Iris Ripsam und die CDU – eine schwierige Beziehung. Foto: factum

Die für Landesinnenminister Thomas Strobl in den Bundestag nachgerückte Stuttgarter CDU-Stadträtin landete bei der Kandidatenkür im Wahlkreis Böblingen abgeschlagen auf dem letzten Platz. Es ist nicht die erste Niederlage für Ripsam, die seit fast 40 Jahren in der Union ist.

Stuttgart - Manche Stuttgarter Christdemokraten nennen es „tragisch“, andere nennen es „ die Quittung für ihre Selbstüberschätzung“. Die Rede ist von der derzeitigen Bundestagsabgeordneten und Stuttgarter Stadträtin Iris Ripsam. Die 57-Jährige war mal Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten im Rathaus, danach stellvertretende Fraktionschefin und Vize-Kreisvorsitzende der Partei. Seit der Kommunalwahl 2014 fristete sie, von Kreis- und Fraktionsvorstand als Querulantin abgestempelt, ein Schattendasein als Sprecherin der CDU-Fraktion im Jugendhilfeausschuss, ehe sie überraschend nach Berlin berufen wurde: Nach der Ernennung von Thomas Strobl zum Innenminister der grün-schwarzen Landesregierung war Ripsam im Sommer dieses Jahres als Nachrückerin in den Bundestag eingezogen. Doch ihre bundespolitische Karriere scheint schon wieder beendet, noch bevor sie richtig begonnen hat. Am vorvergangenen Wochenende unterlag die Vertriebenen-Funktionärin bei der Wahl des CDU-Direktkandidaten für den Wahlkreis Böblingen deutlich.

Gerade einmal 17 Stimmen entfielen im ersten Wahlgang auf die Bewerberin um die Nachfolge des örtlichen Bundestagsabgeordneten Clemens Binninger, der nicht wieder angetreten war – das schlechteste Ergebnis aller fünf Bewerber. Das Böblinger CDU-Eigengewächs Marc Biadacz wurde vom Kreisverband im zweiten Wahlgang mit 257 Stimmen nominiert, zu dem Ripsam nicht mehr angetreten war. „Da müsste schon eine Lichtgestalt antreten, um in einem anderen Kreisverband Erfolg zu haben“, heißt es aus den Reihen der Stuttgarter CDU. Für die langjährige bildungspolitische Expertin der Ratsfraktion, die ihr Berliner Abgeordnetenmandat als Krönung ihrer politischen Laufbahn begriff, kommt die Niederlage einer weiteren Demütigung gleich – auch wenn sich die Stadträtin Mühe gibt, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen: „Ich hadere nicht – aber motivierend war das auch nicht gerade.“

Warnungen aus der CDU hatte die Bewerberin in den Wind geschlagen

Dabei hatte es schon im Vorfeld der Nominierung aus der Böblinger CDU Äußerungen gegeben, man brauche keine Bewerber aus der Landeshauptstadt, um einen geeigneten Nachfolger für Binninger zu finden. Doch Ripsam schlug die Warnungen in den Wind und warf ihren Hut trotzdem in den Ring. Nun dürfte ihr kurzes Gastspiel auf der Berliner Politikbühne im Herbst 2017 mit der Bundestagswahl wohl beendet sein, das ihr zustehende zu versteuerende Übergangsgeld von mehr als 9000 Euro ist da für die ehrgeizige Christdemokratin kein Trost. „Mir macht die Arbeit in Berlin Spaß, und ich hoffe, in den verbleibenden Monaten noch einige Dinge anstoßen zu können“, sagt Ripsam, die die Union im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestages vertritt.

Es ist nicht das erste Mal, dass Ripsam der Kommunalpolitik und vor allem den Stuttgarter Parteifreunden um Kreischef Stefan Kaufmann und Fraktionschef Alexander Kotz zu entfliehen versucht. Bei der Kandidatenaufstellung zur Landtagswahl 2016 war die im Möhringer Stadtteil Fasanenhof wohnende Ripsam als Bewerberin für den Filderwahlkreis angetreten, bei der Abstimmungaber gegen ihre parteiinterne Konkurrentin Stefanie Schorn unterlegen. Bei der Kommunalwahl 2014 hatte Ripsam noch zum vierköpfigen Spitzenquartett um den Stuttgarter CDU-Fraktionschef Alexander Kotz gehört. Nach dem Urnengang, bei dem sie das zweitbeste Stimmergebnis für die Fraktion eingefahren hatte, verlor sie trotzdem sowohl das Amt der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden als auch die Sprecherfunktion im wichtigen Verwaltungsaussschuss. Viele in der Union sahen darin eine Abstrafung für unbotmäßiges Verhalten: Bereits nach der OB-Wahl 2012, als Ripsam sich offen gegen den vom Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann aufs Schild gehobenen parteilosen und im zweiten Wahlgang gescheiterten Bewerber Sebastian Turner ausgesprochen hatte, war sie auch aus dem Parteivorstandherausgewählt worden und galt seither den CDU-Spitzenfunktionären als unbequem und unzuverlässig.

So ganz aufgegeben hat die Stadträtin ihre bundespolitischen Ambitionen übrigens noch nicht. Sie will nun versuchen, auf der Landesliste der Partei einen guten Platz zu ergattern. Ripsam: „Ich bin fast 40 Jahre für die CDU politisch unterwegs – und ich bin immer noch nicht müde. Ich bin ein Stehaufmännchen.“