Jörg Meuthen (rechts), AfD-Bundessprecher, und Alexander Gauland, Fraktionsvorsitzender der AfD (Archivbild) Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Politologe Wolfgang Schroeder analysiert die aktuelle Lage der Alternative für Deutschland. Er erwartet eine weitere Radikalisierung der Rechtspopulisten.

Berlin - Die AfD könnte nach Einschätzung des Politologen Wolfgang Schroeder von einer Beteiligung der Grünen an der nächsten Bundesregierung profitieren. „Die AfD positioniert sich im Wahlkampf beispielsweise als entschiedene Kraft gegen den Windkraft-Ausbau und punktet damit“, sagte Schroeder der Nachrichtenagentur AFP. Mitregierende Grüne könnten den Rechtspopulisten daher „nochmal einen besonderen Impuls geben, um Stimmung zu machen“.

Die Bundesbürger müssten allein schon wegen der Klimavorgaben des Bundesverfassungsgerichts mit „Zumutungen“ rechnen, sagte Schroeder. Die AfD werde versuchen, „diese Zumutungen in Ressentiments gegen die neue Regierung zu verwandeln“. 

„Geburts-DNA“ der AfD

Es sei die „Geburts-DNA“ der AfD, sich gegen die Vorherrschaft sozialdemokratisch-grüner Werte zu positionieren, sagte der Kasseler Politikwissenschaftler. Er verwies auf die vielfach von AfD-Chef Jörg Meuthen gebrauchte Kampfansage an eine „links-rot-grün versiffte Republik“.

Schroeder hält die Möglichkeiten der AfD, über den Bundestag bei ihrer Klientel zu punkten, allerdings für begrenzt. Er erwartet, „dass die Partei ihr Engagement sukzessive von der politisch-parlamentarischen Ebene wieder in die Gesellschaft verlagert“. Die Corona-Pandemie habe ihr neue Zugänge eröffnet: „Gruppen zum Teil auch aus dem alternativen Spektrum haben Seite an Seite mit Rechtspopulisten und Rechtsextremen demonstriert.“

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Die Pandemie habe allerdings auch neue Parteien hervorgebracht, sagte der Politikwissenschaftler mit Blick auf die Corona-Skeptiker-Partei „Die Basis“. Wenn diese bei der Wahl 0,5 oder ein Prozent bekomme, dann fehlten diese Stimmen letztlich der AfD.

Radikalisierung der Partei

Schroeder erwartet nach der Bundestagswahl eine weitere Radikalisierung der AfD. Auf den Kandidatenlisten hätten sich vielerorts die radikalen Kräfte durchgesetzt. Unterstützer des als gemäßigter geltenden Parteichefs Meuthen seien auf hintere Plätze verbannt worden.

„Es gibt eine programmatische Radikalisierung und eine personelle Radikalisierung bei der AfD“, sagte Schroeder. Seit längerem sei zu beobachten, dass „der Meuthen-Flügel klein gemacht wird“. Auch im Bundesvorstand gewinne das radikale Lager um den Thüringer Björn Höcke zunehmend an Einfluss. Beim Bundesparteitag Ende des Jahres erwartet Schroeder daher das Ende von Meuthens Zeit als AfD-Vorsitzender.

AfD in Umfragen bei elf Prozent

Dass die Umfragewerte trotz der Lagerkämpfe und eines eher unauffälligen Wahlkampfs stabil bei um die elf Prozent liegen, erklärt Schroeder mit der „starken Klientelbindung“. „Die AfD weiß prozentual gesehen die stärkste Wählerbindung im Sinne von Stammwählern hinter sich.“ Der Grundkonsens sei dabei: „Wir lehnen dieses System ab, wir lehnen die Politik ab, die dieses Land beherrscht.“

Dass die AfD ein ähnliches Ergebnis wie 2017 erzielen kann, als sie mit 12,6 Prozent in den Bundestag einzog, hält Schroeder für fraglich. Er verwies darauf, dass bei den letzten Landtagswahlen „die AfD immer höher bewertet wurde, als nachher rauskam“.