Mangelnde Erstliga-Erfahrung in der Politik: Mit diesem Handicap muss die FDP um Parteichef Christian Lindner in den Verhandlungen mit Angela Merkels Union klar kommen. Foto: dpa

Eine Zerreißprobe für die Grünen, eine erste Bewährungsprobe für die FDP – das erwartet StN-Chefredakteur Christoph Reisinger vom Ringen einer sogenannten Jamaika-Koalition.

Stuttgart. - Die Ausgangslage von CDU-Chefin Angela Merkel vor der Bildung einer neuen Regierung mag schwierig sein. Da die Macht – frei nach dem siebenmaligen italienischen Regierungschef Giulio Andreotti – nur den verschleißt, der sie nicht hat, ist sie für die derzeit wahrscheinlichsten Koalitionspartner, FDP und Grüne, allerdings viel schwieriger.

Gleichgewicht in Gefahr

Nach zwölf Jahren endlich wieder runter von der Oppositionsbank – diese Aussicht wird die Grünen gefügiger machen, als sie sich gerade geben. Um den Preis allerdings, dass die Koalitionsverhandlungen das in dieser Partei immer schwierige Gleichgewicht zwischen naturschutzbewegten Bürgerlichen und linken Systemkritikern sehr schnell erschüttern werden. Mit unabsehbaren Folgen für den Zusammenhalt.

Denn nur als inhaltlich kretschmannisierte Kraft haben die Grünen Aussicht auf Beteiligung an der nächsten Regierung Merkel. Speziell auf ein Bündnis mit der CSU, die mit Blick auf die Bayern-Wahl im kommenden Jahr ihr konservatives Profil pflegen will. Im Gleichschritt auch mit einer FDP, die das eine oder andere von dem wird liefern müssen, was sie an Rückbau dessen versprochen hat, was sie zur Freude ihrer Wähler als Öko- und Sozial-Klimbim definiert.

Schlachtross Kubicki soll es richten

Womit nur eine der großen Herausforderungen beschrieben ist, vor denen die FDP selber steht. Die zweifellos größere ist die: Eine Partei, die aus der außerparlamentarischen Opposition heraus in Regierungsämter drängt, muss mit personeller Auszehrung und mangelnder Erstliga-Erfahrung klar kommen. Der überaus marketingbegabte Parteichef Christian Lindner und das skandalnudelige Alt-Schlachtross Wolfgang Kubicki gleichen dieses Handicap nicht aus.

christoph.reisinger@stuttgarter-nachrichten.de