Will in der Politik bleiben und Bundestagsabgeordneter werden: Nils Schmid, der ehemalige baden-württembergische Finanzminister Foto: dpa

Nils Schmid, ehemaliger Finanzminister von Baden-Württemberg, sieht die Zeit gekommen, etwas Neues zu beginnen.

Nürtingen - Der scheidende SPD-Chef Nils Schmid will im Wahlkreis Nürtingen bei der Bundestagswahl um das Direktmandat kämpfen. „Ja, ich will 2017 im Wahlkreis Nürtingen für den Bundestag kandidieren“, sagte Schmid dieser Zeitung. Er wird dort dem Verteidigungsexperten der Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, folgen, der nicht mehr antreten wird. Der Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes Esslingen, Michael Beck, habe ihn gefragt, ob er bereit stehe, weil „das Interesse groß ist, dass der Kreis weiterhin im Bundestag vertreten ist“, sagte Schmid: „Ich freue mich darauf, meine parlamentarische Erfahrung, aber auch die Erfahrung, die ich im Ministerium gemacht habe, künftig im Bund einzusetzen.“ Er fühle sich „pudelwohl im Landtag, aber jetzt ist nach 20 Jahren ein guter Zeitpunkt, etwas Neues zu beginnen.“ Bis zur Bundestagswahl will er Landtagsabgeordneter bleiben.

Alles klar nach Nominierungsversammlung

Der 43-Jährige hatte seine Kandidatur nach Informationen dieser Zeitung in einem abschließenden Gespräch mit dem Esslinger Kreisvorsitzenden Michael Beck am Donnerstag zugesagt. Danach wurde die Personalie bei einer Schaltkonferenz vom Kreisvorstand bestätigt. Eine Nominierungsversammlung des Kreisverbandes muss der Empfehlung des Vorstands noch folgen, dann ist für Schmid der Weg frei.

Schmid bekundete mit Blick auf eine mögliche künftige Verwendung sein Interesse an internationalen Themen. „Die Bereiche Außen- und Sicherheitspolitik könnte ich mir als Arbeitsfelder vorstellen, aber es ist natürlich viel zu früh, da irgendwelche Pläne zu schmieden.“ Er habe sich als Minister „intensiv um Fragen der Außenwirtschaft gekümmert“ und „für internationale Zusammenhänge immer interessiert, deshalb liegt die Bundesebene nahe, wenn man weiter Politik machen will.“ Seit der bitteren Wahlniederlage und dem Verlust des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft wurde auch darüber spekuliert, ob Schmid in die Wirtschaft wechselt. Schmid bestätigte derlei Überlegungen: „Ich habe schon auch einen Wechsel in die Wirtschaft erwogen, aber ich würde gern weiter für die SPD in Baden-Württemberg Politik machen.“

Erster Listenplatz wohl für Breymaier reserviert

Nürtingen war für Schmid die nahe liegende Variante für einen Neuanfang. Schmid war von 1999 bis 2010 dort Ortsvereinsvorsitzender. Vor seinem Wechsel nach Reutlingen kandidierte Schmid 2001 und 2006 in Nürtingen für den Landtag. Der Bundestagswahlkreis Nürtingen ist allerdings fest in der Hand des CDU-Abgeordneten Michael Hennrich, der auch 2017 als Favorit ins Rennen gehen wird. Deshalb wird es für Schmid darauf ankommen, einen sicheren Platz auf der Landesliste der SPD zu erreichen. Schmid zeigte sich in dieser Frage bedeckt: „Zu meiner Platzierung auf der Landesliste kann und will ich nichts sagen. Das wird auf dem Listenparteitag im März entschieden.“

Auch Arnold hatte stets über die Liste sein Ticket nach Berlin gelöst. Das aber könnte noch für Unruhe sorgen, denn es werden zwar nach dem Rückzug von Erler und Arnold die sicheren Plätze eins und fünf frei. Der erste Listenplatz dürfte aber für die designierte Landeschefin Leni Breymaier reserviert sein. Bleiben die Umfragen so wie sie sind, wird die Landesgruppe weiter abschmelzen, zumal mit der AfD und der FDP zwei weitere Parteien in den Bundestag drängen könnten. Derzeit sind noch 20 SPD-Abgeordnete aus dem Südwesten im Parlament. Es dürfte also für den einen oder anderen Platzhirsch eng werden, wenn Schmid einen vorderen Platz ergattert. Da allerdings nach Informationen dieser Zeitung sowohl die designierte Landesvorsitzende Leni Breymaier als auch SPD-Chef Sigmar Gabriel in die Überlegungen eingebunden waren, dürfte Schmid eine aussichtsreiche Platzierung kaum zu nehmen sein.

Schmid will nicht nach Waiblingen umziehen

Über den Sommer hinweg seien Gespräche geführt worden, auch in der Familie, sagte Schmid. „Ich habe mir das gemeinsam mit meiner Frau sehr gut überlegt. Im Landtag ist man ja schon regelmäßig zu Hause. Im Bundestag ist man dagegen immer wieder mal längere Zeit in Berlin. Das ist schon eine andere Situation, die man nur bewältigen kann, wenn beide hinter so einer Entscheidung stehen“, so Schmid. Ein Veto seiner Frau, Tülay Schmid, mit der er zwei Kinder groß zieht, hätte er akzeptiert. „Wenn meine Frau gesagt hätte, das geht auf gar keinen Fall, hätte ich das nicht gemacht. Andererseits: Als Minister war ich auch viel unterwegs. Es ist bei uns schon eingepreist, dass ich Politik mache.“

Ein Zugeständnis machte er aber doch. Auch wenn er für den Wahlkreis Nürtingen kandidiert, wird er nicht dorthin umziehen. „Ich werde in Reutlingen wohnen bleiben, weil meine Tochter dort eingeschult worden ist.“ Das sei aber „sicher kein Problem“, denn er „habe ja nicht vor, im württembergischen Kernland zu wohnen und in Südbaden anzutreten.“ Da er erst in Filderstadt, dann in Nürtingen aufgewachsen sei, fühle er sich der Region verbunden. „In Nürtingen schaue ich auf den Hohen Neuffen, in Reutlingen auf die Achalm. Das ist die Gegend, in der ich aufgewachsen bin, das ist meine Heimat und es ist schön, dort Politik zu machen.“