Ein Großspender aus Österreich wirbt auf Plakaten in Deutschland für die AfD, nun sind sie auch in Stuttgart aufgetaucht. Was sagt der Stuttgarter Kreisverband dazu und wie ordnet ein Parteienrechtler das ein?
Die Plakate sind groß und gelb, werben für die AfD und kritisieren CDU/CSU, SPD und Grüne – und sind nun auch in Stuttgart aufgetaucht. Auf ihnen prangen „Asyl-Betrug mit CDU + ROT/GRÜN? Deshalb AFD! Die bürgerliche Alternative“ oder „Weiter Arbeitsplätze vernichten mit CSU + ROT + GRÜN? Deshalb AFD! Die bürgerliche Alternative.“ Und auch wenn es eine klare Wahlwerbung ist, steckt hinter der Aktion die in Teilen rechtsextreme Partei nicht selbst.
Nach Informationen von NDR und WDR finanzierte der österreichische Geschäftsmann Gerhard Dingler die Kampagne mit 6395 Plakaten. Gleich mehrere davon wurden nun auch in der Landeshauptstadt gesichtet. Freilich ohne das Zutun der hiesigen AfD. Die, so teilt sie mit, weiß weder, wie viele davon in Stuttgart hängen, noch wo. Sie als Kreisverband seien „nicht Schuld an diesen Plakaten“, sagt der Sprecher des AfD-Kreisverbands Stuttgart, Andreas Mürter. „Nun sind sie halt da.“
Private Initiative
Einer der beiden Stuttgarter AfD-Direktkandidaten, Michael Mayer, betont, dass es sich um eine private Initiative handle. Er sei deshalb auch nicht vorher über die Plakate informiert worden und habe nur gehört, dass es wohl eine solche Spende gegeben habe. „Ich freue mich, dass es solche Initiativen gibt“, sagt Mayer.
Nur wieso gibt der Österreicher Dingler überhaupt so viel Geld aus, um die AfD zu unterstützen? Als Beweggründe für die Plakatkampagne nannte der Großspender gegenüber NDR und WDR die Sorge vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs, eine verfehlte Energiepolitik sowie fehlende Sicherheit in Deutschland. Dingler war 15 Jahre lang Landesgeschäftsführer der Vorarlberger FPÖ und wählte offenbar sogar die Plakatmotive selbst aus – so sagte es zumindest der AfD-Bundesschatzmeister Carsten Hütter gegenüber dem „Spiegel“.
Trotzdem steht Dingler nicht im Impressum der Plakate. Dort ist als Herausgeber Marvin Freese angegeben, der Büroleiter von Carsten Hütters Landtagsabgeordneten-Büro im sächsischen Riesa. Der habe mit der Spende allerdings nichts zu tun, versicherte Hütter dem „Spiegel“, er habe sich als Herausgeber angeboten, um die Impressumspflicht der Plakate zu erfüllen.
2,35 Millionen Euro ließ sich Dingler die Aktion kosten, das Geld stamme aus seinem Privatvermögen. Laut „Spiegel“ sei im AfD-Bundesvorstand um Kanzlerkandidatin Alice Weidel diskutiert worden, ob die Spende angenommen werde – dabei handelt es sich um die größte Einzelspende in diesem Wahlkampf. Die von Dingler zugesandten Motive seien strafrechtlich geprüft worden, schließlich entschied sich der Vorstand dazu, die Spende anzunehmen. Ganz zufrieden war man mit den Motiven aber offenbar nicht, Layout und Slogans seien nicht Stil der Partei, sagte Hütter dem „Spiegel“.
Jurist: „Wer mehr Geld hat, kann mehr Einfluss nehmen“
Die AfD hat die Großspende mitsamt dem Namen des Spenders ordnungsgemäß an die Bundestagsverwaltung gemeldet. Auch wenn es ungewöhnlich ist, dass ein Ausländer ohne erkennbare Verbindungen zur bundesdeutschen Politik einer deutschen Partei Wahlwerbung im Wert von mehreren Millionen Euro spendiert – grundsätzlich wäre das legal. Parteien dürfen laut Parteiengesetz Spenden aus dem Ausland annehmen, solange sie aus EU-Mitgliedsstaaten kommen.
„Unser Parteispendensystem funktioniert im privaten Bereich vor allem über Transparenz, nicht über Verbote“, erklärt der Parteienrechtler Sebastian Roßner. Er arbeitet als Rechtsanwalt in Köln vor allem im Bereich des Staats- und Verfassungsrechts.
Neue Recherchen deuten auf Strohmannspende hin
Über die staatliche Parteienfinanzierung gibt es auch eine Art Ausgleich, um Parteien, die weniger Spenden erhalten, nicht zu sehr zu benachteiligen. Allerdings erhält keine Partei vom Staat mehr Geld, als sie selbst erwirtschaftet. „Aber es ist schon so, wer mehr Geld hat, kann auch mehr Einfluss nehmen“, sagt Roßner. „An diesem Dilemma kommen wir nicht vorbei, das ist Folge des Transparenzgedankens.“
Nicht erlaubt wären dagegen sogenannte „Strohmannspenden“, bei denen das Geld nicht vom genannten Spender, sondern von einem Unbekannten im Hintergrund stammt. Recherchen von „Spiegel“ und „Standard“ von Dienstagabend deuten darauf hin, dass ein aus Duisburg stammender Milliardär dem Österreicher Dingler das Geld für die Spende geschenkt hat.
Anmerkung der Redaktion: Die Recherchen von „Spiegel“ und „Standard“ erschienen am Tag nach der Veröffentlichung des Artikels. Wir haben den Artikel daraufhin angepasst und die Überschrift aktualisiert.