisenzeiten und seine Fähigkeit, auch unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen zu treffen, sind für mich vorbildlich und dienen mir als Orientierung bei schwierigen politischen Herausforderungen.
3. Was war Ihr größter Erfolg?
Der größte Erfolg war die Geburt meines Sohnes – ein einzigartiges und beglückendes Ereignis, das mein Leben grundlegend verändert hat. Politisch gesehen war der Einzug in den Bundestag ein großer Erfolg. Es ist ein Privileg, den Bürgern unseres Landes dienen zu können und meine Fachkompetenz einzubringen, um unser Land wieder sicher zu machen.
4. Was war Ihre größte Niederlage?
Meine größte Niederlage war nicht ein einzelnes Ereignis, sondern das stetige Bewusstsein, dass Rückschläge zum Leben gehören. Es ist jedoch entscheidend, aus diesen Erfahrungen zu lernen und sich nicht entmutigen zu lassen. Dadurch wächst man und wird stärker, um zukünftige Herausforderungen besser zu meistern.
5. Was hat Sie bewogen, in die Politik zu gehen?
Als Polizist habe ich hautnah erlebt, wie sich unsere Sicherheitslage rapide verschlechtert. Ich bin deshalb in die Politik gegangen, weil mein Sohn in einem sicheren und lebenswerten Deutschland aufwachsen soll. Es geht um die Zukunft unserer Kinder und Enkel und dafür setze ich mich jeden Tag mit voller Überzeugung ein.
Martin Hess wurde 1971 in Hechingen geboren und ist auch dort aufgewachsen. Nach dem Abitur machte er eine Ausbildung bei der Landespolizei Baden-Württemberg und war dort bis 2010 in verschiedenen Funktionen tätig. Parallel absolvierte er ein FH-Studium zum Diplom-Verwaltungswirt Polizei und arbeitete als Dozent in der Aus- und Fortbildung von Polizeibeamten. Hess ist ledig und hat einen Sohn im Teenageralter. Er ist gerne in der Natur unterwegs, etwa bei der alten Sägmühle in Bietigheim-Bissingen oder auf der Schwäbischen Alb.
Nadja Schmidt (Die Linke): „Ich kämpfe für einen Mietendeckel“
1. Was ist Ihr Herzensprojekt im Wahlkreis?
Viele können sich ihr Zuhause kaum noch leisten. Das geht mir schon ans Herz! Ich kämpfe für einen bundesweiten Mietendeckel, sozialen Wohnungsbau und Schutz vor Spekulation. Wohnen ist ein Grundrecht – nicht das Spielfeld für Investoren!
2. Wer ist Ihr Held – und warum?
Mein Held ist eine Heldin und seit Ihrer letzten Rede im Bundestag: Unsere Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek! Sie findet klare Worte gegen die AfD und ihre Steigbügelhalter bei CDU und FDP. Sie zeigt, wie wichtig es ist, klare Kante zu zeigen – das motiviert enorm!
3. Was war Ihr größter Erfolg?
In der Pflege habe ich mit Kolleg*innen für bessere Bedingungen gestritten – und Erfolge erzielt! Das hat mir gezeigt: Gemeinsam können wir viel bewegen. Das ich es in den Gemeinderat und jetzt auch in den Kreistag geschafft habe sehe ich auch als Erfolg an.
4. Was war Ihre größte Niederlage?
Viele kleine Niederlagen gehören zum Leben dazu. Man muss aus ihnen lernen und weitermachen. Das extreme Erstarken der Rechten in Deutschland und auch weltweit fühlt sich für mich wie eine Niederlage an. Obwohl ich persönlich nichts dafür kann.
5. Was hat Sie bewogen, in die Politik zu gehen?
Ich komme aus einem politischen Haushalt, aber richtig aktiv wurde ich, als ich für bessere Bedingungen in der Pflege kämpfte. So bin ich auch den Linken gekommen die uns Pflegekräfte immer unterstützt haben. Da habe ich gesehen: Politik kann verändern. Jetzt will ich noch mehr tun – für soziale Gerechtigkeit!
Nadja Schmidt ist in Ötisheim aufgewachsen, hat nach dem Abitur zunächst in Dortmund studiert, brach dann das Studium ab. Am Ludwigsburger Klinikum machte sie eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin und war zunächst in der Unfallchirurgie tätig, 2020 wurde sie Pflegereferentin, 2024 Beauftragte für Menschenrechte der RKH Kliniken in Sachen Lieferkettengesetz. Nadja Schmidt lebt in Ludwigsburg und hat einen Sohn.